#166

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 11.06.2017 13:40
von Pummel • Eumelchen <3 | 295 Beiträge



Trotz meiner Worte, schaffte ich es letztlich nicht lange wach zu bleiben. Anfangs lauschte ich den leisen Geräuschen, die von außerhalb des Raumes zu uns drangen. Ich dachte an die Ereignisse des Tages zurück und fragte mich, ob die Dinge wohl anders verlaufen wären, wenn ich mich in bestimmten Situationen anders entschieden hätte. Irgendwann ertappte ich mich sogar dabei Callums gleichmäßigen Atemzügen zu lauschen. Und dann war ich einfach weg. Als ich wieder zu mir kam, graute es bereits. Perplex stieß ich mich von der Matratze ab und gelangte somit in eine sitzende Position. Womit ich nicht rechnete, war die Klinge, die ich fast augenblicklich an meinem Hals spürte. Innehaltend und nun deutlich wacher, als zuvor, wandte ich meine Augen zu meinem Bettnachbarn, der es allem Anschein nach nicht gewohnt war abrupt aus dem Schlaf gerissen zu werden. Es verstrichen einige Augenblicke, in denen wir uns einfach nur betrachteten. Schließlich kam er wohl zu dem Entschluss, dass ich im Moment keine Bedrohung darstellte. Denn er zog seinen Arm wieder zurück und ließ sich unverrichteter Dinge zurück auf die Matratze sinken. So, wie es aussah, hatte ich noch einmal Glück gehabt.
„Du hast ja tatsächlich geschlafen.“, stellte ich fest, ehe ich mir seufzend über den Nacken strich und ihn dabei weiter beobachtete. Einen Moment lang fuhren meine Finger über die Stelle, an der bis eben noch das kühle Metall gelehnt hatte. Allem Anschein nach spielte ich wohl gerne mit dem Feuer. „Begrüßt du jede Frau so, die freiwillig eine Nacht neben dir verbringt?“

~~~

"Auch wenn einige Leute das Gegenteil behaupten, ich bin tatsächlich ein Mensch und kein Dämon aus der Unterwelt. Also ja, ich brauche Schlaf.", gab ich seufzend von mir und strich nachdrücklich mit der freien Hand über die Stirn. Kate schien unzufrieden mit der Art der morgendlichen Begrüßung, aber auch ich war schon angenehmer geweckt worden, weshalb ich meinen Blick auf die Dunkelhaarige richtete und ungläubig eine Augenbraue hob. "Nur die, die einen ganz besonderen Stellenwert haben.", entgegnete ich tonlos, ehe ich ihrem Beispiel folgte und mich noch etwas lustlos von der Matratze abstieß. Ich hatte tiefer geschlafen, als beabsichtigt, weshalb ich etwas verstimmt das Messer wieder in der Ritze zwischen Bett und Wand verschwinden ließ. Doch bereits wenige Sekunden später, schlich sich schon wieder ein Lächeln auf meine Lippen und ich drehte mein Gesicht erheitert in ihre Richtung. "Ich war aber nicht der Einzige, der ausgesprochen gut zu schlafen schien. Was man nicht alles mit dir hätte anstellen können.", schmunzelte ich neckisch und ließ meine Augen betont langsam etwas tiefer wandern, ehe ich sie wieder auf ihr Pendant richtete.

~~~

Ich hatte also einen ganz besonderen Stellenwert. Auch, wenn ich zu wissen glaubte, wie seine Aussage gemeint war, amüsierte mich seine Wortwahl gewissermaßen. Aus den Augenwinkeln heraus betrachtete ich, wie er sich nun ebenfalls aufrichtete und sein Messer an seinem rechtmäßigen Platz verstaute. Zumindest würde er mich damit nicht mehr überraschen können. Mit einem Mal veränderte sich Callums Gesichtsausdruck und lächelnd wandte er mir seinen Kopf zu, ehe er seine jetzigen Gedanken mit mir teilte. "Ich war aber nicht der Einzige, der ausgesprochen gut zu schlafen schien. Was man nicht alles mit dir hätte anstellen können." Wie zur Unterstreichung seiner Worte wanderten seine Augen kurz über meinen Körper, ehe sie wieder auf meinem Gesicht zur Ruhe kamen. Für einen kurzen Moment verharrte ich in meinen Bewegungen. Dann jedoch zuckte ich flüchtig mit den Schultern.
„Kein Fürst der Dunkelheit... aber immerhin jederzeit für morgendliche Späße aufgelegt.“, entgegnete ich unbeeindruckt, ehe ich in einer flüssigen Bewegung zur Bettkante rutschte und mich nach unten beugte, um in meine Stiefel zu schlüpfen. „Aber ja. Ich habe besser geschlafen, als ich erwartet hätte. Können wir gerne wiederholen.“

~~~

Erheitert beobachtete ich die junge Frau dabei, wie sie sich langsam zur Bettkante schob und begann sich zum Aufbruch fertig zu machen. Trotz ihrer Worte zweifelte ich an einer Wiederholung, entschied jedoch mich auf dieses Spielchen einzulassen. "Das würde sogar meine Selbstbeherrschung überschreiten.", erwiderte ich zwar hörbar amüsiert, doch ohne das geringste Anzeichen eines Lächelns. Stattdessen ruhte mein ausdrucksloser Blick auf ihrem Rücken, folgte den dunklen Strähnen, die sich beim Vorbeugen verselbstständigten und einen Augenblick später von meinen Fingern eingefangen und wieder zurückgeschoben wurden. "Du machst es einem jetzt schon schwer...", raunte ich ihr leise zu und strich mit meiner Nasenspitze ihren freigelegten Hals entlang, was mir ein zufriedenes Seufzen entlockte. "Verrätst du mir, was du heute vorhast?", fragte ich mit noch immer gesenkten Stimme und verharrte abwartend an der weichen Haut, die ich hin und wieder mit einem sanften Kneifen meiner Zähne neckte.

~~~

Ich verharrte in meinen Bewegungen, als ich die sanfte Berührung an meinem Nacken vernahm. Es war schon schwer genug gewesen seine leisen Worte zu ignorieren, mit denen er mich wahrscheinlich nur provozieren wollte. Nun war er zu fieseren Mitteln übergegangen, die zwiespältige Gefühle in mir wachriefen. "Verrätst du mir, was du heute vorhast?", wollte Callum wissen. Natürlich. Ich seufzte, unschlüssig, wie ich nun reagieren sollte. Das Kribbeln auf meiner Haut machte mich allmählich verrückt. „Ich hab mich noch nicht entschieden.“, entgegnete ich leise, darum bemüht meine Stimme fest klingen zu lassen. Unzufrieden fasste ich langsam hinter mich und ließ meine Finger vorsichtig durch sein Haar streichen, bis ich meinen Griff schließlich verfestigte und seinen Kopf ein Stück nach hinten zog. Die Gelegenheit nutzend drehte ich meinen Kopf nach hinten und blickte aus den Augenwinkeln heraus zu dem Dunkelblonden auf.
„Hast du etwa Angst ich durchkreuze deine Pläne für den heutigen Tag?“

~~~

Ich unterdrückte den aufkeimenden Impuls, als die Dunkelhaarige rigoros meine Versuche sie aus der Reserve zu locken unterbrach und verharrte stattdessen abwartend, was als nächstes passieren würde. Meine Augen noch immer auf ihren Hals gerichtet, der leichte Rötungen aufwies, an den Stellen, denen ich mich bis vor wenigen Augenblicke noch gewidmet hatte, blickte ich erst zu ihr auf, als sie ihre Frage beendet hatte. "Natürlich. Wie bereits erwähnt. Es wäre eine Schande, wenn ich gezwungen wäre mich diesem hinreißenden Hals anderweitig zu widmen.", erwiderte ich äußerlich unbekümmert und ließ meine Hand langsam über ihre Schulter fahren, bis meine Finger an besagtem Körperteil zum Stillstand kamen. "So zerbrechlich...", raunte ich, schlang meinen freien Arm um ihre Taille und zog die junge Frau näher an mich. "Den Abend werde ich mir für dich freihalten."

~~~

„Tätsächlich?“ Auch, wenn meine Stimme vielleicht ruhig klang, konnte ich die steigende Nervosität nicht leugnen. Meine Finger hatten längst den zuvorigen Halt verloren. Spätestens, als er mich unerwartet an sich gezogen hatte. Vielleicht auch schon vorher. Ich konnte es nicht mit Sicherheit sagen. Was ich wusste, war, dass ich langsam, aber stetig, versank. Und jede ach so kleine Handlung unweigerlich zu demselben Ergebnis führen würde. „Wieso zum Abend warten?“, raunte ich ihm leise entgegen, ehe ich mich halb zu Callum umdrehte und fragend zu ihm aufblickte. „Ich wüsste nicht, was gegen einen kleinen Vorgeschmack sprechen sollte...“ Prüfend lehnte ich meine Finger gegen seine Brust, ehe ich den Kopf anhob und mit meiner Nasenspitze seinen Hals hinabstrich. Bei seiner Kehle angelangt, ließ ich zu, dass auch meine Lippen flüchtig über seine warme Haut streiften. Eine kurze Berührung, die mich selbst leise aufseufzen ließ, ehe ich meinen Weg langsam fortsetzte. Außerstande der Versuchung zu widerstehen brachte ich nun auch meine Zähne zum Einsatz und zog eine feuchte Spur aus Küssen und Bissen über seine Haut, bis ich schließlich Callums Schulter erreichte. Ein selbstgefälliges Lächeln zierte meine Lippen, als ich meine Wange an seinen Oberarm lehnte und abwartend zu ihm hinaufschaute.

~~~

Ihre Frage vorerst ignorierend, betrachtete ich die Dunkelhaarige, deren Angebot unbestreitbar verlockend klang. Spätestens als sie ihrerseits die Initiative ergriff, versteifte sich mein gesamter Körper und es brauchte einiges an Selbstbeherrschung, die junge Frau nicht augenblicklich beim Wort zu nehmen und mich selbst davon zu überzeugen, dass ihre stillen Versprechen der aufkeimenden Fantasien gerecht wurden. Mit gehobenen Augenbrauen sah ich also auf Kate hinunter, deren Lippen ein Lächeln zierte, das vermutlich jeden Mann um den Verstand bringen würde. Und dessen war sie sich mehr als bewusst. "Weil ich mir besonders viel Zeit nehmen will...", murmelte ich mit belegter Stimme und ließ meine Hand betont langsam zu ihrem Kinn fahren. Mein Daumen strich über ihre Unterlippe und einige Sekunden lang betrachtete ich das hübsche Gesicht, ehe ich meinen Kopf senkte, ohne Kate dabei aus den Augen zu lassen. "Ein Vorgeschmack könnte dich womöglich...", raunte ich leise gegen ihre Lippen, ehe ich meine eigenen sachte an ihre Mundwinkel legte. "...unvorsichtig werden lassen." Ich zog meinen Kopf wieder zurück und lächelte matt auf sie herab. "Du solltest jetzt gehen."

~~~

Das Lächeln auf meinen Lippen verlor an Stärke, sobald die ersten Worte seine Lippen verließen. Prüfend betrachtete ich das Gesicht meines Gegenübers, als er mein Kinn umschloss mit seinem Daumen eine flüchtige Sensation auf meinen Lippen erzeugte. Kurz gab ich mich der aufkeimenden Illusion hin und schloss automatisch die Augen, als seine Lippen auf meinen Mundwinkel trafen. Seine leise geraunten Worte bewirkten, dass sich unerwartet ein Kribbeln in meinem Magen ausbreitete. Wenn ich nicht so perplex gewesen wäre, hätte ich spätestens jetzt losgelacht. Stattdessen löste ich mich blinzelnd aus meiner Starre und betrachtete den Mann vor mir noch einige Augenblicke, ehe ich mich wieder von ihm löste, um seiner Bitte nachzugehen.
„Wie du meinst...“, erwiderte ich möglichst unberührt und vergrößerte den Abstand zwischen uns, indem ich vom Bett aufstand und die noch offenen Verschlüsse meiner Stiefel kurzzeitig ausblendete. Ohne noch einmal zurückzublicken, wahrscheinlich weil ich mir nicht sicher war, wie ich mich dann womöglich verhalten hätte, trat ich nach draußen und ließ die Tür zu seiner Kammer leise hinter mir ins Schloss fallen. Erst jetzt erlaubte ich es mir aufzuseufzen. Dann jedoch verfestigten meine Gesichtszüge und ich setzte mich in Bewegung.

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#167

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 11.06.2017 15:15
von FutureExMsConnolly • NeylsStalker | 24 Beiträge



Das Gefühl des Erstickungstodes überkam Rowan beinahe so urplötzlich wie unvorhergesehen. Erschrocken und mit letztem Luftrest in der Lunge riss er seine Augen auf und rang nach Luft, während die Schwere auf seiner Brust nicht zu weichen vermochte. Panisch fuhr er hoch, hoffte, so seinem verfrühten Tod zu entkommen und vernahm das aggressive Fauchen erst, nachdem die Schwere von seiner Brust gewichen war und er ein schwerfälliges Rumpsen gehört hatte, das direkt von neben seinem Bett kam. Verwundert und noch immer nach Luft schnappend wanderte sein Blick automatisch zu der Stelle, von der er das Fauchen und Rumpsen gehört hatte, nur um dort seine Katze Dornröschen sitzen zu sehen, die ihn wie immer mürrisch und abschätzig anzusehen schien. Nun,zumindest wusste er, dass der Druck auf seiner Lunge kein Mordanschlag gewesen war. Zumindest keiner eines Menschen. Dass dieses übergewichtige, mürrische, verfressene Vieh mit dem verzottelten fleckigen Fell ihn nicht mochte und ihn umbringen wollte, wusste er ja schon seit längerem. Warum sie trotzdem bei ihm blieb, wusste er nicht, aber er vermutete, dass es daran lag, dass er sie fütterte und auf seinem Bett schlafen ließ. Einen anderen Grund konnte er sich nicht ausmalen. Die Hoffnung, dass sie so etwas wie Zuneigung für ihn empfand, hatte er schon lange aufgegeben.
"Auch dir einen guten Morgen, Lady Sleeps-A-Lot", murrte der Barde verschlafen und erntete nur einen weiteren abschätzigen Blick des eingebildeten Tieres. Unwillkürlich fuhr sich der Endzwanziger über die Brust, auf der immer noch ein Fels zu liegen schien. Gepaart mit den Verletzungen und den Nachwirkungen der... wirklich sehr unsanften Behandlung von Seth fühlte er sich beinahe wieder genauso verprügelt wie am Abend vor ein paar Tagen. Dass Rowan auf Johanniskraut allergisch reagierte, hatte er bis zur Behandlung Seths nicht gewusst. Nun, Seth meinte, dass die unangenehme Rötung zwar bald weg sein würde, aber Rowan fühlte sich beinahe noch schlechter nach der Behandlung. Aber solange es half, wollte Rowan die Zähne zusammenbeißen und sich nicht beschweren, wie ein echter Kerl eben.
Mit einem weiteren Murren schwang er seine Beine über den Bettrand und stand auf, um sich anzuziehen. Gestern Nacht hatte er den letzten Rest Wasser aus seiner Karaffe getrunken und musste nun zum Fluss Nachschub besorgen. Danach noch Lady Annoys-A-Lot versorgen, abschätzige Blicke als Dank ernten und sich danach mal wieder etwas nützlich machen. Fast schon fühlte er sich schlecht dabei, die letzten Tage so hilflos und bettlägrig gewesen zu sein. Es wurde Zeit, dass er wieder mit anpackte. Der gröbste Schmerz der Prügelei war verschwunden, sodass er ruhig wieder die ein oder andere Aufgabe erledigen konnte.
"Bin gleich zurück, Mylady", sprach er zu seiner stark übergewichtigen Katze wie zu einer Edeldame, "Euer untertäniger Diener wird nur schnell etwas frisches Wasser aus dem Fluss holen."
Die Reaktion der Katze war nur ein mürrischer Blick, wie immer. Rowan verdrehte nur die Augen.
"Oh bitte, beruhige dich, du fällst vor Freude ja fast um", meinte er noch sarkastisch, ehe er ihr ein wenig von den Fleischresten von gestern in ihren Napf gab und dann mit seiner Karaffe in der Hand seine Jurte verließ, um sein Ziel zu verfolgen. Doch schon, als er dem Ausgang des Verstecks näher kam, bemerkte er die Ansammlung Menschen, die sich dort gebildet hatte. Die roten Haare Astraeas erkannte er sofort, doch bei Aneela musste er zweimal hingucken, um sie als Aneela zu erkennen. Den Begleiter erkannte er gar nicht, falls er ihn denn kennen sollte. Er sah aus, als hätte er mit einem Bären gekuschelt. Erschrocken und unbewusst blieb der Mann bei der Gruppe stehen und blickte abwechselnd zu Aneela und dem übel zugerichteten Mann.
"Was ist euch denn widerfahren?", platzte es sofort aus ihm raus, "Habt ihr auch eine Schlägerei verloren?"
Dann zeigte er auf die Schnittwunden, die Aneelas Haut zierten.
"Mit einem Messer zu kämpfen ist in einer Schlägerei aber echt nicht fair. Gut, dass du uns erhalten geblieben bist. Seth hat gestern gute Salben aus Kräutern gegen Verletzungen zusammengemixt. Vielleicht solltet ihr ihn aufsuchen. Und guten Morgen, Astraea."
Astraea begrüßte er nur beiläufig. Viel zu erschrocken war er von den schlimm zugerichteten Personen vor ihm. Vielleicht wurde es langsam zu gefährlich, in die Taverne zu gehen, wenn immer mehr Leute verletzt wurden...


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#168

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 11.06.2017 20:59
von Fionien • Giftzwerg | 63 Beiträge



Ich hätte mir eine angenehmere Nacht gewünscht als die meine, in der ich von einen kindischen Alptraum in den nächsten fiel und in dem unter anderem Callum aufgetreten war, was mich beunruhigte und ärgerte.
Um mich abzulenken, hatte ich angefangen einen Brief nach Hause zu schreiben, hatte allerdings recht schnell gefrustet aufgegeben, die richtigen Worte zu finden um mich zu rechtfertigen. Der rabiat durchgestrichene Text, der inzwischen zwei Löcher aufwies, lag nun zerknittert neben meinem Bett. Ich musste mich stark beherrschen, dass nicht das gleiche Schicksal auch der Bericht ereilte, den ich anschließend angefangen hatte. Inzwischen kam mir Callums Plan mehr als undicht vor und ich fürchtete mich vor den Folgen, sollte Corboz dies realisieren. Er hatte mich bereits degradiert und war weder für herausragende Voraussicht noch für Gnade bekannt, außerdem hielt sich unser gegenseitiger Hass die Waage.
Der Schmerz an meiner Seite war ebenfalls nicht sonderlich hilfreich, sondern störte mich ungemein. Er war auszuhalten, aber schlecht zu ignorieren, und lenkte mich dementsprechend ab. Gerne wäre ich trainieren gegangen, allerdings befürchtete ich, dass das eine mehr als schlechte Idee war, und hatte das deshalb auf morgen verschoben oder zu einem Zeitpunkt, an den es mich nicht mehr störte.
Als es klopfte, sah ich auf und hoffte, Theo mit Neuigkeiten zu sehen. Stattdessen war es Callum. Mein Blick verfinsterte sich.
„Ich bin mir nicht sicher, wie lange noch“, erwiderte ich knapp und nickte dann zu seiner Frage, während ich sein Schmunzeln verfluchte. „Wer nicht? Feuer, Mord...“ Ich legte mein Schreibzeug auf den kleinen Tisch neben meinem Bett und wurde daran erinnert, warum ich Callum hasste, verzog aber keine Miene. „Theo hat mich informiert, dass zwei Gefangene geflohen sind und die Nachricht über den Tod des Prinzen hat sich ausgebreitet wie ein Lauffeuer. Corboz soll in Schwierigkeiten stecken, stimmt das?“

~~~

"Du hast nichts zu befürchten, solange du dich an unsere Abmachung hältst.", erwiderte ich beiläufig, ehe sie meiner nächsten Frage zustimmte und nun ihrerseits hoffte ein paar zusätzliche Informationen zu erhalten. Meinen Blick auf das verknüllte Papier neben ihr gerichtet, zuckte ich unbeeindruckt mit den Schultern und verlagerte mein Gewicht ein wenig zur Seite. "Er steht zumindest in keinem besonders guten Licht da.", erwiderte ich mit dem Anflug eines Lächelns, ehe ich meine Augen wieder auf die Soldatin richtete. "Gut für dich. Bei den ganzen Vorkommnissen, stellt niemand viele Fragen über das, was mit dir passiert ist. Und falls doch...nun." Meine Mundwinkel gingen noch mehr in die Breite, ehe ich fortfuhr. "Werde ich mich diesem Problem annehmen." Unbekümmert betrachtete ich meine Gegenüber weiter und überließ sie einen Moment ihren Gedanken, ehe ich weitersprach. "Man hat den Mörder noch nicht gefasst. Die Vermutung liegt nahe, dass jemand im Schloss den Gefangenen zur Flucht verholfen hat. Dir würde nicht zufällig jemand einfallen, der etwas damit zu tun haben könnte, oder?"

~~~

Die Drohung war recht deutlich aus seinen Worten herauszuhören, genauso wie seine Selbsteinschätzung, auch wenn ich inzwischen der Meinung war, dass er tatsächlich die größere Gefahr darstellte. Über Corboz Lage schien er recht amüsiert und ich konnte nicht abstreiten, dass es mich mit einer gewissen Genugtuung erfüllte, dass Corboz nun ins schlechte Licht rückte – immerhin war er, wenn man es genauer betrachtete, der Grund, dass ich neuerdings so viel mit Callum am Hut hatte. Seine Äußerung danach jedoch bereitete mir Unbehagen. Callums Besuch wirkte wie eine Erinnerung daran, was er tun konnte. Ich warf ihm einen kühlen Blick zu und dachte daran, dass ich dieses Mal nicht unbewaffnet ihm gegenüber saß. Unter meinem Kopfkissen lag gut versteckt ein Dolch, nur für den Notfall.
„Das klingt wie eine Unterstellung“, meinte ich mit einer hochgezogenen Augenbraue, „allerdings dürfte dir aufgefallen sein, dass ich in letzter Zeit nicht sonderlich häufig im Schloss anzutreffen war. Ich bin erst kürzlich wieder zurückgekommen.“ Ich strich mir eine Strähne aus dem Gesicht und warf ihm einen weiteren kühlen Blick zu. „Und ansonsten beschränke ich sozialen Kontakt eher auf Geschäftliches, bis auf wenige Ausnahmen.“ Genau genommen fiel mir auf die Schnelle niemand ein, mit dem ich mehr als ein paar Worte gewechselt hatte, außer Theo. Und er war zum Einen ein wichtiger Teil der Gefolgsleute des Königs und war zum Anderen so oft bei mir gewesen, dass er ein Alibi hatte. „Es sei denn natürlich, du hast Interesse, die Schuld auf dich zu nehmen?“ Callum war nach wie vor nicht berechenbar und wenn ich Pech hatte, war das eine Unterstellung, die ihn wirklich gefährlich machte. Allerdings bezweifelte ich, dass er mehr tun würde als weiterhin zu demonstrieren, dass er mächtiger war als ich. Callum besaß zwar Privilegien, allerdings hatte auch ich eine Stellung in, die von der Norm abwich. Nicht, dass ich wirklich wichtig wäre, aber in Extremfällen war es nicht undenkbar, dass meine Familie im Endeffekt doch einschritt... und die Beziehungen waren nicht unwichtig für Cerandil.

~~~

"Das wiederum klingt ebenfalls nach einer Unterstellung.", erwiderte ich und blickte der Soldatin herausfordernd entgegen. Dann jedoch zeichnete sich ein amüsiertes Lächeln auf meinem Gesicht ab und unbekümmert wechselte ich die Position meiner Füße, ehe ich fortfuhr. "Dich aus den Fängen der Azallen befreien, um dich dann ans Messer zu liefern? Viel zu aufwendig, selbst wenn ich darin irgendeinen Nutzen sehen würde. Du kannst dich also entspannen. Weder glaube ich, dass du dazu in der Lage wärst, noch habe ich vor es so hinzustellen, als wenn es so wäre." Ich zuckte unbeteiligt mit den Schultern, ehe meine Miene jedoch härtere Züge annahm. "Was jedoch deine sozialen Kontakte angeht. Darauf war meine Frage eigentlich abgesehen.", klärte ich Eder über ihre falsche Schlussfolgerung auf und warf einen kurzen Blick zur Tür, ehe ich mein Augenmerk wieder auf die Blonde richtete. "Es gibt einige wenige, die Eochaids Ansichten über die Azallen nicht teilen. Erfahrungsgemäß kommen Männer gerne mal ins Plaudern nach gewissen...Zusammenkünften.", lächelte ich matt und verfolgte aufmerksam die Regungen im Gesicht meiner Gegenüber. "Es wäre doch höchst unerfreulich, wenn wir fähige Leute verlieren, nur weil sie unvorsichtig waren."

~~~

Obwohl ich darauf gesetzt hatte, dass er amüsiert sein würde, entspannte ich mich tatsächlich ein wenig, als er erheitert lächelte. Nach seinen nächsten Sätzen jedoch straffte ich die Schulter und krallte mich neben mir in das Bettlaken. Theo. Er meinte sicher Theo. Dabei war es völlig undenkbar, dass er den Sohn des Königs getötet hatte. Oder dass ich Callum irgendetwas erzählen würde, was Theo in schlechtes Licht rücken ließ. Weitere Abneigung und Wut gegen Callum flammte auf, über solch bodenlose Andeutungen, die ihm in diesem Fall tatsächlich ernst schienen. Er wusste ganz genau, dass ich mit fast niemandem etwas außer Theo zu tun hatte.
„Ich bezweifle, dass ich Kontakt mit irgendeinem dieser wenigen habe, Callum“, antwortete ich eisig. „Und wenn du es genau wissen willst; Theo war gestern bei mir, falls du auf ihn anspielst. Er hätte keine Zeit gehabt, etwas derartiges zu tun, und außerdem kein Motiv. Er ist niemand, der seinen Treueschwur brechen würde.“ Der Blick, den ich ihm zuwarf, war genauso kalt wie meine Stimme. „Oder willst du etwas anderes behaupten?“

~~~

"Ich behaupte noch gar nichts.", erwiderte ich unbeeindruckt von ihrem hasserfüllten Blick. "Aber schön zu wissen, dass Theo eine Frau an seiner Seite hat, die ihn so inbrünstig verteidigt.", fügte ich wieder sichtlich amüsiert hinzu und stellte nun beide Beine wieder parallel nebeneinander. "Hoffen wir nur, dass ihn das nicht eines Tages in Schwierigkeiten bringt." Noch immer mit einem Schmunzeln auf den Lippen, stieß ich mich von dem Tisch ab und trat einen Schritt auf die verletzte Soldatin zu. "Und nein, dass war keine Drohung.", fügte ich hinzu, weil ich befürchtete, dass Theos Geliebte ansonsten noch ein Loch in ihre eigene Matratze rupfen würde. Von oben auf Eder herabblickend, ließ ich meinen Blick über die Frau gleiten, die durch mein Eingreifen überhaupt erst ans Bett gefesselt war. "He Eder, atmen nicht vergessen.", erinnerte ich sie schmunzelnd und hob beide Hände kurz, um ihr zu signalisieren, dass ich keine Gefahr darstellte. "Es wird dich übrigens freuen zu hören, dass ich darum gebeten habe, dich weiterhin in meinem Dienst behalten zu dürfen."

~~~

Sein Amüsement brachte mich auf, allerdings sagte ich mir, dass ich mich wieder zügeln sollte. Beunruhigt hörte ich ihm zu und fixierte ihn dabei mit den Augen. Als er auf mich zutrat, fuhr meine Hand unter mein Kissen, nur für den Notfall und zur Beruhigung. Zugegebenermaßen entspannte mich seine Gegenwart nicht gerade. Nicht, dass ich ihm je vertraut hätte, allerdings hatte der Hieb eines in der Theorie Verbündeten einfach eine sehr beunruhigende Wirkung.
„He Eder, atmen nicht vergessen“, sagte er mit einem Schmunzeln und ich warf ihm einen wütenden Blick zu. So sehr brachte er mich nicht aus der Ruhe.
„Es wird dich übrigens freuen zu hören, dass ich darum gebeten habe, dich weiterhin in meinem Dienst behalten zu dürfen.“
Ich sah ihn ungläubig an, legte mir dann eine Hand auf die Stirn und lachte bitter, was wehtat. Damit bot sich für Callum natürlich eine gute Gelegenheit, mich im Auge zu behalten. Innerlich verfluchte ich Corboz dafür, mich herabgestuft zu haben, und schrieb ihm ein weiteres Mal die Schuld zu, obwohl mir klar war, dass ich mich nicht hätte gefangen nehmen lassen dürfen, denn dann wäre ich nie in dieser Weise mit Callum... in Verbindung gekommen.
„Und dem wurde stattgegeben?“, fragte ich schließlich und lehnte mich ein Stück in die Kissen zurück. „Soweit ich gehört habe, scheint dir Eochaid aktuell recht zugetan zu sein. Wobei ich bezweifle, dass Corboz irgendetwas dagegen einzuwenden hatte, gerade aktuell.“
Ich strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. „Hast du schon Aufgaben oder war das nur ein besorgter Krankenbesuch?“

~~~

"Er hat zurzeit andere Sorgen, soviel steht fest.", bestätigte ich ihre Vermutung mit einem angedeuteten Kopfnicken und überging ihre anderen Aussagen fürs erste. Ihre nächste Frage jedoch ließ mich erneut lächeln. "Nur ein besorgter Krankenbesuch.", wiederholte ich Eders Worte süffisant. "Es ist mir sehr wichtig, dass du weißt, wie ehrlich besorgt ich um die bin, denen ich mein Vertrauen entgegen bringe.", setzte ich leise hinzu, während ich mein Gesicht langsam dem ihren näherte. "Das kann ich doch, nicht wahr?" Ich betrachtete die junge Frau einige Augenblicke abschätzig, ehe ein Grinsen über meine Lippen huschte. "Ruh dich aus. Es wartet viel Arbeit auf dich." Mit diesen Worten stupste ich ihr kurz gegen das Kinn, ehe ich mich wieder aufrichtete und Eder mit ihren Gedanken alleine zurückließ.

zuletzt bearbeitet 11.06.2017 21:19 | nach oben springen

#169

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 13.06.2017 13:04
von Fionien • Giftzwerg | 63 Beiträge



„Nur ein besorgter Krankenbesuch. Es ist mir sehr wichtig, dass du weißt, wie ehrlich besorgt ich um die bin, denen ich mein Vertrauen entgegen bringe“, sagte er und neigte den Kopf zu mir. Ich spannte mich an und umgriff mit klopfendem Herzen den Dolch fester.
„Das kann ich doch, nicht wahr?“, fragte er und musterte mich, ehe er grinste. Ich schluckte, aber er sprach weiter, bevor ich ihm eine Antwort geben konnte. „Ruh dich aus. Es wartet viel Arbeit auf dich.“ Und damit stupste er mir gegen das Kinn, stand auf und ging. Ich sah ihm sprachlos nach, zuerst verwirrt, dann wütend und schließlich nachdenklich. Noch immer war Callum ein Rätsel, das mir die Finger verbrannte. Aber ich musste lernen, meine Zunge in seiner Gegenwart zu zügeln, ganz eindeutig. Sonst musste ich bald nicht nur um meine Arbeit sondern auch um mein Leben fürchten.
Ich stand auf. Den Tag im Bett zu verbringen war verschwendete Zeit und ich hatte noch genug zu erledigen, was ich sonst immer hinten an stellte.
Waschen stellte sich als recht unangenehme Sache heraus, anziehen ebenfalls, allerdings hatte ich selbst Schuld, wenn ich nicht in der Lage war, jederzeit gewappnet zu sein. Ich flocht mir meinen üblichen Zopf und zog mich richtig an, die Rüstung darüber. Nach allem war ich dennoch Eder, eine Soldatin.
Ich steckte den Dolch ein, der sich kümmerlich anfühlte. Das Schwert an meiner Seite fehlte mir. Das war eines der Dinge, die ich heute leidlicher Weise besorgen musste, aber ich hatte ja Zeit, zur Abwechslung mal.
Dann machte ich mich auf den Weg durchs Schloss und stoppte schließlich vor Theos Tür. Ich klopfte zweimal. Er würde wissen wollen, wo ich hinging, und vielleicht hatte er Zeit und Lust, mich zu begleiten, dann war es nicht so eintönig. Und es würde mich freuen.

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#170

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 13.06.2017 19:26
von Pummel • Eumelchen <3 | 295 Beiträge



Ich versuchte nicht zu sehr darüber nachzudenken und mich darauf zu konzentrieren, was vor mir lag. Anfangs klappte dies sogar ganz gut. Ich duschte, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen und den lästigen Dunst loszuwerden. Kurz ärgerte ich mich über mich selbst, während ich den blauen Fleck auf meiner Schulter betrachtete. Dann schlüpfte ich in frische Sachen, um den gedanklichen Umbruch zu untermauern. Und danach entwich mir ein bitteres Lachen. Es gab nur einen gewissen Punkt bis zu dem man versuchen konnte sich selbst von etwas zu überzeugen. Nur so lange, bis die Ironie des eigenen Bestrebens nicht allzu offensichtlich an die Oberfläche trat. Ich hatte diesen Moment bereits vor einer Weile überschritten. Eine Tatsache, die mich wohl langsam verrückt machte. Mit einem Kopfschütteln trat ich aus meiner Kammer und folgte dem Instinkt, der im Augenblick am ausgeprägtesten erschien. Ich floh.
Auch, wenn ich genau wusste, wie unvernünftig dieses Verhalten war, kehrte ich zum See zurück, an dem ich Annie das letzte Mal lebend gesehen hatte. Ich sah einige, verkohlte Leichen und redete mir ein, dass keine davon meine Freundin war. Ich leugnete den Gedanken daran geradezu. Wie ein dummes Kind, welches nicht wusste, wann es an der Zeit war aufzuhören, durchstreifte ich die Wälder nach dem kleinsten Hinweis darauf, dass sie noch lebte. Es war die einzige Handlung, die stark genug war, um alles andere auszublenden. So sehr, dass ich nicht hörte, wie jemand näherkam. Erst, als die hochgewachsene Silhouette unmittelbar vor mir auftauchte, verharrte ich in meinen Bewegungen und starrte perplex zu ihm hinauf, ehe mir das erste entwich, was mir in den Sinn kam. „Du.“
„Ich.“, erwiderte er ohne die kleinsten Anzeichen des Zögerns, ehe das amüsierte Lächeln auf seinen Lippen merklich in die Breite ging.

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#171

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 13.06.2017 21:08
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge





Zum ersten Mal in meinem Leben verspürte ich tatsächlich Erleichterung, als ich gemeinsam mit Ethan die unterirdischen Tunnel betrat, in die uns Eochaid gezwungen hatte. Bisher war mir die Bedeutung dieses Ortes nie wirklich bewusst gewesen. Ein Zufluchtsort ja, aber auch ein Gefängnis, das uns auferzwungen wurde. Jetzt war ich nur dankbar, hierhin zurückkehren zu können. Und mit der Versicherung, dass Kilian noch am Leben war, fühlte sich der Weg durch die Tunnel sofort weniger beschwerlich an, als die vergangene Wegstunde, in der meine Gedanken nur noch darum gekreist waren, wen ich bei meiner Rückkehr nicht mehr antreffen würde. Mein Begleiter wirkte jedoch um einiges bedrückter, als wir schließlich das einladende Gewölbe erreichten und da er mir zuvorkam, blieb mir in diesem Moment nur zu hoffen, dass dieser Umstand lediglich auf seine Erschöpfung zurückzuführen war. "Ich denke schon...", gab ich besorgt zurück, ehe ich mich zu einem Lächeln zwang und zu den heraneilenden Azallen blickte. Astraea war die erste, die mir um den Hals fiel und mit einem erstickten Lachen erwiderte ich ihre stürmische Umarmung. Also hatten sich meine Vermutung bewahrheitet und mein Bruder hatte es geschafft sein Mädchen in Sicherheit zu bringen. "Ich bin auch froh, dich zu sehen.", erwiderte ich amüsiert auf ihre Bemerkung, ehe meine Aufmerksamkeit auf Rowan gelenkt wurde, der mich und Ethan entgeistert anstarrte. "Wir haben sie natürlich gewonnen...", antwortete ich mit einem schiefen Grinsen, ehe ich mich wieder etwas unschlüssig zu der rothaarigen Azalle wenden wollte. Doch noch bevor ich weitere Auskünfte von meiner Freundin erhalten konnte, trat eines der jüngeren Mädchen auf mich zu und abermals geriet ich in eine Umarmung, die mir die Luft aus den Lungen drückte. "Wir sehen uns nachher?", rief ich Astraea noch zu, die in der auftauchenden Menge unterging. Die nächsten Momente überforderten mich zugegebenerweise. Ich war erleichtert und froh über jedes Gesicht, jede Umarmung und doch war ich dankbar, als Rodrick sich Platz verschaffte und den Großteil der Leute zurück zu ihren Aufgaben scheuchte. "Bei den Göttern, wollt ihr sie gleich ganz kaputt machen?" Kopfschüttelnd wandte sich der Azalle mir zu und grinste breit, bis sein Blick auf Ethan fiel. Misstrauen zeichnete sich in den Zügen meines Gegenübers ab und jetzt, da ich Zeit und Luft hatte mich umzusehen, bemerkte ich, dass er nicht der einzige war, der meinem Begleiter zweifelnde Aufmerksamkeit schenkte. Stirnrunzelnd drehte ich mein Gesicht zu dem Mann, den ich nach dem Erlebten nicht mehr wie einen Fremden ansah, auch wenn ich die Bedenken meines Volkes durchaus verstehen konnte. Glücklich war ich dennoch nicht darüber. "Rowan hat recht. Wir sollten deine Verletzungen von jemandem ansehen lassen, der bewanderter auf diesem Gebiet ist.", sagte ich an den Dunkelblonden gewandt und trat lächelnd auf ihn zu. "Ich werde später alles erklären.", versprach ich den restlichen Umstehenden, ehe ich Ethan bedeutete mir zu folgen und hörbar aufseufzte, als wir das Lager durchquerten. "Aber zuerst brauchen wir ein Bad...", bemerkte ich mit einem müden Lächeln, ehe ich meine Augen suchend durch das Gewölbe schweifen ließ. Wo steckte nur Kilian? Und was war mit den Menschen, die ich noch nicht zu Gesicht bekommen hatte? Da war es wieder. Dieses mulmige Gefühl in meinem Inneren, das durch die Aufregung kurzzeitig verdrängt worden war und nun umso erbarmungsloser zurückkehrte. Instinktiv suchte ich die Nähe, die mich die vergangenen Erlebnisse hatte durchhalten lassen und legte Ethan aufmunternd lächelnd meine Hand gegen die Brust. "Mach dir keine Sorgen. Sie werden dich lieben, sobald sie dich kennen."


Liebe ist nur eine weitere Methode anderen Leid zuzufügen <3
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#172

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 14.06.2017 00:38
von Pummel • Eumelchen <3 | 295 Beiträge



Es dauerte nicht lange, bis sich eine kleine Menschentraube um uns herum versammelt hatte. Mir fiel eine junge, rothaarige Frau auf, deren Blick ich kurz auf mir spürte. Irgendwie hatte ich das Gefühl sie von irgendwoher zu kennen. Doch noch ehe ich darauf kommen konnte, stürzte sie sich bereits auf meine Begleiterin und fragte sichtlich aufgebracht danach, was geschehen war. Ihr Beisatz bewirkte, dass meine Augen irritiert zu Aneela wanderten. Kam es öfter vor, dass sie zu Schaden kam und verletzt zum Lager zurückkehrte? Oder versuchte die Frau mir diesem Scherz die Tragik der Ereignisse der letzten Tage zu mildern? Prompt meldete sich bereits eine zweite Person zu Wort und wollte wissen, was geschehen war. Ein junger, offensichtlich verwundeter Mann, der fast im selben Atemzug wissen wollte, ob wir ebenfalls eine Schlägerei verloren hatten. Noch ein Scherz? Oder waren sich manche der Azallen hier nicht im Klaren darüber, was am See vorgefallen war? Vielleicht sprach der Mann auch im Delirium und brachte die Sachverhalte gerade ein wenig durcheinander. Zumindest Aneela nahm seine Worte mit Humor auf und versicherte ihn darüber, dass wir natürlich gewonnen hatten. Wenn man die Flucht aus den Kerkern als Sieg bezeichnen konnte, hatten wir das wohl tatsächlich. Die nächsten Worte des Dunkelblonden hörte ich nicht mehr richtig, da immer mehr Leute darum bemüht waren zu Aneela vorzudringen und mich dabei zwangsläufig von ihr wegdrängten. Eine Tatsache, die mich nicht sonderlich störte oder verwunderte. Schließlich war ich für diese Leute ein Fremder. Ich war schon dankbar darüber, dass sie mich nicht an Ort und Stelle steinigen wollten, weil mein Auftauchen zu einem recht ungünstigen Zeitpunkt stattgefunden hatte. Darum bemüht nicht das Gleichgewicht zu verlieren, machte ich den Leuten Platz und seufzte erleichtert auf, als einer der vernünftigeren Azallen sich schließlich erbarmte und die Menge wieder auseinandertrieb. Überrascht hob ich den Blick, als ich Aneelas Stimme hörte, die darauf bestand, dass sich jemand fachkundiges meine Verletzungen ansah. Sobald sie den Anwesenden versprochen hatte alles später zu erklären, deutete sie mir bereits an ihr zu folgen, was ich verständlicherweise tat, sobald sie sich in Bewegung setzte. Mich überraschte es ein wenig, dass sie ausgerechnet mit mir vorliebnahm. Gab es denn niemanden im Lager, den sie gerade dringender sehen wollte? Oder war es immer noch das schlechte Gewissen, welches sie entgegen ihrer Wünsche handeln ließ? Nachdenklich betrachtete ich sie, als ihr ein Seufzen entwich.
"Aber zuerst brauchen wir ein Bad..." Diese Feststellung verleitete mich tatsächlich zu einem schiefen Lächeln. „M-mh.“, brummte ich nur zustimmend. Während sie sich umblickte, nutzte ich die Zeit, um ihr Gesicht zu betrachten. Bevor ich jedoch wieder in meinen eigenen Gedanken versinken konnte, tauchte die Azalle unerwartet vor mir auf und brachte mich somit zum Stillstand. Im nächsten Augenblick spürte ich bereits ihre Hand an meiner Brust. Eine Geste, mit der sie augenblicklich meine gesamte Aufmerksamkeit auf sich lenkte. „Sie werden dich lieben, sobald sie dich kennen."
Ich würde wohl nie erfahren, ob sie es erraten hatte oder einfach ein sehr gutes Gespür für solche Dinge besaß. Doch irgendwie war ich ihr für diese zuversichtlichen Worte dankbar. „Meinst du, ja?“, nuschelte ich leise, ehe ich eine Hand an die ihre legte und dabei kurz über ihre warmen Finger strich. „Das heißt dann wohl, dass ich auch lange genug hier bleiben sollte, um ihre Herzen für mich zu gewinnen.“ Ein kurzes Lachen entfuhr mir, welches jedoch recht schnell zu einem Husten überging. Kopfschüttelnd wandte ich mein Gesicht ab und legte eine Hand vor den Mund, bis ich mich wieder einigermaßen eingekriegt hatte. „Na komm. Es wird Zeit, dass wir wieder wie Menschen aussehen.“
Gemeinsam setzten wir unseren Weg durch das Lager fort. Nachdem wir Aneelas Zelt erreicht und uns dort mit frischer Kleidung und einigen Hilfsmitteln eingedeckt hatten, führte die Dunkelhaarige mich weiter durch das beeindruckende Gewölbe, bis wir schließlich einen schwach beleuchteten Gang erreichten und die nächsten Minuten damit verbrachten diesem zu folgen. Zeitweise war ich mir nicht ganz sicher, ob die Temperaturen um uns herum stiegen oder ob mein Fieber allmählich zurückkehrte. Irgendwann endete unser Pfad und wir erreichten einen Tunnel, der schließlich breiter wurde und in einer geräumigen Höhle mündete. Nun wurde auch klar, wieso es hier drin so warm war. „Nicht euer Ernst.“ Ich hatte mit vielem gerechnet. Doch nicht unbedingt damit, dass die hiesigen Azallen den Luxus von heißen Quellen ihr Eigen nennen konnten. Fasziniert betrachtete ich das kristallklare, azurfarbene Wasser und legte meine Sachen kurzerhand auf einem der Hocker ab, die in der Höhle verteilt waren. Die an den Wänden befestigten Fackeln spendeten ausreichend Licht, um sich zu orientieren und ließen diesen Ort nur noch surrealer erscheinen. Unschlüssig wanderten meine Augen zu der Azalle neben mir. „Ihr seid immer für Überraschungen gut, was?“ Schmunzelnd machte ich mich daran mich meines lädierten Oberteiles zu entledigen und musste recht schnell feststellen, dass dieses Unterfangen sich deutlich schwerer herausstellen würde, als angenommen. „Ich komme mir gerade so albern vor.“, gestand ich seufzend, während ich erfolglos versuchte den Stoff von meinem Körper zu lösen. „Erzähl‘s keinem weiter, ja?“

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#173

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 14.06.2017 19:25
von Pummel • Eumelchen <3 | 295 Beiträge



Wie lange war es bereits her, dass er die Hütte verlassen hatte? Annie hasste sich dafür, dass sie es nicht genauer einschätzen konnte. Es waren wahrscheinlich einige Minuten. Oder doch mehr? War es genug, um ihr den nötigen Vorsprung zu verschaffen, falls sie ihr Vorhaben in die Tat umsetzen sollte? Wenn sie ehrlich sein sollte, glaubte sie nicht, dass er versuchen würde sie mit allen Mitteln hier zu behalten. Anderenfalls hätte er die Tür hinter sich abgeschlossen oder sie beispielsweise ans Bett fixiert. Eine beunruhigende Vorstellung, die sie die Stirn runzeln ließ. Ihre Hand ruhte schon lange genug auf der Klinke der geöffneten Tür vor ihr, die zur Freiheit führte. Ein, zwei Schritte und sie wäre draußen und konnte versuchen zu ihren Liebsten zurückzukehren. Zugegeben, ihr Wunsch war ziemlich irrational. Es wäre vernünftiger noch ein paar Tage hier zu bleiben, bis ihre Verletzung halbwegs ausgeheilt war. Doch wie konnte sie tatenlos rumsitzen, wenn sie nicht wusste, wie es um die restlichen Azallen stand? Wie konnte sie es mit ihrem Gewissen verantworten hier zu sein, während andere womöglich vor Sorge umkamen?
Mit einem leisen Seufzen schob sie die Tür noch ein Stück weit auf, löste sich vorsichtig von ihrer jetzigen Stütze und trat hinaus in den Wald. Ihre Finger lehnte sie stattdessen an ihrem Bauch ab. Sie hoffte darauf, dass der sonderbare Fremde ihr die Flucht nicht übel nehmen würde. Vorsorglich hatte sie ihm eine kurze Nachricht auf einem verblichenen Blatt Papier hinterlassen. Damit er nicht dachte sie sei entführt worden. Auch, wenn er wahrscheinlich nur zu gut wusste, dass sich so gut wie niemand in diesem Teil der Wälder verirrte. Keiner außer dem Mann ohne Namen oder nennenswerte Kochkenntnisse.
Trotz ihrer Befürchtungen kam sie ganz gut voran; zumindest anfangs. Doch mit der voranschreitenden Zeit wurden auch ihre Schritte langsamer, die Atemzüge flacher. Ob ihr Retter am Ende wohl Recht behalten würde? Immer wieder wanderten ihre Augen zu ihren Fingern und dem Stoff unter dem sich der Verband befand, den er ihr angelegt hatte. Solange die Verletzung nicht wieder aufgehen würde, dachte sie sich, würde sie schon zurechtkommen. Nicht mehr lange und sie war wieder in Sicherheit. Während sie an dieser Hoffnung festhielt, sackten ihre Beine zum ersten Mal ein. Sie schaffte es gerade noch so nicht zu stolpern. Erschöpft lehnte Annie sich gegen einen alten Baumstamm und schloss für einen kurzen Moment die Augen, um ihre Kräfte zu mobilisieren.

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#174

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 14.06.2017 19:38
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge





„Das heißt dann wohl, dass ich auch lange genug hier bleiben sollte, um ihre Herzen für mich zu gewinnen.“
Ich hob meinen Blick wieder, der kurzzeitig auf unsere Hände abgesunken war und lächelte meinen Gegenüber warm an. "Das wird nicht so lange dauern...", erwiderte ich leise, doch meine Worte gingen in dem darauffolgenden Hustenanfall unter, der mich besorgt die Stirn runzeln ließ. Ich war gerade dabei abzuwägen, ob es nicht doch ratsamer wäre zuerst einen Heiler aufzusuchen, als Ethan eine nicht ganz abwegige Bemerkung von sich gab, die mich zustimmend nicken ließ, ehe ich unseren Gast an den wohl schönsten Platz unserer unterirdischen Behausung führte. Amüsiert über seine Reaktion beobachtete ich den Azallen und zuckte beiläufig mit den Schultern, als unsere Blicke sich trafen. "Wir müssen unsere Gäste doch gebührend in Empfang nehmen.", entgegnete ich und beobachtete Ethan dann abwartend bei seinen kläglichen Versuchen sich seiner Kleidung zu entledigen. Seine nachfolgenden, seufzenden Worte verleiteten mich indes zu einem weiteren Lächeln und nach kurzem Zögern, überwand ich die Distanz zwischen uns mit zwei kleinen Schritten und kam seiner stummen Bitte nach, ehe ich der Ausgesprochenen zustimmte. "Fest versprochen.", erwiderte ich leise, nachdem ich meinem Gegenüber geholfen hatte, das verdreckte Hemd abzustreifen und nicht zum ersten Mal von Ethans Blick gefangen genommen wurde. Eine Tatsache, die mich beunruhigt den Kopf sinken ließ. "Ich kann Geheimnisse auch für mich behalten, weißt du...", murmelte ich gedankenverloren, während meine Augen langsam über die Blessuren auf seinem Oberkörper wanderten. Es würde wohl noch eine ganze Weile dauern, bis die Spuren dieser Gefangenschaft gänzlich verschwinden würden und eine davon würde ihn für den Rest seines Lebens kennzeichnen. Resigniert blieb ich bei einer der dunklen Verfärbungen hängen und versuchte das Gefühl zu ergründen, dass mich seit Tagen quälte. Es hatte mich bereits dazu gebracht Dinge zu tun, die meine Eltern beschämen würden und begonnen nach und nach die Teile von mir zu verschlingen, die mich ausmachten. Suchte ich deshalb seine Nähe? Weil er die Veränderung nicht bemerken würde? Oder war er viel mehr der Anker, der mich vor alldem bewahren würde? Vielleicht auch nichts davon. "Wirst du den Rest alleine schaffen, oder soll ich dir dabei auch helfen?", hörte ich mich nach einigen weiteren Sekunden fragen, zupfte kurz an einem seiner Hosenbändel und hob dann verhalten schmunzelnd mein Gesicht wieder an.




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#175

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 14.06.2017 22:02
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge





Mit einem erleichterten Lächeln verfolgte ich aus einiger Entfernung Aneelas Rückkehr und die ihres Begleiters. Zwar tauchte mit der Azalle eine weitere Person auf, der ich möglicherweise irgendwann Rede und Antwort stehen müsste, aber durch deren unerwartetes Auftauchen sich mir auch die passende Gelegenheit bot, unbemerkt zu verschwinden. Es war schon verrückt, wie genau man im Auge behalten wurde, wenn man ein weiteres Lebewesen mit sich rumschleppte, was es mir bisher erschwert hatte, meinen alten Freund aufzusuchen, der mir noch immer eine Erklärung schuldete. Also legte ich mich in einigem Abstand zur Hauptstraße auf die Lauer und hoffte einfach darauf, dass das Glück mir treu war.
Die Stille des Waldes ließ mich auch die neusten Erkenntnisse überdenken und unschlüssig dachte ich an den Mann, der mir in meiner gestrigen Vision erschienen war. Er hatte sich augenscheinlich nicht verändert und ich hatte nicht mit den Zweifeln gerechnet, die sein "Auftauchen" in mir auslösten. Vielleicht hatte ich einen Fehler gemacht. Nicht den ersten zugegeben, aber dieser hier war möglicherweise noch rückgängig zu machen. Frustriert stieß ich die angestaut Luft aus meinen Lungen und erschrak fast zu Tode, als jemand neben mir plötzlich zu sprechen begann. Panisch sprang ich zur Seite und nur der rasche Griff des Neuankömmlings bewahrte mich vor einem weiteren peinlichen Landen in irgendeiner Hecke. "Was zum Henker treibst du hier?", fuhr mich die harsche Stimme meines "Retters" an und irritiert blickte ich dem Mann ins Gesicht, der noch immer mein Handgelenk umschloss. "Kol?", entfuhr es mir überrascht, ehe meine Mundwinkel in die Breite gingen, weil ich mich trotz allem freute ihn zu sehen. "So heiße ich nicht mehr...", erwiderte mein Gegenüber mit einem Stirnrunzeln und ich nickte langsam. "Ja, hab ich gehört. Callum..."





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zuletzt bearbeitet 14.06.2017 22:06 | nach oben springen

#176

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 15.06.2017 00:07
von Pummel • Eumelchen <3 | 295 Beiträge



Noch während ich gegen mein lästiges Hemd kämpfte, hörte ich, wie die Dunkelhaarige mir näherkam. Kurzerhand befreite sie mich aus meiner misslichen Lage, wodurch ich sie ansehen konnte, als sie die Stimme erhob und versprach das Erlebte nicht weiter zu erzählen. Eine durchaus noble Geste, die ich zu schätzen wusste. Selbst, wenn die Bitte bei weitem nicht so ernst gemeint gewesen war, wie es vielleicht den Anschein gehabt hatte. Ich wollte eigentlich etwas sagen. Doch dann merkte ich, dass sich ihre Gesichtszüge gewandelt hatten. Aneela hatte den Blick gesenkt und den Augenkontakt somit unterbrochen. "Ich kann Geheimnisse auch für mich behalten, weißt du...", murmelte sie in Gedanken, während ihre Augen über meinen lädierten Körper wanderten. Machte sie sich etwa wieder Vorwürfe? Oder Erinnerte das Bild vor ihren Augen sie an die Erlebnisse der letzten Tage? Ich war mir nicht ganz sicher, was sie letztlich mit ihren Worten meinte. Daher betrachtete ich sie kurz abwartend, bis sie erneut die Stille durchbrach. "Wirst du den Rest alleine schaffen, oder soll ich dir dabei auch helfen?" Dies war der nächste Umschwung, den ich innerhalb kürzester Zeit erlebte. Überrascht betrachtete ich ihr Gesicht, auf dem ein vorsichtiges Schmunzeln aufgetaucht war und spürte das zaghafte ziehen an meiner Hose nur am Rande. Vielmehr war ich darum bemüht aus ihrem Blick schlau zu werden. „Der Gentleman in mir würde jetzt wahrscheinlich höflich ablehnen.“, setzte ich schmunzelnd zu einer Antwort an und ahmte ihre Geste von zuvor nach, als ich meine Finger an ihre Wange lehnte. Kurz fuhr ich mit meinem Daumen über die warme Haut vor mir, ehe ich mich leise lachend vorbeugte und meine Stirn kurzerhand an die ihre lehnte. „Ja, das wird es wohl sein.“
Mit diesen Worten löste ich mich wieder von der Dunkelhaarigen und trat schwankend einen Schritt zur Seite, ehe ich mich meiner Hose entledigte und mit einem kleinen Lappen bewaffnet langsam zur Quelle trat. Nachdem ich auch das letzte Kleidungsstück von meinem Körper gestreift hatte, stieg ich seufzend ins Wasser. Vorerst setzte ich mich am Rand der Quelle hin, welche mir etwa zur Hüfte reichte. „Wundert mich ja fast, dass sonst keiner hier ist. Wenn wir sowas bei uns Zuhause hätten, könnte man mich wahrscheinlich kaum aus dem Wasser kriegen.“, nuschelte ich in Gedanken, während ich den Lappen nass machte und begann die Spuren der letzten Tage vorsichtig von meinem Körper zu spülen.

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#177

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 16.06.2017 22:21
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge



„Der Gentleman in mir würde jetzt wahrscheinlich höflich ablehnen.“
Gebannt verfolgte ich, wie Ethan seine Hand zu meinem Gesicht hob, während seines zeitgleich ein amüsiertes Schmunzeln zierte. Ich war mir nicht sicher, wie genau der Dunkelblonde es anstellte. Doch jede seiner nachfolgenden Gesten, löste eine kleine Welle von Schauern aus, die durch meinen Körper jagten und es mir unmöglich machten etwas anderes zu tun, als bewegungslos zu verharren. „Ja, das wird es wohl sein.“
Noch immer schweigend, wagte ich es nicht mich zu rühren und blickte dem Azallen lediglich verstohlen nach, als er sich Richtung Quelle begab und mir nur Sekunden später einen uneingeschränkten Anblick seiner Rückansicht bot. Ein Anblick, von dem es schwer war sich zu lösen und kopfschüttelnd ermahnte ich mich für meine albernen Gedanken. "Nun...", fing ich an, schlüpfte aus meinen Stiefeln und versuchte das idiotische Grinsen loszuwerden, das sich ungefragt auf meinen Lippen andeutete. "Es gibt nur die eine Quelle in erreichbarer Nähe. Normalerweise gibt es festgesetzte Zeiten und...Geschlechtertrennung.", fügte ich betont beiläufig hinzu und erkannte allmählich mein eigenes Dilemma. "Aber ich dachte, wir könnten eine Ausnahme machen.", fuhr ich fort, während mein Blick erneut kurz zu dem Mann huschte, dessen heiklere Regionen mittlerweile vom Wasser bedeckt waren. Etwas, das für mich ein wenig schwieriger zu bewerkstelligen wäre.
Zögerlich griff ich nach dem Stoff meines lädierten Kleides und befand, wie unerheblich solche Gedanken doch waren, ehe ich es meinem Begleiter gleichtat und mich aller lästigen Kleidung entledigte. Im Gegensatz zu ihm, begnügte ich mich jedoch nicht erst mit einer kleinen Kostprobe des heißen Wassers, sondern ging tiefer hinein und tauchte meinen Körper für einige Sekunden gänzlich unter Wasser, ehe mein Kopf wieder zur Oberfläche zurückkehrte und ich mir seufzend mit den Fingern durch die Haare strich. "Ich glaube, ich bleibe einfach für immer hier drin.", lächelte ich mit immer noch geschlossenen Augen und ließ mich rücklings ein wenig durchs Wasser treiben.


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#178

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 17.06.2017 19:01
von Pummel • Eumelchen <3 | 295 Beiträge



"Es gibt nur die eine Quelle in erreichbarer Nähe. Normalerweise gibt es festgesetzte Zeiten und...Geschlechtertrennung." Überrascht wanderten meine Augen zu meiner Begleiterin, die ihre Aussage jedoch recht schnell relativierte, als sie die jetzige Situation als Ausnahme bezeichnete. Meine Mundwinkel erhoben sich und ich setzte meine Tätigkeit fort. Nach und nach entfernte ich die Spuren der Gefangenschaft von meinem Körper und kam nicht umhin mich beim Anblick der zahlreichen roten und blauen Flecken selbst ein wenig zu bemitleiden. Es war schon eine Weile her, dass ich so ausgesehen hatte. Das meiste davon sollte mit der Zeit verschwinden. Doch manches würde ich wohl für immer mit mir rumschleppen. Meine Augen blieben nachdenklich auf dem kleinen Souvenir auf meiner Schulter haften. Trotz allem sah die Brandverletzung verhältnismäßig gut aus. Zweifelsohne der Verdienst von Aneela, die mich nicht einfach im Wald liegen gelassen hatte. Mit einem leisen Seufzen bewegte ich mich tiefer in die Quelle hinein. Das warme Wasser tat unbeschreiblich gut und ließ jedes meiner kleinen Wehwehchen in den Hintergrund treten. Aus den Augenwinkeln verfolgte ich, wie die Dunkelhaarige kurze Zeit darauf ebenfalls ins Wasser stieg. Sobald sie untergetaucht war, drehte ich meinen Kopf langsam in ihre Richtung und betrachtete sie dabei, wie sie das wohltuende Bad auskostete. Ich merkte nicht einmal, wie der nasse Lappen zwischen meinen Fingern entglitt. "Ich glaube, ich bleibe einfach für immer hier drin." Erst ihre Worte ließen mich realisieren, was ich da gerade tat, und mit einem Räuspern senkte ich meinen Kopf um mir das Gesicht auszuwaschen.
„Verlockend.“, nuschelte ich über mich selbst belustigt, ehe ich mich an ein paar Felsen an meinem Rücken lehnte, den Kopf in den Nacken warf und schmunzelnd die Augen schloss.
„Erzählst du mir etwas über dich, Aneela? Wie sieht deine Rolle in dem ganzen Menschengeflecht hier aus?“, fragte ich leise und lachte dabei auf. „Ich meine, wir haben mittlerweile so einiges gemeinsam überstanden... aber irgendwie weiß ich bis auf deinen Namen kaum etwas über dich.“

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#179

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 17.06.2017 22:12
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge



Gedankenverloren konzentrierte ich mich auf die Wärme, die meinen Körper umhüllte. Die Geräusche, die von den Höhlenwänden widerhallten. Das Gefühl der Schwerelosigkeit, die ich nur ungern hinter mir lassen wollte. Ein kurzes Abtauchen, ehe ich mich erneut der wirklichen Welt stellen musste.
Mit einem leisen Seufzen öffnete ich wieder die Augen und begann die Überbleibsel der vergangenen Tage von meiner Haut zu lösen. Ein leichter Schmerz durchzuckte mich, als meine Finger über die offene Stelle oberhalb meines Auges strichen und auf seltsame Weise verschaffte es mir eine gewisse Befriedigung. Abwesend wiederholte ich den Vorgang an meinem Unterarm und verzog das Gesicht, als meine Fingerkuppe die verletzte Haut nachfuhr. „Erzählst du mir etwas über dich, Aneela? Wie sieht deine Rolle in dem ganzen Menschengeflecht hier aus? Ich meine, wir haben mittlerweile so einiges gemeinsam überstanden... aber irgendwie weiß ich bis auf deinen Namen kaum etwas über dich.“
Irritiert hob ich den Kopf zu meinem Begleiter und betrachtete seine entspannte Haltung, die meine Mundwinkel zucken ließ. "So gesehen, weiß ich auch kaum etwas über dich. Noch weniger, als du über mich.", bemerkte ich und realisierte, wie wenig Beachtung ich dieser Tatsache bisher geschenkt hatte. Es war nie wichtig gewesen, auch wenn ich nicht abgeneigt war, mehr über meinen Gegenüber zu erfahren und offenbar ging es ihm ähnlich. "Ich bin eine Červeňák. Die Letzte, um genau zu sein. Kilian und ich haben nur die selbe Mutter.", begann ich zu erzählen, während ich nachdenklich meine Haare auswrang. "Einer der Gründe, warum mich der König unbedingt tot sehen will. Aber ich bin ihm wohl auch zu oft in die Quere gekommen. Oder eher dem Hauptmann. Beiden vermutlich...", meinte ich schulterzuckend und überlegte, was es noch zu erzählen gab. "Als meine Eltern starben, hätte ich also die Führung übernehmen müssen, aber ich...bin dem immer ausgewichen. Und Kilian wollte diese Verantwortung noch weniger tragen." Resigniert ließ ich meine Hände wieder sinken und bewegte mich dann langsam Richtung Ufer, ehe ich nach einem Handtuch griff und aus dem Wasser stieg. "Erasmus war derjenige, dem alle vertraut haben, aber nun...", sprach ich leise weiter und wickelte den weichen Stoff um meinen Körper, bevor ich mich zum ersten Mal bewusst an Ethan wandte und ihm ein schwaches Lächeln schenkte. "Was ist mit dir?"


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#180

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 18.06.2017 22:06
von Pummel • Eumelchen <3 | 295 Beiträge



Mit einem Schmunzeln verfolgte ich Aneelas nächsten Worte, als sie feststellte noch weniger über mich zu wissen, als ich über sie. Denn ehrlich gesagt hatte sie gar nicht mal so Unrecht. Als sie darauf hin trotzdem zu erzählen begann, lenkte ich meine Augen automatisch zu ihr und kam nicht umhin mir gewisse Fragen zu Stellen, für die ich mich in Anbetracht der Umstände am liebsten geohrfeigt hätte. Trotzdem hörte ich ihr aufmerksam zu, während sie mir die Geschichte ihrer Familie näherbrachte. Letztlich bewahrheiteten sich meine Vermutungen. Die Azalle war aus mehreren Gründen unentbehrlich für den Clan und zeitgleich ein Dorn im Auge des Königs und seiner Gefolgschaft. Die letzte Červeňák. Ich hatte den Namen im Laufe meines Lebens bereits einige Male gehört. Eine der reinsten Blutlinien; königliches Blut, wenn man es denn so bezeichnen wollte. Meine Mundwinkel erhoben sich, als ich realisierte, dass ich, ohne es anfangs zu merken, einer waschechten Prinzessin über den Weg gelaufen war. Ich lächelte immer noch, als Aneela sich schließlich, in ein frisches Handtuch gewickelt und wieder an Land, zu mir umwandte und nun ihrerseits Einblicke in mein Leben erhalten wollte. „Ich habe meine Eltern nie kennen gelernt.“, begann ich nachdenklich, nicht ganz sicher, wie ich die Details am besten aufrollen sollte. Mir ein Beispiel an der Dunkelhaarigen nehmend trat ich nun ebenfalls aus dem Wasser und trocknete flüchtig mein Gesicht und die Haare, ehe ich das Handtuch kurzerhand um meine Hüften band und anschließend langsam auf Aneela zutrat. „Die Geschichte geht folgendermaßen. Eines Nachts, als ich noch ein lästiger, brüllender Säugling war, fanden mich ein paar Pflegerinnen vor dem Tor zum einzigen Waisenhaus in Nivahlen. Ich war in ein großes Leinentuch gewickelt, welches die Farben Cerandíls trug. Ohne andere Optionen wurde ich aufgenommen und großgezogen, bis ich alt genug war für mich selbst zu sorgen. Dass ich ursprünglich von hier komme ist nur eine Vermutung. Deshalb habe ich auch lange gezögert, bis ich mich dazu entschieden habe nach Cerandíl zu reisen... naja... und hier bin ich.“ Mittlerweile war ich unmittelbar vor der Dunkelhaarigen zum Stillstand gekommen und blickte ein wenig amüsiert auf sie hinab. „Kann ich dir sonst noch etwas verraten?“


zuletzt bearbeitet 18.06.2017 22:22 | nach oben springen


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