#46

RE: Cerandíl - new chapter

in Cerandíl - New Chapter 09.01.2018 11:13
von Eriana • Grünschnabel | 15 Beiträge



Bevor ich dazu kam, mich über meinen eigenen Ausbruch zu ärgern, war Finn auch schon bei mir, griff nach meiner Schulter und fauchte mich an. Sein Griff wurde so fest, dass ich zischend Luft holte und einen Schlag befürchtete, doch er stieß mich wutentbrannt von sich. Dann kam er erst so richtig in Fahrt, schrie mich an und stieß nochmal mit Asher zusammen, der sich uns genähert hatte. Der Boden bebte, als Finn die Kontrolle über seine Kräfte verlor und ich verlor kurz das Gleichgewicht. Asher ergriff meinen Oberarm und bewahrte mich vor einem Sturz, bevor er Anni und mich unter einem Steinbogen in Sicherheit brachte. Kleine und größere Steine rieselten von der Decke herab und fielen zu Boden.
Asher eilte zurück und holte Finn, der Bewusstlos war. Als er wieder bei uns war, war seine Schläfe von etwas glitschigem überzogen. Blut! Er wollte sofort wieder aufbrechen und nach Bran suchen. Anni sprang auf und beschloss, ihm zu helfen, aber ich hatte andere Pläne. „Wartet!“
Ich rappelte mich ebenfalls auf und stoppte Asher, indem ich vor ihn trat, sein Gesicht in beide Hände nahm und so drehte, dass ich die Wunde in dem wenigen Licht sehen konnte. Entweder war er zu überrascht, um sich zu wehren oder zu schwach. Viel konnte ich nicht sehen, also ertastete ich vorsichtig die Wundränder und runzelte dann die Stirn.
„Es ist nicht so schlimm wie ich zuerst befürchtet habe, aber schlimm genug. Du kannst gleich nach Bran suchen gehen. Es hilft weder ihm noch dir, wenn du auf halber Strecke zusammenbrichst.“ Ich sprach in dem bestimmenden Tonfall, der die meisten Patienten sofort und ohne Widerstand meinen Anweisungen folgen ließ. „Setz dich!“ Gleichzeitig wandte ich ein wenig sanfte Gewalt an um ihn auf einen der größeren Trümmer zu setzen. „Halt kurz still, dann darfst du gerne nach Bran suchen gehen. Und wenn du Luca findest, bring ihn gleich mit!“
Mit schnellen Handgriffen riss ich saubere Stoffstreifen von meinem Untergewand und verband ihm vorläufig die Wunde, damit er sich in dem Staub hier nicht noch mehr Dreck einfing. „Sobald wir hier raus sind, musst du das richtig behandeln lassen. Mehr kann ich vorerst nicht tun. Sorg dafür, dass du den Verband nicht verlierst.“
Bevor er noch die Geduld mit mir verlor, ließ ich nun von ihm ab, trat einen Schritt zurück und wandte mich seufzend Finn zu. „Ich halte es für eine dumme Idee, sich aufzuteilen, aber es bleibt uns nichts anderes übrig. Ich werde hier bleiben und Finn zusammenflicken. Er scheint auch von irgendetwas getroffen worden zu sein. Wenn ihr den Ausgang findet, schickt jemanden, um uns zu holen, okay?“
Ich blickte zu dem bewusstlosen Finn und überlegte, ob ich ihn fesseln sollte, damit er mir für meinen dummen Kommentar nicht doch noch eine reinhaute. Andererseits würde ihn das bloß nur noch mehr reizen und wir brauchten kein weiteres Erdbeben. Mit einem erneuten Seufzen kniete ich mich neben ihn und kontrollierte seinen Kopf in der Hoffnung, dass er noch nicht so schnell wieder aufwachte.




Ich erwachte in vollständiger Dunkelheit und einen Moment lang packte mich die Panik. Ein starker Wind rauschte von irgendwoher durch den Keller und erzeugte ein lautes Rauschen. Ich spürte einen heftigen Stich im Kopf aber das half mir, mich zu beruhigen. Richtig, ich war in ein Loch gefallen. Mit einem Stöhnen rappelte ich mich auf und versuchte, wenigstens Umrisse zu erkennen. Ich glaubte, eine Treppe ausmachen zu können und mir war, als hätte ich eine vertraute Stimme gehört?
„Gabriel?“, rief ich daher einfach nach oben.
Eine Antwort blieb erstmal aus. Vielleicht hatte er mich nicht gehört. Der Boden begann zu beben und Steine regneten von der Decke. Mit großen Augen schaffte ich es auf alle Viere und krabbelte zur Treppe. Als ich dort war, hörte das Beben auf und ich war nur von ein paar kleinen Steinen getroffen worden. Vermutlich würden die Wunden zwischen all den anderen Schürfungen und blauen Flecken eh nicht mehr auffallen. Einen Moment lang wünschte ich mir, Enngelin wäre hier und würde mich in den Arm nehmen. Oder Serena, man durfte in solchen Situationen wohl nicht zu wählerisch sein. Dann aber fiel mir wieder ein, dass ich mich vor den beiden versteckte und beschloss, dass Gabriel auch okay wäre. Ich schniefte.
Heulen brachte mich auch nicht weiter. Ärgerlich wischte ich mir die Tränen von der Wange und ertastete die Treppe. Wenn ich sie erklimmen könnte, wäre ich zumindest in einem Teil der Ruine, in dem ich etwas sehen konnte. Langsam und vorsichtig ertastete ich die Treppe und begann, sie noch oben zu steigen.


zuletzt bearbeitet 09.01.2018 16:54 | nach oben springen

#47

RE: Cerandíl - new chapter

in Cerandíl - New Chapter 14.01.2018 00:39
von Arrabella • Team Zyr | 78 Beiträge



Kilians Worte sorgten dafür, dass mir ganz warm ums Herz wurde. Wir gehörten zur Familie. Wie sehr hatte ich mir immer gewünscht, Teil einer großen Familie zu sein. Teil von Menschen, die immer aufeinander aufpassten und die sich immer gegenseitig Schutz und Geborgenheit boten.
Ich wurde schnell aus meinen Gedanken gerissen, als ich eine Erschütterung wahrnahm, zuerst nur ganz leicht und dann stärker. Zuerst dachte ich, es würde sich um ein Erdbeben handeln und ich sah Kilian erschrocken an. Doch spätestens, als ich die ersten Schreie hörte, wurde mir klar, was hier vor sich ging. Kilian schob mich sanft zur Seite, sein Blick war jedoch voller Sorge und schmerzend zog sich mein Magen zusammen. „Warte hier bitte“, sagte er und entfernte sich von mir. Einen Moment sah ich ihm zögernd nach, seine Worte hallten in meinem Kopf wieder. Warte hier. Bitte.
Wie konnte er von mir verlangen hier zu bleiben und nichts zu tun? Ich war eine Heilerin, falls etwas passiert war, musste ich doch helfen! Zügig setzte ich mich in Bewegung, doch die entgegenströmenden Menschenmassen ließen mich nur langsam vorwärts kommen. Als ich wieder am Festgelände war, sah ich erst das Ausmaß der Zerstörung. Die Ruinen waren eingestürzt und die Trümmer lagen vor dem Eingang. Ich sah Kilian mit einer Frau sprechen, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Langsam näherte ich mich ihnen.
„Asher ist vorhin dort rein“, hörte ich sie sagen. „Hast du sonst noch jemanden dort reingehen sehen?“, fragte ich sie. Mir ging gerade viel zu viel durch den Kopf, ich konnte nur schwer einen klaren Gedanken fassen. Ich wollte einfach nur sicher gehen, dass es allen gut ging und das niemand verletzt war. Luca, er war hier am Fest gewesen. Gabriel. Serena. Finn. Und alle anderen. Ich sah noch einmal die Ruinen an. Bitte, lass es allen gut gehen.




Ich hatte einen Seiteneingang gefunden, bei dem ich mich mit meiner Statur nicht völlig verrenken musste. Und es sah auch nicht so aus, als würde der Gang demnächst schmäler werden. Das gefiel mir hier. Und genau deshalb beschloss ich mich jetzt auch auf die Suche zu machen.
Aber es dauerte nicht lange, bis ich ein leichtes Beben verspürte. Das Beben wurde stärker und ich hielt mir intuitiv die Hände über den Kopf. Als die Wand hinter mir plötzlich einstürzte, fiel ich zu Boden. Nachdem der Boden aufhörte, zu zittern, erhob ich mich hustend und sah mich um. Der Weg, den ich genommen hatte, war nun versperrt und ich konnte nur mehr in eine Richtung gehen. Nach vorne. „Verdammter Mist!“, schimpfte ich, als ich aufstand. Es war dunkel hier drinnen, ich konnte nichts sehen und ich war hier eingesperrt. Hätte der Tag nicht ein wenig besser verlaufen können? „Gabriel?“, hörte ich plötzlich ganz leise eine bekannte Stimme. „Luca?“, schrie ich sofort und ich hatte wieder frischen Mut geschöpft. „Luca, wo bist du? Geht es dir gut? Bist du verletzt?“, sagte ich dann noch einmal mit lauter Stimme. Doch dann musste ich über mich selbst den Kopf schütteln. Ich klang ja schon fast wie Enngelin, die sich ständig über irgendjemanden Sorgen machte.
Ich tastete mich so schnell wie möglich vorwärts. „Luca, ich bin hier. Keine Angst, ja?“, sprach ich nun weiter. Vielleicht war es ja beruhigend für ihn, meine Stimme zu hören. Ich kam zu einer Treppe, die nach unten führte. Und dann hörte ich plötzlich ganz leise Schritte. Ich stieg behutsam die Treppe hinab und konnte auf halben Weg eine kleine Gestalt ausmachen. „Luca.“, sagte ich erfreut und nahm den Jungen in meine Arme. „Dir geht es gut. Gott sei Dank!“

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#48

RE: Cerandíl - new chapter

in Cerandíl - New Chapter 15.01.2018 08:20
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge





Reglos starrte ich für einige Augenblicke auf die Trümmer, die den Eingang in die tiefergelegenen Ebenen versperrte. Meine Gedanken überschlugen sich, während ich das Geschehen um mich herum nur schleierhaft wahrnahm. Enngelin die meiner Bitte nicht nachgekommen war. Eder, die herbeieilte und ihre Hilfe anbot. Jeremy, der ebenso wie ich das Ausmaß hinter Aryas Worten erkannt hatte und sogleich begann aus purer Verzweiflung die ersten Steine aus dem Weg zu schaffen.
"Ich weiß nicht", drang die Stimme der Außenstehenden zu uns, deren Blick zweifelnd zu Annies Bruder glitt, ehe sie stirnrunzelnd die Arme vor der Brust verschränkte. "Ist das wirklich so ratsam? Was, wenn dadurch noch mehr einstürzt?", äußerte sie ihre Bedenken halbherzig. Offenbar aus mangelnden Alternativen. Ohne etwas zu erwidern, zog ich den jungen Azallen an der Schulter zurück, um seine Tätigkeit zu unterbrechen. "Sie hat nicht unrecht", pflichtete ich der Brünetten zu, ehe ich mich an die blonde Soldatin wandte. "Such Rodrick. Wenn jemand weiß, wie wir hier durchkommen, dann er", bat ich Eder eindringlich, ehe mein Blick zu der Heilerin huschte. "Du musst herausfinden, wer vermisst wird. Ich will wissen, wer noch dort unten ist. Und falls jemand verletzt ist..." Ich ließ den Satz unbeendet, da die junge Frau sich ihrer Fähigkeiten selbst bewusst war. Nachdenklich wandte ich mich wieder der Ruine zu und versuchte die aufbegehrende Angst in meinem Inneren weiterhin zu verdrängen. "Es gibt sicher noch einen anderen Weg hinein. Ein Fluchtweg für die Bewohner bei Belagerung...", überlegte ich laut, fast sicher, dass nicht jeder die nötige Ruhe besitzen würde, um die Lage möglichst klug zu behandeln.


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zuletzt bearbeitet 15.01.2018 08:21 | nach oben springen

#49

RE: Cerandíl - new chapter

in Cerandíl - New Chapter 29.01.2018 00:41
von Pummel • Eumelchen <3 | 295 Beiträge



Ein dumpfes Pochen dröhnte in meinen Ohren, während ich verzweifelt versuchte den Zugang zu den Ruinen freizulegen. Ich merkte nicht, dass es sich bei dem Geräusch um meinen eigenen Herzschlag handelte. Ebenso wenig nahm ich die Gaffer um mich herum wahr. Die nervtötenden Stimmen, die sich für mich wie ein penetrantes Summen anhörten. Zweifel. Bedenken. Fehlende Alternativen. Was konnten sie schon davon wissen??? Ich wirbelte herum, sobald einer von ihnen mich an der Schulter packte und mich somit an meiner Arbeit hinderte. Fast wäre meine Faust in Kilians Gesicht gelandet. Doch noch während der Bewegung, blieben meine Augen auf Eder haften, die ebenfalls zu uns gestoßen war. Ich erkannte allmählich auch weitere vertraute Gesichter, die nach einer Möglichkeit suchten meine Schwester zu befreien. Verstimmt ballte ich die mit Ruß und Erde verklebten Finger zu Fäusten und versuchte das Gesagte zu verarbeiten. „Ein anderer Zugang.“, wiederholte ich leise und drehte meinen Kopf zum Trümmerhaufen, unter dem mindestens zwei Personen begraben worden waren. Wahrscheinlich drei, wenn man den wahrscheinlichsten Ursprung der Eruptionen miteinbezog. Dann waren da noch das verlorene Kind und diejenigen, die nach ihm gesucht hatten. Doch für mich zählte im Augenblick nur Annie. Falls sie wirklich dort unten war, musste ich sie schnellstmöglich finden. „Ich suche nach einem anderen Zugang.“, erklärte ich knapp, ehe ich mich bereits in Bewegung setzte und mich den unversehrt gebliebenen Teilen der Ruinen näherte.

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#50

RE: Cerandíl - new chapter

in Cerandíl - New Chapter 06.02.2018 15:33
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge



Wenigstens waren die beiden Frauen laut eigener Auskunft unversehrt geblieben, was wieder einmal bewies, dass Finn mehr Glück, als Verstand besaß. Selbiges konnte man wohl von der jungen Azalle behaupten, die unerwartet verkündete mich auf meiner Suche begleiten zu wollen. Doch noch ehe ich auf ihre Worte reagieren konnte, verzögerte eine weitere Person meinen unverzüglich Aufbruch. Perplex von so viel unbekannter Einmischung in meine Entscheidungen, betrachtete ich die Heilerin, die sich mir unvermittelt in den Weg gestellt hatte und nun eingehend die Verletzung untersuchte, die ich mir bei der Rettung des Unheilbringers zugezogen hatte. "Das ist bloß ein Kratzer", brummte ich unwirsch und war gerade im Begriff ihre Hand wegzuschieben, als sie offenbar zu dem gleichen Entschluss gekommen war und von mir abließ. Jedoch schien es damit für Serena noch nicht getan zu sein und ein weiteres Mal spürte ich die warmen Finger der Brünetten an mir, die mich diesmal auf einen großen Trümmerfelsen bugsierte, um die Wunde provisorisch zu verbinden. Missmutig ließ ich die Prozedur über mich ergehen, da Diskutieren das Ganze vermutlich noch weiter unnötig in die Länge ziehen würde. Die Information, dass Luca sich womöglich ebenfalls in den Ruinen aufhielt, drängten mich jedoch nur zusätzlich zur Eile. Aus diesem Grund verzichtete ich auch auf eine Erwiderung, als die Kräuterfrau darum bat ihnen jemanden zur Hilfe zu schicken. Sobald Bran gefunden und mit meiner selbsternannten Begleiterin in Sicherheit gebracht war, würde ich selbst zu ihnen zurückkehren.
Anhand der ohnehin schon lästigen Verzögerungen unterließ ich es auch Annie von ihrem Vorhaben abbringen zu wollen und setzte mich stattdessen unverzüglich in Bewegung. Einen mürrischen Kommentar konnte ich mir jedoch nicht verkneifen. "Wenn dir was passiert, kannst du was erleben", knurrte ich deshalb, als wir uns weit genug entfernt hatten, damit die Heilerin nicht sehen konnte, wie ich den lästigen Verband achtlos herunterriss, ohne meine Schritte dabei zu verlangsamen. Die eingestürzten Gemäuer machten das Vorankommen in der Finsternis jedoch nicht einfacher.



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zuletzt bearbeitet 06.02.2018 15:34 | nach oben springen

#51

RE: Cerandíl - new chapter

in Cerandíl - New Chapter 11.02.2018 22:57
von Arrabella • Team Zyr | 78 Beiträge



Ich war aufgebracht und machte mir große Sorgen. Aber trotzdem wusste ich, dass ich mich beruhigen und einen klaren Kopf bekommen musste. Solange wir noch nicht genau wussten, wer aller in den Ruinen war und ob jemand verletzt war, sollten wir uns nicht unnötig aufregen, sondern lieber vom Positiven ausgehen.
Erst jetzt realisierte ich, dass auch Jeremy und Eder bei uns standen. Eder schien ziemlich souverän mit der Situation umzugehen. Ich fragte mich, ob sie diese Eigenschaft als Soldatin gelernt hatte oder ob das einfach ihr Charakter war. Jeremy hingegen war die Verzweiflung förmlich ins Gesicht geschrieben. Ich schluckte. Hoffentlich war Annie nichts Schlimmes passiert.
Ich ließ meinen Blick zu Kilian schweifen, der begann, jedem von uns eine Aufgabe zu erteilen. Als er sich an mich wandte, lächelte ich ihn sanft an. Ich war stolz auf ihn, denn in diesem Moment wurde er seiner Rolle als Anführer absolut gerecht.
„Du musst herausfinden, wer vermisst wird. Ich will wissen, wer noch dort unten ist. Und falls jemand verletzt ist…“ Kilian beendete den Satz nicht. Das musste er auch nicht tun. Ich war mir meiner Fähigkeit durchaus bewusst. Kurz legte ich meine Hand auf seine Schulter. „Versuche die Leute hier zu beruhigen. Du bist ihr Anführer. Zeig ihnen, dass du alles im Griff hast und dass du alles geben wirst, um diejenigen, die in den Ruinen sind, heil herauszubringen“, sprach ich ihm Mut zu ehe ich mich von der Gruppe entfernte.
„Jeremy, warte!“, rief ich dem Braunhaarigen zu und eilte ihm hinterher. Wusste er sicher, dass Annie in den Ruinen war?
„Weißt du, was genau passiert ist? Ich war draußen beim Eingang und war beim Einsturz nicht dabei. Und weißt du, wer aller bei den Ruinen war, als es passiert ist?“, fragte ich ihn und versuchte mit ihm Schritt zu halten. Mir dämmerte es, dass Gabriel und Serena in den Ruinen nach Luca suchen wollten und ich wusste, dass Gabriel längst aufgetaucht wäre und seine Hilfe angeboten hätte, wenn er nicht irgendwie daran gehindert wurde. Ich hoffte inständig, dass es ihm gut ging und dass er, Serena, Luca und all die anderen Begrabenen wohlbehalten wieder auftauchen würden.


zuletzt bearbeitet 11.02.2018 22:58 | nach oben springen

#52

RE: Cerandíl - new chapter

in Cerandíl - New Chapter 12.02.2018 11:50
von Pummel • Eumelchen <3 | 295 Beiträge



Das letzte, womit ich an dieser Stelle gerechnet hätte, war, dass mir jemand folgen würde. Doch zu meinem Leidwesen trat genau dies ein. Ich versteifte mich, sobald Enngelins Stimme an meine Ohren drang. Die junge Frau bat mich darum auf sie zu warten. Doch selbst, wenn ich gewollt hätte, wäre ich nicht imstande gewesen ihr diesen Gefallen zu tun. Sie musste recht entschlossen sein. Denn auch ohne mein Zutun holte sie recht schnell zu mir auf und überhäufte mich mit unnötigen Fragen, die mich unzufrieden schnauben ließen. Ohne meine Augen von dem Pfad vor mir zu lösen, schüttelte ich kurz mit dem Kopf. „Ich war nicht vor Ort.“, erwiderte ich knapp, ehe Brünette die Gelegenheit dazu bekam ihre Fragen zu wiederholen. „Keine Ahnung, wer noch in der Nähe war. Ist mir gerade auch herzlich egal. Asher. Wahrscheinlich Finn. Dann vielleicht das dumme Kind. Sicher noch jemand anderes.“ Unvermittelt bog ich zur Seite ab und erklomm einen kleinen Hügel. Mir entwich ein leises Fluchen, sobald ich feststellte, dass der nächste, mir bekannte Zugang zu den Ruinen ebenfalls verschüttet war. Meine Augen taxierten automatisch die einzige Person in der Nähe, an der ich meine aufgestauten Emotionen auslassen konnte. „Anstatt dumme Fragen zu stellen, solltest du lieber Helfen einen Zugang zu suchen. Wer weiß, was da unten passiert ist.“ Mit dem nächsten Schnauben setzte ich mich erneut in Bewegung. Ich wusste, dass Enngelin es eigentlich nur gut gemeint hatte. Doch in Momenten, wie diesen konnte ich mich nur schwer im Zaum halten. Es gab gerade Wichtigeres, als die Rücksicht auf die Gefühle anderer.




Noch ehe der Dunkelhaarige sich zu meiner Erklärung äußern konnte, durchbrach Serenas Stimme die aufkeimende Stille. Ohne jedwede Einwände zu dulden, baute sich die Heilerin vor Asher auf und packte ihn am Kopf, um sich seine Verletzung näher anzusehen. Und entgegen meiner anfänglichen Befürchtung ließ der Hochgewachsene diese Prozedur kommentarlos über sich ergehen. Selbst, als sie ihn dazu brachte sich auf einem nahe gelegenen Felsen hinzusetzen, kam kein Protestlaut über seine Lippen. Während Serena sich also notdürftig um die Verletzung kümmerte, versuchte ich mich ein wenig in der näheren Umgebung zu orientieren. Dabei fielen meine Augen auf Finns schemenhafte Gestalt am Boden, der immer noch nicht zu sich gekommen war. Ich hoffte, dass das Beben ihm keinen ernsthaften Schaden zugefügt hatte. Ebenso betete ich darum, dass niemand sonst den herabfallenden Felsen zum Opfer gefallen war. Ich konnte nicht leugnen, dass die Entwicklung des jungen Mannes in den letzten Monaten eine besorgniserregende Wende eingenommen hatte. Ohne Aneela war er zu einer schwer einzuschätzenden Gefahr geworden. Bisher hatten wir alle versucht das Beste daraus zu machen und Finn so zu nehmen, wie er war. Doch was, wenn sein aufbrausendes Temperament eines Tagen unschuldige Leben fordern würde? Was, wenn durch ihn jemand ernsthaft zu Schaden kam?
Nachdem sie sich abschließend zur Situation geäußert und ihre Meinung eindeutig kundgetan hatte, war Serena halbwegs besänftigt. Nach ein paar letzten Worten entließ die Heilerin uns schließlich. „Werden wir machen. Passt auf euch auf.“, entgegnete ich auf ihre Worte hin, ehe ich mich in Bewegung setzte, um Asher, der bereits losgelaufen war, nicht aus den Augen zu verlieren. Ich hatte gerade zu ihm aufgeholt, als sein unzufriedener Kommentar an meine Ohren drang und bewirkte, dass meine Stirn sich augenblicklich in Falten legte. War das etwa eine Drohung? Ich unterließ es die Frage laut zu stellen und verfolgte stattdessen missmutig, wie Asher sich den provisorischen Verband von der Stirn riss und diesen achtlos beiseite warf. „Sturer Mann.“, kommentierte ich tonlos das Erlebte und horchte auf, als ich glaubte etwas zu hören. Eine Ahnung, die sich kurz darauf jedoch als Fehlallarm herausstellte. „Weißt du überhaupt, wo du lang läufst? Ich weiß, dass du dir Sorgen machst, aber es ist keinem geholfen, wenn du...“, brach ich mitten im Satz ab, als ich mir darüber bewusst wurde, dass meine Einwände im Augenblick nicht viel bringen würden. Also gab ich mit einem leisen Seufzen nach und tastete mich vorsichtig entlang des Gemäuers, darauf hoffend, dass Asher nicht unerwartet in ein tiefer liegendes Gewölbe stürzen würde. „Jetzt bereue ich es irgendwie als Kind die Ruinen nicht unsicher gemacht zu haben.“

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#53

RE: Cerandíl - new chapter

in Cerandíl - New Chapter 18.02.2018 18:53
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge







Ich beschloss Annies Kommentar über meine vermeintliche Sturheit unkommentiert zu lassen und mich stattdessen weiter auf den Weg vor uns zu konzentrieren. Das war deutlich schwieriger zu bewerkstelligen, wenn man von einer Frau begleitet wurde, die nicht den Anschein erweckte, als wäre sie darauf ebenso bedacht. Zum Glück schien ihr jedoch recht schnell klar zu werden, dass ihre Einwände an dieser Stelle auf taube Ohren stießen. Lange hielt die Stille jedoch nicht Bestand.
"Du warst schon immer sonderbar", murmelte ich, darauf konzentriert in ihrer Nähe zu bleiben. Tatsächlich schien sie den Weg weitaus weniger erahnen zu können als ich es tat und immer noch verstimmt trat ich deshalb vorsichtig an ihre Seite. "Der linke Durchgang, der nach oben führt ist ebenfalls verschüttet. Aber gleich müsste eine weitere Abzweigung kommen, die uns tiefer führt...", erklärte ich leise und eher um meine eigenen Gedanken zu sortieren. Doch bereits einige Meter weiter, wurde unser Weg von mehreren großen Trümmerteilen versperrt, die es nur auf eine Weise zu überwinden galt. Spätestens an dieser Stelle wäre es vermutlich vernünftiger gewesen mit der Azalle zu den anderen zurückzukehren und auf Hilfe zu hoffen. Vernunft zählte jedoch nicht gerade zu meinen Tugenden. Also kletterte ich auf den ersten zu erreichenden Absatz und streckte meine Hand zu Annie hinunter, um sie zu mir raufzuziehen. Ich konnte nur hoffen, dass das Geröll sich durch unser Gewicht nicht in Bewegung setzen würde, doch bisher lösten sich nur kleine Kiesel, deren Aufprall leise von den Wänden widerhallte. "Nicht loslassen", ermahnte ich die junge Frau, deren Arme ich um meinen Hals gelegt hatte, um sie mit auf die nächste Höhe zu ziehen. Ihre zierliche Statur machte dieses Unterfangen leichter, als ursprünglich erwartet und der Abstieg auf der anderen Seite war nur noch eine Frage von Sekunden. "Alles okay?", hörte ich mich fragen, nachdem ich sie zuerst hinuntergelassen und dann gefolgt war.





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zuletzt bearbeitet 18.02.2018 18:55 | nach oben springen

#54

RE: Cerandíl - new chapter

in Cerandíl - New Chapter 18.02.2018 23:01
von Pummel • Eumelchen <3 | 295 Beiträge



In Gedanken noch meine eigene Kindheit nachempfindend, löste Ashers Kommentar zu meinen eigenen Worten gemischte Gefühle in mir aus. Zum einen hatte ich mich immer noch nicht ganz daran gewöhnt, dass ganze Sätze seinen Mund verlassen konnten. Und dann war da natürlich noch die Tatsache, dass ich nicht genau wusste, wie ich seine Aussage einordnen sollte. Was meinte er mit sonderbar? Konnte er so etwas überhaupt beurteilen? Ich glaubte mich zumindest nicht daran zu erinnern den Dunkelhaarigen als Jungspund erlebt zu haben. Um ehrlich zu sein wusste ich nicht einmal mehr genau, seit wann er im Lager lebte. Ob er Verwandte hatte. Aufgrund seines Auftretens und der Tatsache, dass er sich normalerweise aus den meisten Angelegenheiten raushielt, war Asher für mich wie ein wandelndes Fragezeichen. „Du bist es bis heute.“, nuschelte ich etwas verspätet als Erwiderung, während ich mich selbst vor die Frage stellte, wieso mich diese Dinge in Anbetracht der jetzigen Umstände überhaupt interessierten. Unmerklich presste ich die Lippen zusammen, als ich daraufhin wahrnahm, dass der Azalle an meine Seite getreten war. Es folgten ein paar Erklärungen, die zeigten, dass er mit dem Aufbau der Ruinen durchaus vertraut war. Wir müssten uns also noch tiefer begeben, um weiterzukommen? Was, wenn auch die nächsten Zugänge verschüttet waren? Die unangenehmen Gedanken auf einen späteren Zeitpunkt verschiebend, folgte ich Brans Besitzer, bis ein unerwartetes Hindernis uns zum Stehen bewegte. Und was jetzt? Resigniert lehnte ich meine Finger gegen einen der Felsbrocken vor uns, als Asher sich bereits daran machte das entstandene Hindernis zu erklimmen. Diesen Mann hielt auch gar nichts auf, oder? Zögerlich ergriff ich kurz darauf seine ausgestreckte Hand und ließ mich widerstandslos hochziehen. Wenn ich nicht den Anschluss verlieren wollte, musste ich mein Vertrauen in seine vorläufigen Einschätzungen setzen. Dies bedeutete auch die unerwartete Nähe zuzulassen, der er mich zwangsläufig aussetzte. Trotz meiner Bedenken hielten die Trümmer am Ende unser gemeinsames Gewicht aus. Erleichtert darüber wieder halbwegs festen Boden unter mir zu spüren, stieß ich ein leises Seufzen aus, als bereits Ashers leise Frage nach meinem Befinden ertönte. „Ich... ja, alles gut.“, erwiderte ich nickend, während meine Augen versuchten sich in der Dunkelheit zu orientieren. „Wir sollten... vorsichtig sein.“ Leere Worte angesichts der Tatsache, dass ich mir geradezu hilflos vorkam. Keine anderen Alternativen sehend, streckte ich einen Arm nach meinem Begleiter aus und umschloss vorsichtig seine Finger. „Ich will dich nicht mehr aufhalten, als nötig... so kommen wir schneller voran... denke ich.“, erklärte ich mein Verhalten und spürte regelrecht, wie mein Körper sich angesichts der blanken Niederlage versteifte. Am Ende wäre es wohl doch vernünftiger gewesen bei den anderen zu bleiben. Da sich diese Tatsache jedoch nicht mehr revidieren ließ, musste ich das Beste aus dem machen, was wir hatten. „Entschuldige.“

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#55

RE: Cerandíl - new chapter

in Cerandíl - New Chapter 05.04.2018 22:00
von Fionien • Giftzwerg | 63 Beiträge



Einen Moment begegnete ich Jeremys Blick, der sein unbeherrschtes Graben unterbrochen hatte. Verzweiflung flackerte in seinem Blick. Nachvollziehbar, schließlich gehörte er zu den Azallen, aber in diesem Fall nicht hilfreich.
„Such Rodrick. Wenn jemand weiß, wie wir hier durchkommen, dann er“, sagte Kilian, der das Ruder übernommen hatte, dann wandte er sich wieder den anderen zu, damit die Azallen nicht im heillosen Chaos endeten. Ich nickte knapp.
Während ich mich im Dauerlauf durch die Azallen schleuste, die ich überholte, hielt ich Ausschau nach dem Azallen, der das Gelände der Azallen wie seine Westentasche kannte. Ich hatte nicht viel mit ihm zu tun gehabt, aber ich hatte mir Mühe gegeben, die Namen der Azallen zu lernen. Für Notfälle und weil man seine Umgebung kennen sollte. Die Soldaten des Schlosses kannte ich auch, mindestens vom Namen her.
Ich fragte eine Azalle, mit der ich bereits wenige Worte gewechselt hatte und die aufgeschlossen war, wo Rodrick vermutlich war. Aber es dauerte kostbare Zeit, bis ich den Mann tatsächlich fand.
Sympathisch waren wir uns nicht, aber er haderte nicht lange, als ich ihn über die Situation aufklärte. Er rannte den Weg zurück und ich folgte ihm mit etwas Entfernung.
Zweifel kamen in mir auf. Vermutlich würde ich nicht gebraucht werden und für die ohnehin strapazierten Nerven der Azallen war es vermutlich besser, wenn die Soldatin abseits blieb. Das galt besonders für die erleichterten Wiedersehen, sollten diese stattfinden. Und noch mehr für Abschiede.



Jemand schien mir mit jedem Herzschlag den Kopf einhämmern zu wollen, aber ich hörte keinen Schlag. Genau genommen hörte ich fast gar nichts, abgesehen von leichtem Rascheln. Blinzelnd öffnete ich die Augen, aber es war noch immer dunkel. Schließlich erkannte ich schemenhaft eine Frau neben mir… Serena.
Schreie, meine Schreie, die Wut, die Erinnerungen. Steine, die von der Decke stürzten.
Ich fuhr hoch, hielt mir mit beiden Händen den Kopf und presste die Zähne zusammen, um dem Schmerz zu entkommen. Heftig atmend zog ich die Beine an.
Meine Hand war seltsam nass und schließlich dämmerte mir, dass das wohl Blut war, das meine Haare verklebte.
„Wo sind die anderen?“ Ich fühlte mich elend. Das hatte ich nicht gewollt. Vielleicht war jemand verletzt, vielleicht… nein. Nein, bestimmt nicht. Meine Hände krallten sich schmerzhaft in meine Kopfhaut und mein Magen krampfte sich zusammen. Mir war übel. Plötzlich fühlte ich mich, als würde die Decke gleich auf mich stürzen. Mir ging es furchtbar. Was, wenn gleich wieder Steine herabstürzten und uns begruben? Wenn die Ruinen zusammenstürzten, weil ich mich nicht unter Kontrolle hatte?
Ungelenk kam ich auf die Beine und stützte mich an den Felsen neben mir ab. Die Höhle drehte sich. Mit schreckgeweiteten Augen sah ich Serena an und stolperte einige Schritte von ihr weg. Ich musste hier raus.


zuletzt bearbeitet 05.04.2018 22:48 | nach oben springen

#56

RE: Cerandíl - new chapter

in Cerandíl - New Chapter 22.04.2018 10:32
von Eriana • Grünschnabel | 15 Beiträge



Nachdem Asher und Annie losgezogen waren, wurde es still in der Dunkelheit der Ruine. Eine Weile lang konnte ich noch ihre Schritte und einen Hauch von Stimmen hören, die zu leise waren, um etwas auszumachen. Ich seufzte und hockte mich neben Finn, um die Wunde zu untersuchen. Meine Finger tasteten vorsichtig über seinen Kopf, um die Ränder zu ertasten. Sie war übel, aber er würde es überleben. Immer vorausgesetzt wir fanden hier raus und ich konnte ihn überreden, sich später behandeln zu lassen. Er murmelte etwas Unverständliches und ich zog meine Hände weg als hätte ich mich verbrannt. Oh man, die Dunkelheit half mir nicht gerade dabei, mich zu beruhigen oder meine Sorgen zu lindern. Was machte ich, wenn er aufwachte und mich angriff? Andererseits würde die Kopfwunde ihn vermutlich behindern.
Vorsichtshalber rutschte ich ein Stück von ihm weg und überlegte, wie ich seine Wunde am besten verarzten konnte, als er auf spektakuläre Weise zu Bewusstsein kam. Ich erstarrte erschrocken und sah zu, wie er selbst seine Wunde fand. Er würde sich noch wehtun! Ich war kurz davor, ihn aufzuhalten, sich den Kopf zu kratzen, als er mit ansprach. Seltsamerweise half mir das, mich zu beruhigen. Wenn er mit mir redete, würde er doch hoffentlich nicht auf mich losgehen. Ich wollte ihm antworten, als er aufsprang und ein paar Schritte von mir weg machte. Er schwankte und atmete viel zu schnell. Auch das noch. Er stand am Rande einer Panikattacke. Schon bildete ich mir ein, den Boden vibrieren zu spüren.
Ich erhob mich ebenfalls. Ja, ich hatte Angst vor ihm, vor seiner Reaktion, aber die Dunkelheit war mir auch unheimlich und ein erneutes Beben würde uns umbringen. Daher nahm ich meinen Mut zusammen und folgte ihm.
„Bleib ruhig, bitte“, meine Stimme war glücklicherweise viel selbstsicherer, als ich mich fühlte – etwas, dass ich in meiner Zeit als Ärztin gelernt hatte. Ich streckte vorsichtig und langsam die Hand nach ihm aus und zog seine Hand dann sanft von der Wunde fort. „Du wurdest von den herabstürzenden Steinen getroffen. Daher kommen deine Kopfschmerzen und deine Übelkeit.“ Er sah jedenfalls aus, als wäre ihm gehörig schlecht. Und schwindelig. Soweit ich das in der Dunkelheit sagen konnte zumindest. „Die Wunde sollte besser nicht verunreinigt werden. Wie wäre es, wenn wir uns wieder hinsetzen?“
Ich zwang mich, weiter Ruhe und Gelassenheit auszustrahlen. „Asher und Annie sind losgezogen, um einen Weg aus den Ruinen zu finden. Wir sollen hier warten, bis sie jemanden gefunden haben. Wenn es okay ist, würde ich mich um deine Wunde kümmern, so gut es geht, bis man uns hier rausholt. Ja?“



Während ich in der Dunkelheit umher tastete, antwortete Gabriel und rief nach mir. Mit einem Wimmern, kletterte ich schneller, bis Gabriel vor mir auftauchte. Mit einem Schluchzen warf ich mich in seine Arme und heulte in sein Hemd, während sich all die aufgestaute Angst mit einem Schlag entlud. Ich schluchzte, bis ich kaum noch Luft bekam und mir der Kopf vom Weinen wehtat, während ich mich mit zitternden Händen in Gabriels Hemd verkrallte und wusste nur immer wieder ein „Es tut mir Leid“, zu stammeln.
Schließlich holte ich zitternd Luft und wischte mir mit der linken Hand die Augen, während ich über Gabriels Schulter in die Dunkelheit blickte. Ich fühlte mich fiebrig und der Windzug nervte mich. „Von da kommt schon die ganze Zeit ein Luftzug“, murmelte ich daher wie in einem Fiebertraum. Noch immer schniefte ich, aber ich versuchte, mich zusammen zu reißen.
Ich wischte mir die Nase und runzelte die Stirn. Mir war plötzlich, als hätte ich gerade etwas gesagt, an dass ich mich nicht erinnern konnte. Etwas, das mit der Luft hier zu tun hatte. Unsicher blickte ich zu Gabriel hoch. „Ich möchte zu Enngelin. Können wir zu ihr gehen?“

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#57

RE: Cerandíl - new chapter

in Cerandíl - New Chapter 25.04.2018 20:22
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge




Schweigend lauschte ich den Worten der jungen Frau, deren Unbehagen - trotz gegenteiliger Aussage -deutlich spürbar war. Noch ehe ich jedoch entschieden hatte, wie ich mit dieser Situation weiterverfahren sollte, spürte ich recht unerwartet die filigranen Finger der Azalle an meinen. Überrascht hoben sich meine Augenbrauen. Eine Regung, die in der Dunkelheit die uns umhüllte, vermutlich verborgen blieb.
„Ich will dich nicht mehr aufhalten, als nötig... so kommen wir schneller voran... denke ich.“ Ihre Aussage hätte mich vermutlich zu einem anderen Zeitpunkt zum Schmunzeln gebracht. So beließ ich es jedoch bei einem zustimmenden Brummen, ehe ihre leise vorgebrachte Entschuldigung ein tonloses Seufzen folgen ließ. "Dein schlechtes Gewissen kann man eine halbe Meile gegen den Wind riechen. Unnötig das zu erwähnen", erwiderte ich deshalb schlicht, während meine freie Hand kurz durch meine Haarsträhnen strich. "Versuch das nächste mal einfach vorher darüber nachzudenken." Die Anklage in meiner Stimme verleitete mich beinahe zu dem nächsten resigniertem Laut. "Na komm", forderte ich sie deshalb etwas milder dazu auf mir zu folgen und umschloss die kleinere Hand dabei fester, um ihr zumindest zu signalisieren, dass ihre Nähe nicht gänzlich unwillkommen war. Wenigstens konnte ich so sicherstellen, dass die Azalle unterwegs nicht abhanden kam.
Wie vorausgesagt lag nun eine steinerne Treppe vor uns, die tiefer ins Gewölbe führte und hoffentlich so unbeschadet geblieben war, dass wir ohne weitere Schwierigkeiten vorankommen würden. Eine Frage, die ich aufgrund der schlechten Sichtverhältnisse nicht ohne weiteres beantworten konnte, weshalb ich blindlings voranging; darauf bedacht meine Begleiterin nicht ins Verderben zu stürzen. Die neuerliche Verbindung brachte deshalb nur eine geringe Verbesserung, stimmte mich insgesamt jedoch ruhiger als zuvor.
Als wir schließlich das Ende dieser Etappe erreichten, glaubte ich aus der Finsternis plötzlich eine bekannte Stimme ausfindig zu machen, die mich augenblicklich innehalten ließ. War das Luca? Die Erleichterung darüber nicht ausblenden könnend, zog ich Annie bestimmt mit in die Richtung aus der ich das Kind zu hören glaubte. Jetzt galt es nur noch Bran zu finden. Und alle sicher aus den Ruinen hinauszuschaffen.


Liebe ist nur eine weitere Methode anderen Leid zuzufügen <3
zuletzt bearbeitet 26.04.2018 17:19 | nach oben springen

#58

RE: Cerandíl - new chapter

in Cerandíl - New Chapter 29.07.2018 23:14
von Arrabella • Team Zyr | 78 Beiträge



Jeremy war wie immer die Freundlichkeit in Person, aber in Momenten wie diesen konnte ich ihm seine schlechte Laune einfach nicht übel nehmen. Es war eine Ausnahmesituation und ich nahm seinen Unmut schweigend zur Kenntnis, alles andere wäre dumm gewesen. Das wäre dann nämlich fast so, als würde ich selbst mit hoch erhobenen Händen ins offene Messer rennen und darauf konnte ich getrost verzichten. „Anstatt dumme Fragen zu stellen, solltest du lieber helfen einen Zugang zu suchen. Wer weiß, was da unten passiert ist“, sagte meine aufgebrachte Begleitung schnaubend und ich folgte ihm mit zusammengepressten Lippen. „Anstatt dumm und planlos herumzulaufen, solltest du vielleicht ein bisschen nachdenken und aufpassen, dass du mit deiner Wut kein Nachbeben verursachst“, dachte ich mir, sprach meine Gedanken aber nicht laut aus. Stattdessen versuchte ich es vorsichtig mit: „Wir werden schon einen Weg finden. Es geht ihnen bestimmt gut.“ Ich versuchte mir das auch selbst einzureden. Wir waren fast alle Azallen, unser Fleisch war zäh und wenn ich daran dachte, was wir schon alles durchgestanden hatten, dann war diese Ruine nichts dagegen. Wir hatten es mit Soldaten, bösen, blutrünstigen Königen, anderen verrückten Azallen und wilden Bestien, wie etwa Wölfen zu tun gehabt und DAS waren die echten Gefahren gewesen. Wenn wir all das überlebt hatten, dann würde keiner von uns bei so etwas draufgehen. Hoffte ich zumindest….





Ich war so froh, dass es Luca gut ging. Sogar dass er mir mein Hemd vollheulte und vollrotzte störte mich im Moment nicht. Zuerst wusste ich mir nichts anzufangen mit einem weinenden kleinen Kind in meinen Armen, aber nach ein paar Sekunden strich ich ihm beruhigt über die Schulter, so wie ich das bei den Eltern im Dorf immer beobachtet hatte. "Es tut mir leid.", kam mehr als nur einmal von Luca und ich antwortete ihm immer wieder mit "Ist schon gut".
„Von da kommt schon die ganze Zeit ein Luftzug“, sagte Luca plötzlich. Sein Blick war in die Ferne gerichtet und seine Augen wirkten leer. Ich sah ihn stirnrunzelnd an, als sich sein Gesichtsausdruck erhellte und er plötzlich Enngelin erwähnte.
"Natürlich können wir zur ihr gehen. Wir müssen nur noch hier raus finden. Du hast etwas von einem Luftzug gesagt? Von wo? Da?", sagte ich und zeigte dabei in die Richtung, in die Luca vorhin gestarrt hatte. Besser wie einfach nur herumzustehen, war es allemal. Ich nahm Luca hoch und ging in besagte Richtung. "Geht es dir gut? Bist du irgendwo verletzt?", sagte ich und atmete dann genervt aus. Ich verbrachte in letzter Zeit viel zu viel Zeit mit meiner kleinen Cousine, seit wann war ich so überfürsorglich?
Ich hoffte Luca hatte Recht mit seiner Vermutung, aber da das der einzige Anhaltspunkt war, den ich momentan hatte, wollte ich nicht an seinen Worten zweifeln.„Auf zu Enngelin, okay?“, sagte ich um mich und Luca auf andere Gedanken zu bringen. Nach einer Weile stieß ich nicht, wie erhofft, auf meine Cousine, sondern auf andere bekannte Gesichter, mit denen ich zwar nie viel am Hut hatte, aber nichtsdestotrotz überkam mich Erleichterung.
„Asher und Annie. Was verschlägt euch beide hierher? Wollt ihr diese dunkle, geheimnisvolle Ruine ausnutzen, um ein paar Erkundungen anzustellen? Oder um euch gemeinsam schmutzig zu machen?“, sagte ich grinsend. „Ich möchte eure Zweisamkeit wirklich nur ungern stören, aber ihr wisst nicht zufällig, wie wir hier raus kommen, oder?“

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#59

RE: Cerandíl - new chapter

in Cerandíl - New Chapter 05.08.2018 11:12
von Pummel • Eumelchen <3 | 295 Beiträge



Es war kaum zu übersehen, dass meine Worte sie in irgendeiner Form getroffen hatten. War die Azalle mir doch gefolgt, um zu helfen. Nicht, um sich haltlose Vorwürfe anzuhören, für die sie im Grunde nichts konnte. Doch trotz dieser Erkenntnis, brachte ich keine Entschuldigung hervor. Kein beschwichtigendes Lächeln. Und auch keinen Versuch das Gespräch zu retten. Die Sorge um meine Schwester übertünchte jeden meiner möglichen Gedanken. Als Enngelin auch noch dazu überging gute Miene zum bösen Spiel zu machen und Behauptungen in den Raum zu werfen, die haltlos waren, hatte ich Mühe dabei ein genervtes Stöhnen zu unterdrücken. Natürlich hatte ich bei ihr nicht mit einem Konter rechnen können. Trotz ihrer unmittelbaren Anwesenheut bot die junge Frau nicht einmal genügend Angriffsfläche, um als wirkliche Zielscheibe zu gelten. Eine Tatsache, die mich nur noch rasender machte. "Wer kam überhaupt auf die Idee dieser dummen Feier...", entwich mir schnaubend, während ich meine Schritte weiter beschleunigte und die Augen nach möglichen Zugängen offen hielt. "Eochaid und sein gottverdammtes Pack sind uns auf den Fersen. Jeden Tag stellt er mehr und mehr Söldner ein, die uns das Leben schon schwer genug machen. Und wir haben nichts besseres zu tun, als mir nichts dir nichts zu halb verschütteten Ruinen zu pilgern, um ihnen allen die Arbeit zu erleichtern und uns selbst zu dezimieren... super... einfach super.", wütete ich weiter vor mich hin und übersah dabei eine Wurzel, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht hatte Menschen, sowie Tieren das Leben schwer zu machen. Mit einem Fluch auf den Lippen stolperte ich nach vorn, konnte den Fall gerade noch so abfedern, nur um mit dem Gesicht gegen den nächstbesten Baum zu laufen und dadurch zwangsläufig zum Stillstand zu kommen. Eine Hand an der verräterischen Rinde abstützend, mit der anderen mein schmerzendes Gesicht verdeckend, verfluchte ich stumm die Welt und ihre Bewohner um mich herum, als können sie etwas für meine missliche Lage. Die Wahrheit war jedoch eine gänzlich andere. Und mit jedem verstreichenden Augenblick, in dem ich nichts Neues erfuhr, wurde es zunehmend schwerer die eigentlichen Tatsachen zu überspielen. Annie war das einzige, was mir geblieben war. Falls ihr etwas geschehen war, wusste ich nicht, was ich mit mir anfangen würde. Mit einem leisen Laut, der zeitgleich mehrere Empfindungen spiegelte, verharrte ich auf der Stelle und bemühte mich krampfhaft die Fassung zu wahren. "Wieso ausgerechnet sie...", entwich mir kaum hörbar, während die mühsam auferlegte Fassade nach und nach bröckelte und es mir unmöglich machte derjenige zu sein, den meine Schwester eigentlich brauchte. Und ich hasste diesen Umstand mehr, als alles andere.





Meine Lippen blieben auch einige Minuten, nachdem der letzte Laut die seinen verlassen hatte, versiegelt. Entgegen des nagenden Impulses hatte ich mich dagegen entschieden der Stille entgegenzuwirken. Stattdessen konzentrierte ich mich auf die Dunkelheit um ums herum, die uns mit jedem weiteren Schritt immer mehr zu verschlingen drohte. Ich konnte nicht verhindern, dass mein versteifter Leib sich zusehends verkrampfte; jedes Mal, wenn ich einen weiteren Erdrutsch zu vernehmen glaubte, während die Worte des Dunkelhaarigen unaufhörlich in meinen Gedanken kreisten. Ich behielt den Blick meistenteils gesenkt, während ich mich von meinem Begleiter durch die unzähligen Gänge des unerirdischen Gemäuers führen ließ. Die Verbindung unserer Finger das einzige, was uns noch flüchtig zusammen zu halten schien. Eine beängstigende Vorstellung, die meinen Unmut nur noch verstärkte; abstruserweise fast mehr, als die allgemeine Befürchtung keinen Ausgang zu finden. Was war eigentlich mit mir los? Eine Frage, deren Beantwortung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wurde, als ich unerwartet vertraut klingende Stimmen vernahm. Konnte es tatsächlich sein? Mein Begleiter zögerte keinen Augenblick und führte mich bestimmt zum Ursprung der Geräuschkulisse und es dauerte nicht lange, bis wir Gabriel und Luka erreichten. Den Hochgewachsenen so ausgelassen zu erleben, erleichterte und beunruhigte mich zugleich. Noch während er sprach, befreite ich meine Hand aus der selbst auferlegten Umklammerung und umschloss sie nun mit meinen eigenen Fingern. Der Grund dafür würde mir erst später ersichtlich werden. "Nicht ganz. Wir waren auf der Suche nach Bran und einem Ausgang. Serena ist bei Finn geblieben. Er wurde bei dem Einsturz verletzt.", erklärte ich knapp, ehe ich den Blickkontakt auflöste und mich in der Höhle umsah. "Bisher kamen wir jedoch nicht sehr weit... ich kenne mich in den Höhlen hier kaum aus."

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