#136

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 22.05.2017 00:10
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge



"Öffnet die Zelle", rief ich den Wachen am Ende des Ganges zu und kurz darauf erschienen zwei Soldaten, die meinem Befehl Folge leisteten. Es amüsierte mich, wie ruhig die Azallen blieben, zumindest nach außen hin und ich hätte dieses Verhalten sogar bewundert, wenn es nicht aus absoluter Ahnungslosigkeit entstanden wäre. "Fesselt ihn.", fuhr ich fort, während meine Augen auf der Dunkelhaarigen ruhten, deren Blick ihrem Zellengenossen galt. Das Lächeln auf meinen Lippen wurde breiter, als ich mein Schwert zog und mit der Klinge über den Hals der Azalle fuhr, die mich nun hasserfüllt betrachtete. "Verschwende keine unnötige Kraft, du wirst sie noch brauchen.", riet ich ihr, während die übrigen Soldaten Ethan auf den umgedrehten Eimer bugsierten und seine Hände hinter dem Rücken an den Gitterstäben befestigten. "Gut, bringt sie schonmal in die Kammer. Ich will noch ein paar Takte mit unserem unbekannten Gast wechseln." Die Azalle, die sich zu Beginn meiner Worte noch bereitwillig hatte abführen lassen wollen, schien plötzlich zu erstarren und ich blickte ihr und den beiden Soldaten zufrieden nach, ehe ich mich dem Mann vor mir widmete. "Keine Sorge, sie wird nicht lange warten müssen.", versicherte ich meinem Gegenüber und steckte mein Schwert zurück, ehe ich fortfuhr. "Ich lerne meine Mitmenschen immer gerne etwas besser kennen und um das Ganze ein bisschen interessanter zu gestalten, werde ich dir jetzt die Spielregeln unserer Unterhaltung erklären. Also pass gut auf, das ist wichtig." Ich ging in die Hocke um auf gleicher Augenhöhe mit dem Gefangenen zu sein, ehe ich weitersprach. "Ich werde dir jetzt ein paar ganz einfache Fragen stellen und möchte, dass du sie ehrlich beantwortest. Einfach, oder? Und um dir einen kleinen Anreiz zu verschaffen, werden sie abwechseln verschiedene Konsequenzen haben, solltest du sie nicht, oder unwahrheitsgemäß beantworten." Ich hielt einen Moment inne, ehe ich diese Spielregeln zu präzisieren begann. "Was dich erwartet kannst du dir vermutlich denken. Was die andere Sache betrifft. Du kannst dir sicher vorstellen, dass es hier eine Menge einsame Soldaten gibt, die vermutlich nichts gegen die Gesellschaft deiner kleinen Freundin einzuwenden hätten. Brichst du die Regeln bei ihren Fragen, werde ich für jedes Mal einem anderen Soldaten die Erlaubnis geben, sich ein wenig intensiver mit ihr zu beschäftigen." Ich wartete ein paar Augenblicke ab, ehe ich mich wieder aufrichtete und den Anderen aufmerksam musterte. "Also, fangen wir mit einer Frage für Aneela an. Wer bist du?"

~~~

Die Nacht war kürzer, als erhofft. Und der nächste Morgen brachte keine guten Neuigkeiten mit sich. Zu dieser Feststellung gelang ich, während ich in das Gesicht desjenigen blickte, der den Zeitpunkt meines Todes verzögert und gleichzeitig für unsere Gefangennahme verantwortlich war. Derselbe Mann, der ohne mit der Wimper zu zucken einen seinesgleichen wegen eines missachteten Befehles hingerichtet hatte. So, wie es aussah würde ich jeden meiner nächsten Schritte sorgsam abwägen müssen.
Trotz des ersten Impulses, verzichtete ich auf den waghalsigen Versuch meine Peiniger zu überwältigen und ließ mich kommentarlos und ohne große Widerwehr bewegungsunfähig machen. Dabei zuzusehen, wie Aneela ins Ungewisse abgeführt wurde, erwies sich schon schwerer. Doch meine Aufmerksamkeit wurde recht schnell von dem Fremden beansprucht, der mir versprach die Dunkelhaarige nicht lange warten zu lassen. Bei weitem nicht die Worte, die ich gerne gehört hätte. Die Erklärungen, die folgten, verstärkten das beklemmende Gefühl in meiner Brust nur noch. Mein Körper spannte sich unmerklich an, während meine Gesichtszüge jedoch unverändert blieben. Ich hatte mit so einer Wende gerechnet. Sie war schließlich der einzige Grund, wieso ich noch atmete. Trotz meines Missfallens, nickte ich dem Mann zu, ehe dieser sich wieder aufrichtete und seine erste Frage stellte. Noch war das Gespräch angenehm simpel. Er wollte wissen, wer ich war.
„Jemand, der sich die falsche Stadt als Ausflugsziel ausgesucht hat. Ich bin Ethan, ein Reisender aus Nivahlen.“, erwiderte ich langsam, ohne meine Augen von dem anderen zu lösen. „Darf ich auch Fragen stellen? Ich weiß normalerweise auch gerne, mit dem ich mich unterhalte…“

~~~

"Nivahlen also...", wiederholte ich und rieb mir nachdenklich das Kinn. Das erklärte zumindest, warum er keine Ahnung hatte, was auf ihn zukommen würde. "Ein denkbar ungünstiges Reiseziel für einen Azaleen. ", stimmte ich zu und grinste vergnügt, als er nun seinerseits Fragen an mich richten wollte. "Mein Name ist Callum. Sagen wir, ich bin der Mann, der gerufen wird, wenn die Angelegenheit ein wenig delikater wird.", gab ich bereitwillig Auskunft, ehe ich amüsiert fortfuhr. "Alles andere was es über mich zu wissen gibt, wäre schwer in Worte zu fassen. Ich überlasse es ganz dir eine Einschätzung zu treffen." Ich wartete ein paar Sekunden ab, ehe ich mich wieder dem eigentlichen Zweck dieser Befragung widmete. "Warum seid ihr nach Cerandíl gekommen? Die heikle Lage der Azallen hier ist weit über die Grenzen bekannt. Was ist so wichtig, dafür sein Leben zu riskieren?"

~~~

Zu meiner Überraschung zögerte der Fremde nicht mir seinen Namen und ein paar Details über sich selbst zu verraten. Ein Mann für spezielle Fälle. Ich würde mich ja fast geehrt fühlen, wenn ich nicht wüsste, dass ich ein nicht einkalkulierter Kollateralschaden war, der keinen wirklich interessierte. Eine Tatsache, die dieser Callum vor mir ziemlich bald herausfinden würde, wenn ich meine Antworten nicht interessanter gestalten würde. Die Frage an dieser Stelle war bloß, was letztlich besser wäre.
„Okay… dann bist du fürs erste der Kerl, der mir den Tag versaut hat.“
Nach einer kurzen Pause ging es auch schon weiter. Diesmal wollte man den Grund für meinen Aufenthalt in Cerandíl wissen. Ich versuchte nicht einmal das schiefe Grinsen auf meinen Lippen zu verbergen, als ich gelassen antwortete.
„Ich bin alleine hierher gereist. Eine persönliche Angelegenheit, die es eigentlich nicht wert ist nachverfolgt zu werden. Aber ich war noch nie der besonders vernünftige Typ.“

~~~

"Das ist mir aufgefallen.", erwiderte ich, die Mimik meines Gegenübers spiegelnd, ehe ich meine Gedanken nach einer geeigneten Frage durchforstete. "Ebenso wie dein Talent dafür deine Antworten sehr vage zu halten. Mal sehen, ob das bei deiner Nächsten auch so sein wird. Wir sind nämlich wieder bei Aneela anbelangt..." Aufmerksam richtete ich meine Augen auf den Gefangenen, um die Ehrlichkeit seiner folgenden Worte besser beurteilen zu können. "Besitzt du magische Kräfte? Und ja, du darfst sie mir in allen Einzelheiten erklären."

~~~

„Och, die ist gut. Es kann nie Schaden zu wissen, ob ein Gefangener einem gefährlich werden könnte.“
Mit einem anerkennenden Nicken schloss ich kurz die Augen und verlagerte dabei mein Gewicht, in dem vergeblichen Versuch eine weniger beschwerliche Position zu finden, zur Seite. Die Fesseln scheuerten unangenehm an meiner Haut. Und auch meine Schulter war nicht besonders begeistert über die jetzige Haltung. Resigniert verzog ich das Gesicht, als ich erneut zu Callum blickte.
„Jedenfalls… was das angeht bin ich auch nicht besonders begabt. Ich versuche sie nach Möglichkeit nicht einzusetzen, weil ich es nicht unter Kontrolle habe.“
Ich stockte kurz, weil es eine Weile her war, seit ich über diese Fähigkeit gesprochen hatte. Doch es war offensichtlich, dass mein Gesprächspartner sich mit so einer Antwort nicht zufrieden geben würde. Also seufzte ich ergeben und sprach weiter.
„In meiner Nähe spielen Schatten manchmal verrückt. Spätestens, wenn ihr mich an meine Grenzen bringen solltet, könnt ihr euch auf ein Spektakel einstellen. Außer du möchtest jetzt schon eine Kostprobe bekommen…“, sagte ich leise und warf meinem Gegenüber dabei einen fragenden Blick zu.

~~~

Das unnötige Geschwafel ausblendend, konzentrierte ich mich auf die wichtigen Informationen, die er mir preisgab und fragte mich unweigerlich, ob er immer so viel redete, oder nur versuchte Zeit zu schinden. Letzteres hätte jedoch ein gewisses Maß an Raffinnesse vorausgesetzt, gepaart mit einem Plan zu entkommen. Ersteres würde ich nicht mal bestreiten wollen, doch ohne Hilfe hier ausbrechen? Meine Gedanken huschten zu Katelyn, die vermutlich schon dabei war Vorkehrungen zu treffen. Deshalb wollte ich dieses Spiel auch nicht unnötig in die Länge ziehen. "Es wird mehr Spaß machen, diese Fähigkeit heraus zu kitzeln.", entgegnete ich mit einem kleinen Lächeln, ehe ich zu meiner letzten Frage ansetzte. "Wenn du die Wahl hättest zu entscheiden, welcher von euch beiden freigelassen wird, für wen würdest du dich entscheiden?"

~~~

Das schiefe Lächeln, welches nach seiner Antwort aufgetaucht war, verblasste bei der nächsten Frage, die er an mich richtete. Mir fielen nicht viele Gründe dafür ein, wieso er ausgerechnet sowas wissen wollte. Und im Moment machte keiner davon wirklichen Sinn. Auch, wenn mir viele, ausschweifenden Antworten auf der Zunge lagen, beschränkte ich mich schlussendlich auf ein einzelnes Wort.
„Sie.“

~~~

Es war schon eigenartig, wie schwer ein einzelnes Wort wiegen konnte. Wie ein einzelnes Wort ein ehrliches Lächeln auf meine Lippen legen konnte. Welche Auswirkungen es haben würde. "Weißt du, das glaube ich dir sofort.", erwiderte ich und verschränkte zufrieden die Arme vor der Brust. "Und weißt du, was ich noch glaube? Dass sie sich ebenfalls für dich entscheiden würde." Der einzige Grund, warum Ethan überhaupt noch lebte und da er sich dieser Tatsache vermutlich bewusst war, verzichtete ich darauf meine Gedanken laut auszusprechen. Ich verspürte sogar einen Anflug von Mitleid. Nicht, weil mich ihre Opferbereitschaft rührte, sondern weil diese Schwäche ihnen immer im Weg stehen würde. Ohne sie wäre keiner von beiden in dieser Lage.
"Schön, ich habe alles, was ich wissen musste.", fuhr ich fort und lenkte meine Schritte Richtung Zellentür. Bevor ich jedoch hinaustrat, unterbrach ich meinen Weg und wandte meinen Kopf wieder Ethan zu. "Mein ursprünglicher Plan war eigentlich, dich zu benutzen um Aneela zum Reden zu bringen. Doch es gibt nur eine Information, die ich haben will und ich bin mir sicher, dass du die Antwort darauf ebenso kennst." Ich musterte den Azallen und das Lächeln auf meinem Gesicht veränderte sich, ehe ich weitersprach. "Dieses Spiel funktioniert also auch umgekehrt. Mit dem Unterschied, dass sie vermutlich nie ihre Familie verraten würde. Aber wenn du dein eigenes Leben für ihres geben würdest. Warum dann nicht auch das der anderen Azallen?" Ich zuckte unbekümmert mit den Schultern, ehe ich ein Messer aus meinem Waffengürtel zog und es beiläufig in meiner Hand kreisen ließ. "Und falls ich mich irren sollte, haben zumindest einige Soldaten ihren Spaß gehabt. Und wir haben ja zum Glück genug Zeit noch ein paar andere meiner Theorien zu testen, nicht wahr?" Da ich ihm nun den Sinn unserer kleinen Unterhaltung näher gebracht hatte, trat ich aus der Zelle hinaus, verschloss sie wieder und machte mich auf den Weg zu der Frau, die mir die nötigen Informationen beschaffen würde. Ob sie wollte, oder nicht.


Liebe ist nur eine weitere Methode anderen Leid zuzufügen <3

zuletzt bearbeitet 26.05.2017 22:45 | nach oben springen

#137

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 22.05.2017 15:49
von Eriana • Grünschnabel | 15 Beiträge



Der Mann reichte mir einen der Äpfel aus dem Korb. Zufrieden biss ich gleich hinein und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. Dann ermahnte er mich, mich nicht in den Gängen herumzutreiben. Und schließlich schlug der Mann vor, mir mehr zu essen zu suchen und bedeutete mir, voranzugehen. Einen Moment überlegte ich, mich dumm zu stellen, damit ich noch bleiben konnte. Dann aber dachte ich an den Apfel in meiner Hand, den er mir gegeben hatte und zuckte mit den Schultern. Es konnte ja nicht schaden, erstmal zu tun, was er wollte.
Ich verließ die Höhle langsam, aber die Erwachsenen redeten so leise, dass ich sie nicht verstehen konnte. Dies waren Menschen, die gut darin waren, Geheimnisse zu wahren und die ihre Vorsicht auch nicht vor einem Kind fallen ließen. Schade. Aber das machte nichts. Ich knabberte weiter an dem Apfel und überlegte, was ich nun tun sollte. Zurück konnte ich nicht. Vielleicht konnte ich ja jemanden finden, der sich um mich kümmerte. Vielleicht konnte ich sogar etwas über meine Eltern herausfinden. Vielleicht hatte jemand hier sie gekannt.
Dieser Gedanken ließ mich fröhlicher vorangehen. Bevor ich mir aber einen Plan zurechtlegen konnte, wurde ich daran erinnert, dass der Mann sich ja gerade erstmal dazu bereit erklärt hatte, auf mich aufzupassen. Er holte mich im Gang ein, wo mich der Wächter überrascht musterte und sich vermutlich fragte, wo ich plötzlich herkam. Ich warf ihm ein verschmitztes Grinsen zu und setzte dann meine Unschuldsmiene auf, als der Mann zu mir kam und mich nach meinem Namen fragte. „Ich bin Luca“, erwiderte ich. „Kennst du Enngelin? Ich hab sie wirklich lieb.“
Ich leckte mir die Finger ab und blickte dann zu ihm auf. „Wie heißt du denn?“ Wir kamen wieder zu dem großen Platz mit den vielen Zelten. Ich blieb stehen und warf dem Mann ein strahlendes Lächeln zu. „Vielen Dank für den Apfel. Er ist sehr lecker.“

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#138

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 22.05.2017 19:53
von Venhedis • Höllenfürstin | 38 Beiträge



Astraea

Ich zog eine Augenbraue hoch und wollte dem Knaben grade erklären, dass er sich Äpfel auch ganz einfach von den Vorratskisten holen könne, als Kilian ihm einen aus dem Korb nahm und sich dann zu mir vorbeugte.
Bei den Göttern, sie war gefesselt, hatte keine Waffen bei sich und Rodrick stand kurz vor dem Eingang, was sollte da schon passieren? "Du sorgst dich zu sehr um mich", sagte ich ihm und unterdrückte das Bedürfnis, mit den Augen zu rollen. Nachdem er mit dem Jungen verschwunden war, drehte ich mich zu der Frau um und setzte mich dann vor sie auf den Boden. Irgendwie war es wirklich seltsam für mich, auf andere herabzublicken. "Ich heiße im Übrigen Astraea Pettirosso und Ihr?", fragte ich sie schließlich, nachdem ich den Rock meines Kleides halbwegs ordentlich hinzog.

Eder

Kurz überlegte ich, ob ich meinen vollen Namen sagen sollte und entschied dann, dass es nicht wirklich einen Unterschied machte, wenn man von meinem Stolz ausging.
"Mein Name ist Eder Revanstone." Mit schief gelegtem Kopf musterte ich die rothaarige Frau. "Ich würde Euch die Hand reichen, aber das muss ich wohl auf einen anderen Zeitpunkt verschieben." Meine Hand zuckte in den Fesseln, die ein klirrendes Geräusch von sich gaben, und ich lächelte schief. Dann verebbte das Grinsen langsam und ich sah sie ernst an. Sollte sie Informationen wollen, hatte ich bereits ihrem Partner geantwortet, dass ich keine besaß. Schließlich öffnete ich dennoch den Mund. "Darf ich fragen, wer der Mann eben war?" Es störte mich, alle nur mit "dem Mann" und "dem Jungen" betiteln zu können und es zerrte an meiner Würde.

Astraea

Eder also... Ich erwiderte ihren musternden Blick und musste zugeben, dass es mich überraschte, wie gelassen sie schien. Gehörte das zur Ausbildung der Soldaten und einfach zu ihr?
"Solange Ihr mir dann nicht direkt die Fesseln anlegt können wir das gerne nachholen", stimmte ich ihr zu und verkniff mir den Kommentar darüber, dass sie vermutlich die erste war, die mich so ansprach. Selbst Liam duzte mich meistens... wobei wir nie wirklich viel miteinander redeten.
"Hm? Ja natürlich dürft Ihr fragen. Der Mann grade eben war Kilian", antwortete ich und musterte sie dann ein weiteres Mal. "Wie kommt es, dass Ihr eine Soldatin wurdet? Die meisten Frauen, die ich in Cerandil sah wären dafür viel zu... fragil", fragte ich sie als meine Neugier die Überhand gewann. "Oh, und sagt Bescheid, wenn Ihr etwas essen möchtet. Ich bin mir sicher, dass ich mit dem Golem da draußen aushandeln kann, dass man Euch die Hände wenigstens vor dem Körper fesselt", fügte ich schnell noch hinzu.

Eder

Kilian, gut zu wissen. Sein Name war mir nicht geläufig, allerdings war dies kein Wunder bei den kümmerlichen Informationen über die Azallen, die Corboz besaß, und von denen noch weniger meine Ohren erreichten.
"Ich stamme auch nicht aus Cerandil", erklärte ich schlicht und überlegte dann, ihr durchaus humorvolles Angebot anzunehmen. Noch immer bestand die Möglichkeit, dass man mich vergiften wollte, und mit meinem Tod wollte ich mich eigentlich noch nicht anfreunden. Dafür war ich nicht hoffnungslos genug.
Die Fesseln statt auf dem Rücken vor meinem Körper zu haben würde mir angenehme bewegungsfreiheiten ermöglichen, wenn nicht sogar kümmerliche Trainingsansätze.
"Ich lehne Euer Essensangebot fürs erste ab, allerdings wäre ich Euch durchaus verbunden, wenn man mir die Hände anders fesseln könnte." Ein wenig wunderte ich mich darüber, wie abneigend sie vor mir über ihre Verbündeten sprach, allerdings wollte sie sich eventuell auch nur einschmeicheln.

Astraea

"Also ebenfalls keine Einheimische", murmelte ich und nickte kurz. Ich überlegte kurz, ob sie sich wohl an mich erinnern könnte vom gestrigen Abend. Sie schien jedenfalls keinen Groll gegen mich zu hegen, wobei es auch nicht wirklich meine alleinige Schuld war, dass sie in den Fluss fiel. Gut, an ihrer Stelle wäre mir das ziemlich egal, aber dennoch. "Wie Ihr meint", entgegnete ich ihr und zuckte mit den Schultern, bevor ich mich aufrichtete. "Leider kann ich Euch nicht versprechen, dass er einwilligen wird, wenn Ihr nichts essen möchtet, aber ich werde sehen, was ich tun kann"

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#139

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 22.05.2017 21:48
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge




Die Unbekümmertheit des Jungen schien irritierenderweise ein Stückweit auf mich überzugehen und es fiel mir leicht, mein Lächeln aufrechtzuerhalten, während er mir seinen Namen verriet. "Luca also...", erwiderte ich freundlich, ehe er mich nach Engelinn fragte, was meine Gedanken wieder auf unangenehmere Themen lenkte. "Engelinn ist eine Freundin." nickte ich zustimmend und unterdrückte ein leichtes Grinsen bei seinem Zuneigungsgeständnis. Wenn nur alle so einfach ihre Gefühle preisgeben könnten.
„Wie heißt du denn?“ Lucas Stimme lenkte meine abschweifenden Gedanken schnell wieder auf die Gegenwart. "Ich bin Kilian. Engelinn hat mich mal vor einem Wolf gerettet...", erzählte ich ihm mit leiser, dramatischer Stimme, beugte mich etwas zu ihm hinab und zwinkerte ihm dann ebenso schelmisch zu, wie er es zuvor getan hatte. Als er sich daraufhin für den Apfel bedankte, richtete ich mich wieder auf, strubbelte ihm durch die Haare und ließ meinen Blick durch das Gewölbe schweifen. "Jetzt sehen wir erstmal, das wir dir etwas Ordentliches besorgt bekommen."
Wäre der Junge einige Tage zuvor aufgetaucht, hätte ich ihn vermutlich umgehend zu Sherin gebracht. Doch wie so viele andere, war auch sie unter den Opfern gewesen, die ich wenige Stunden zuvor verbrannt hatte. So viele Menschen, die ich nie wieder sehen würde. Gesichter, die mich mein ganzes Leben lang begleitet hatten. Umso erstaunter war ich, als ich plötzlich eines erkannte, das mir ebenso vertraut war, auch wenn die Person vor einigen Monaten aus heiterem Himmel verschwunden war. Doch ihr Auftauchen war nicht die größte Überraschung. "Was zum...", entfuhr es mir offenbar ein wenig zu laut, denn Lexy wandte sich augenblicklich zu uns um und ich schloss eiligst den Mund. "Überraschung?", begrüßte mich die verschollene Azalle auf ihre ganz spezielle Art, doch ich spürte gleich, dass man sie bereits über die aktuelle Situation in Kenntnis gesetzt hatte. Auch ihr schien klar zu sein, was gerade durch meinen Kopf ging und für einige Augenblicke sahen wir uns schweigend an, ehe wir zeitgleich die Distanz zwischen uns überbrückten und ich unsere Freundin fest in die Arme schloss. "Hey vorsichtig, ich bin nicht mehr alleine unterwegs.", lachte Lexy halbherzig auf. "Ist mir aufgefallen.", entgegnete ich und war in diesem Moment einfach nur froh einen Menschen zurückbekommen und nicht verloren zu haben. "Du aber auch nicht.", entgegnete sie, als sie sich aus meiner Umarmung gelöst hatte und nun freundlich auf das Kind neben mir herabblickte. Für einen Moment verstand ich nicht, was sie damit meinte, bis mir Lucas Anwesenheit erst wieder in den Sinn kam und ich rasch wieder eine heitere Miene aufsetzte. "Das ist Luca. Er ist unser...Gast.", schloss ich ein wenig zerstreut, immerhin hatte ich bisher immer noch nicht in Erfahrung bringen können, wie der Junge hierher gekommen war. "Lexy ist auch eine alte Freundin.", setzte ich erklärend an Luca hinzu und mir wurde klar, dass die Azalle in nicht allzu ferner Zukunft ebenfalls ein Kind haben würde. Diese Vorstellung war so abstrus, dass ich mich zurzeit lieber nicht damit beschäftigen wollte.
Während Lexy das Wort an Luca richtete, kam mir jedoch eine Möglichkeit in den Sinn, wie ich in Erfahrung bringen konnte, was mit den Menschen passiert war, die ich nicht entdeckt hatte. Aneela, Annie, Ethan. Zögernd sah ich zu der Azalle, die meinen Blick zu spüren schien und sich deshalb stirnrunzelnd wieder erhob. "Was brauchst du?" Ertappt blickte ich sie einen Moment resigniert an, ehe ich Luca zur Seite nahm und dabei Serena erblickte, die nicht weit entfernt an uns vorbeiging. "Hey Serena!", rief ich der jungen Medizinerin zu, erklärte ihr kurz, dass ich etwas zu erledigen hätte und bat die Frau, für diese Zeit ein Auge auf den Jungen zu haben. "Danke.", sagte ich, noch ehe sie wirklich die Gelegenheit hatte zuzustimmen, zwinkerte Luca noch zum Abschied zu und ging wieder zu Lexy hinüber. "Aneela ist verschwunden. Und Annie...", begann ich und sie nickte traurig lächelnd. "Schon gut. Lass uns gehen." Noch immer nicht sicher, ob ich Lexy und das Kind dieser Gefahr aussetzen wollte, spürte ich mich ebenfalls nicken und sah dann Rodrick an uns vorbeilaufen, der offenbar eine Ablöse gefunden hatte. Das brachte mich auf eine Idee.


Wären die Umstände andere gewesen, hätte der junge Mann sich vermutlich verraten, noch bevor er überhaupt nah genug an die Rothaarige herangetreten war. So jedoch ließ ihn der Anblick der Soldatin sein Gesicht wahren und kein verdächtiges Zucken seiner Mundwinkel deutete auf das Kommende hin.
Die beiden Frauen nahmen kaum Kenntnis von seinem Auftauchen, weshalb Rodrick sich unauffällig seinem Opfer näherte, die völlig ahnungslos dem Folgenden ausgeliefert war. Ohne weitere Vorwarnung überwältigte er die Azalle, die sich kurz darauf in einigem Abstand von der Gefangenen, jedoch in der gleichen Position wie diese widerfand.
"Entschuldige Astra, Anweisung von Kilian.", erklärte er der verdatterten Frau und kontrollierte noch einmal die Fesseln. "Er musste weg und ich sollte dafür sorgen, dass du nicht wieder entwischst, also...", setze er achselzuckend fort und als er zu ihr herunter sah, zuckten seine Mundwinkel schließlich doch. "Keine Sorge, er meinte es würde nicht lange dauern." Mit diesen Worten verließ Rodrick den kleinen Bunker wieder, lehnte sich gegen das feuchte Gemäuer und schüttelte amüsiert den Kopf.


Liebe ist nur eine weitere Methode anderen Leid zuzufügen <3
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#140

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 25.05.2017 23:49
von Pummel • Eumelchen <3 | 295 Beiträge



Ich behielt die Augen geschlossen, während ich den spärlichen Geräuschen lauschte, die meine Zelle erreichten. Dem leisen Knistern der modernden Fackeln, die als einzige Lichtquelle in den Gängen dienten. Leisem Gemurmel sich unterhaltender Wachposten. Gelegentlich glaubte ich eine Ratte oder andere Nager zu hören, die an etwas herumkratzten. Die Vorstellung, dass es verwesende Leichen waren, erschien mit jeder verstreichenden Minute immer plausibler. Langsam und gleichmäßig atmete ich die feuchte, abgestandene Luft in der Zelle ein, die möglicherweise das letzte werden würde, was ich kannte. Ein bizarrer Gedanke, der mich stumm auflachen ließ. Denn ich ertappte mich wieder dabei unvorteilhafte Wetten abzuschließen.
Irgendwann nach einer gefühlten Ewigkeit, hörte ich schließlich die erlösenden Geräusche. Irgendwo ging eine Tür auf. Gedämpfte Stimmen, Schritte und schleifende Geräusche, die sich mir näherten. Ich behielt den Kopf gesenkt, als sie schließlich meine Zelle erreichten und diese aufschlossen. Ein dumpfer Laut, als etwas auf dem Boden neben mir aufkam. Gelächter. Mit einem leisen Seufzen nahm ich zur Kenntnis, wie jemand meine Fesseln löste und ich überraschend nach vorn fiel, sobald das Gitter meinen Körper nicht mehr aufrechthielt. Für einen Augenblick spürte ich nur das pulsierende Pochen der brennenden Schulter und die unangenehme Gänsehaut, die sich über meinem Rücken ausbreitete. Dann glitten meine Augen bereits zu dem leblosen Körper neben mir. So vorsichtig, wie es mir möglich war, zog ich sie näher an mich und bettete ihren Oberkörper auf meinem Schoß. Den Kopf stützte ich mit einem Arm ab. Mit dem Daumen des anderen fuhr ich kurz behutsam über ihre Wange. Ein leiser Fluch entfuhr mir, während ich die Verletzungen betrachtete, die man ihr zugefügt hatte. Es wäre deutlich einfacher, wenn mir ihr Schicksal gleichgültig wäre.

~~~

In dem einen Moment noch, fühlte ich mich schwerelos. Frei. Vergessen von der Welt, die so viele schreckliche Dinge mit sich brachte. Im nächsten Moment zog sie mich jedoch wieder in die Wirklichkeit zurück. Und mit ihr kehrten Schmerz und Gedanken zurück, die mir ein leises Stöhnen entlockten. Wo war ich?
Blinzelnd öffnete ich die Augen. Registrierte die Wärme eines fremden Körpers, die wiederkehrenden Erinnerungen. Erschrocken wollte ich mich aufrichten, doch ein beißender Schmerz unterhalb der Bauchdecke hinderte mich an meinem Vorhaben und ergeben ließ ich mich wieder zurücksinken. Dann erst erkannte ich, dass ich wieder zurück in der Zelle sein musste. Mit gemischten Gefühlen richtete ich meine Augen zu dem Mann auf, in dessen Armen ich erwacht war und lächelte erleichtert, als ich Ethan erkannte. Er lebte. Also hatte Callum diesbezüglich nicht gelogen. Doch schnell kamen mir finstere Gedanken und resigniert suchte ich sein Gesicht nach verdächtigen Spuren ab. "Geht es dir...", flüsterte ich leise, unterbrach mich jedoch augenblicklich. Wie konnte es ihm schon gut gehen? "Ich bin froh, dass du hier bist.", hörte ich mich stattdessen eingestehen, war jedoch noch zu benommen, meine Worte zurückzunehmen. "Ich könnte mir durchaus unangenehmer Gesellschaft vorstellen.", war das einzige, was ich von mir geben konnte, als Versuch, das Gesagte zu relativieren.

~~~

„Alles okay, mehr oder minder.“, erwiderte ich automatisch, meine Augen prüfend auf die Platzwunde über ihrem Auge richtend. Ohne es wirklich verhindern zu können, lehnte ich meine Finger gegen ihre Wange und strich mit meinem dabei über einen frischen Kratzer, den sie wohl ebenfalls ihren Peinigern zu verdanken hatte. Ungezügelte Wut keimte in meinem Innersten auf, als ich daran dachte, was sie wohl alles hatte durchmachen müssen. Erst Aneelas nächste Worte bewirkten, dass Meine Mundwinkel sich kurz hoben. Sie vermochten jedoch nicht meine trübsinnigen Gedanken zu verdrängen.
„Geht mir genauso. Mir würde schon öfter gesagt ich würde einen prima Matratzenersatz hergeben.“
Langsam wanderte mein Arm ihre Schulter herab, bis ich vorsichtig nach ihrer Hand greifen und diese mit meinen Fingern umschließen konnte.
„Was ist mit dir?“

~~~

"Das kann ich mir lebhaft vorstellen...", lächelte ich ein wenig abgelenkt von seiner unerwarteten Berührung zurück, ehe ich leicht verunsichert seiner Bewegung folgte. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass nun Ethan das zugemutet wurde, was eigentlich mir hätte zufallen sollen. Doch ich war so erleichtert gewesen, dass man ihn nicht benutzt hatte, um mich zum Reden zu bringen, dass ich völlig übersehen hatte, dass es ihm vermutlich auch nicht leicht fiel zu sehen, in welchem Zustand ich zurückgekehrt war. "Es geht mir gut.", versicherte ich also rasch und strich wie zur Bestätigung mit meinen Fingern über seine. "Ich bin nur noch etwas benommen von dem Zeug, das sie mir gegeben haben. An das Meiste erinnere ich mich kaum." Ich ahnte, dass meine Worte ihn kaum beschwichtigen würden, auch wenn das nachfolgende Lächeln nicht hätte aufrichtiger sein können. "Mach dir keine Sorgen. Ich bin schon aus brenzligeren Situationen entkommen.", fuhr ich, seine Beteuerung vom vergangenen Tag aufgreifend, fort.
Nachdenklich fuhr ich mir mit meiner freien Hand über die Augen, in der Hoffnung die Nachwirkungen des Tranks zu verscheuchen, ehe ich Ethan vorsichtig gegen das Kinn tippte und ihm bedeutete etwas näher zu kommen. Bei den Gedanken, die sich wieder in meinen Kopf geschlichen hatten, spürte ich augenblicklich, wie mein Hals sich verengte, doch ich musste ihn einfach um diese Sache bitten. "Egal was passiert. Du darfst ihnen nicht verraten, wo die anderen sind."

~~~

Auf ihre besänftigenden Worte hin entwich mir ein leises Schnauben. Dem Mädchen, welches kaum dazu in der Lage war sich aufzusetzen ging es also gut. Man hatte ihr irgendwelche Substanzen eingeflößt und Dinge mit ihr angestellt, an die sie sich nicht einmal mehr erinnern konnte. Und trotzdem versuchte sie einem weißzumachen es ginge ihr gut. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte ich glatt behaupten sie überstieg mich in Sachen Torheit und Leichtsinn. Dass sie ausgerechnet meine Worte vom Vortag in abgeänderter Form wiedergeben musste, war schon fast irgendwie ironisch. Deshalb fiel es mir auch nicht besonders schwer ihr Lächeln zu erwidern, welches sie mir dabei schenkte.
„Du bist echt unmöglich, Prinzessin. Denk dir gefälligst einen eigenen Spruch aus...“
Ich war nicht ganz von ihren Beteuerungen überzeugt. Da ich das Geschehene jedoch nicht ändern konnte, versuchte ich mich auf etwas anderes zu konzentrieren und lenkte meine Augen zur verschlossenen Tür. Erst die sanfte Berührung an meinem Kinn ließ mich zurückblicken. Folgsam beugte ich mich ein Stück zu der Dunkelhaarigen herunter und lauschte ihrer leisen Bitte.
"Egal was passiert. Du darfst ihnen nicht verraten, wo die anderen sind."
„So viel habe ich mir schon gedacht.“, erwiderte ich resigniert, während meine Augen prüfend auf den ihren ruhten. „Du solltest dich ein wenig ausruhen. Du wirst deine Kräfte brauchen, wenn wir heute Nacht aus diesem Drecksloch entkommen.“

~~~

Ein dankbares, wenn auch leicht gequältes Lächeln legte sich auf meine Lippen, als Ethan mir sehr deutlich zu erkennen gab, dass ich meine Bitte nicht hätte aussprechen müssen. Dennoch musste ich sichergehen, dass der Azalle keine übereilten Entscheidungen fällte. Mir selbst waren am heutigen Morgen Ideen gekommen, die mich gleichermaßen erschreckt, wie beruhigt hatten. Doch darüber wollte ich jetzt nicht nachdenken. In mir war wieder ein Funken Hoffnung entfacht und allein um es Ethan nicht noch schwerer zu machen, wollte ich alles dafür tun, dass dieser nicht so schnell wieder erlosch. Diesem Gedankengang folgend, brauchte ich einen Moment, ehe ich Ethans weiteren Worten folgen konnte. Stirnrunzelnd erwiderte ich seinen Blick und wägte ab, ob dies nur ein weiterer Versuch war, mich aufzumuntern, oder er tatsächlich vorhatte, diesem Kerker zu entkommen. "Was meinst du damit?", fragte ich leicht irritiert und weil die Wirkung des Mittels langsam nachzulassen schien, richtete ich mich noch etwas angeschlagen auf, so dass unsere Gesichter sich nun auf Augenhöhe befanden. "Hast du vor, uns ein Loch nach draußen zu graben?", fuhr ich halbherzig erheitert fort und hatte plötzlich Angst, dass die neu erwachte Hoffnung nur dazu führen würde, dass mich die Erkenntnis hier nie wieder rauszukommen, umso härter treffen würde.

~~~

„Ich habe darüber nachgedacht. Aber für einen Tunnel fehlen uns die nötigen Hilfmittel… und Zeit.“, erwiderte ich mit einem schiefen Lächeln, ehe ich mich zu ihrem Ohr vorbeugte, um ihr die nächsten, entscheidenden Erklärungen zuzuflüstern. Man konnte schließlich nie wissen, wer uns alles zuhörte.
„Während du weg warst, bekam ich unerwartet Besuch. Falls unser Helfer nicht gelogen hat und wir bis zum Abend durchhalten, können wir heute Nacht in unseren Betten schlafen…“
Zurück in meiner Ausgangsposition entwich mir ein leises Seufzen. Aneela schien es allmählich tatsächlich besser zu gehen. Das, oder sie war eine verdammt gute Schauspielerin. Beiläufig strich ich mir mit dem Handrücken den frischen Schweiß von der Stirn. Mittlerweile fiel es mir schwer das Pochen und Brennen in der Schulter auszublenden. Selbst ein Amateur wie ich wusste, dass das gepaart mit dem sich anbahnenden Fieber kein gutes Zeichen war. Doch mir war auch bewusst, dass wir keine Zeit für Wehwehchen hatten. Deshalb grinste ich der Dunkelhaarigen zu, als ich erneut das Wort erhob.
„Schon eine Idee was du machen wirst, wenn du wieder draußen bist? Mir wäre nach einem Festmahl. Es ist schon eine Weile her, dass ich das letzte Mal etwas Ordentliches gegessen habe…“

~~~

Ich hatte kaum Gelegenheit mich zu fragen, ob Ethan die Möglichkeit eines unterirdischen Fluchtwegs tatsächlich in Betracht gezogen hatte, oder lediglich scherzte. Seine nachfolgenden Worte lenkten meine Gedanken nämlich schnell in eine andere Richtung und ausdruckslos beobachte ich meinen Mitinsassen, der mir von diesem unerwarteten Samariter berichtete. "Wollen wir hoffen, dass dem wirklich so ist und sie nicht einfach Spielchen mit uns treiben...", murmelte ich kaum hörbar und lenkte meinen Blick sogleich Richtung Zellentür, durch die zumindest keine verdächtigen Geräusche an mein Ohr drangen. Als ich den Kopf wieder in die Ausgangslage zurückdrehte, hatte Ethan wieder ein breites Lächeln im Gesicht und erkundigte sich nach etwaigen Plänen, falls uns das Unmögliche tatsächlich gelingen sollte und offenbarte im nächsten Atemzug schon seine eigenen. "Das klingt nach einer guten Idee.", lächelte ich schwach zurück, weil ich mir dieses Mal nicht sicher war, ob ich einfach so weitermachen könnte, wie bisher. "Der Angriff hat viel verändert.", hörte ich mich einige Sekunden später leise sagen. Erasmus Tod war bereits ein schwerer Schlag gewesen, den wir noch nicht ansatzweise verdaut hatten, bevor Eochaid uns ein Schwert mitten ins Herz gestoßen hatte. "Wir können nicht weiter tatenlos mitansehen, wie sie uns nacheinander ausrotten. Verstecken reicht nicht mehr..." Entschlossen suchte ich Ethans Blick und registrierte zum ersten Mal, dass sich sein Anblick verschlechterte. "Du hast recht. Wir sollten uns ausruhen...", pflichtete ich ihm nun zu, rutschte zurück auf den weitaus ungemütlicheren Steinboden und ließ mich auf den Rücken sinken. Schweigend starrte ich zur Decke hinauf und ging die Ereignisse der letzten Jahre durch. Wie konnte ein Außenstehender überhaupt denken, dass wir noch in der Lage waren, ihm unser Vertrauen zu schenken? Einige Sekunden lang verfolgte ich diese Gedanken weiter, bis meine Augen wieder auf Ethan gerichtet waren. Ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen und ich beschloss einfach seinem Beispiel zu folgen. Was hatten wir schon zu verlieren?

~~~

Mit einem leisen Ächzen ließ ich mich vorsichtig neben Aneela auf den Boden sinken. Den Versuch auf dem Rücken zu liegen gab ich recht schnell auf; letztlich blieb mir nur die Seite. Eine Position, von der aus ich die Dunkelhaarige betrachten konnte, die in Gedanken schien und konzentriert die Decke über uns anstarrte. Es war wahrscheinlich nicht besonders taktvoll von mir gewesen die Ereignisse des vorangegangenen Tages bei meinen Ausführungen nicht zu berücksichtigen. Schließlich war das Aneelas Heimat. Ihre Familie war angegriffen worden. Einen Teil davon würde sie nie mehr wieder sehen. Dennoch hatte ich mich nicht mehr dazu geäußert, weil ich mir noch nicht sicher war, ob ich mich wirklich in die Angelegenheiten dieser Menschen einmischen wollte. Es war so, wie dieser Callum gesagt hatte. Im Grunde kannte ich bis auf Aneela keinen davon. Selbst die Dunkelhaarige war…
„Bis später, Aneela.“
Ein Seufzen unterdrückend schloss ich die Augen und hoffte darauf, dass die bevorstehenden Stunden mir zu einem Entschluss verhelfen würden.


zuletzt bearbeitet 26.05.2017 22:44 | nach oben springen

#141

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 26.05.2017 00:01
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge



Wie lange sie schon durch die Gassen irrte wusste sie nicht. Aber sie hatte auf jeden Fall das Gefühl, Cerandil mittlerweile in -und auswendig zu kennen Naja, vielleicht war das doch noch eine zu überspitzte Beschreibung. Den Korb mit den Beuteln voll Gewürzen hatte sie mittlerweile auf den anderen Arm verlagert, da sie für sich selbst auch noch einiges besorgt hatte. Darunter waren ein paar Äpfel und einfache Stoffe, die das Gewicht des Korbs nicht unbedingt vereinfachten. Irgendwann reichte es Pola allerdings, sie hatte nicht einmal ansatzweise etwas interessantes auf dem eher unangenehmen Spaziergang gehört. Vielleicht ein paar Mägde wie sie über ihre Kinder und deren Zuhause tratschten. Na super. Umso mehr sie sich wieder aus der Stadt entfernte, desto mehr hatte sie das Gefühl, wieder atmen zu können. Die Kapuze ihres Umhangs war ihr mittlerweile vom Kopf gerutscht. Doch sahen ihre Augen etwas, was ihr Herz in ihre Hose rutschen ließ. Oder besser gesagt, sahen ihre Augen jemanden. „Um Himmels Willen...“, murmelte sie. Auf Fremde war sie gerade nicht sehr gespannt.

~~~

Es war immer noch unfassbar, wie inkompetent Eochaids Soldaten waren. Als hätte ich nichts Besseres zu tun, als im Wald nach Eder zu suchen, die wie vom Erdboden verschluckt zu sein schien. Aber mir blieb nicht viel anderes übrig, wenn ich die Frau finden wollte. Also ging ich zum Ort des Geschehens zurück und betrachtete den brennenden Haufen jener, die in dieser Nacht gestorben waren. Welcher Idiot hatte riskiert hierhin zurückzukehren? Alarmiert lauschte ich auf jedes verdächtige Geräusch, kam aber nach einer Weile zu dem Schluss, dass derjenige nicht mehr hier zu sein schien. Gut, ich hatte wirklich keine Lust auf weitere Verzögerungen zu treffen. Aufmerksam schritt ich über die Lichtung, um nach Spuren zu suchen, die mir vielleicht Aufschluss darüber geben konnten, in welche Richtung die Soldatin aufgebrochen war. Wie vermutet fanden sich die meisten Spuren in südlicher Richtung, doch bei all diesen Veränderungen war es unmöglich auszumachen, ob Eder ebenfalls in diese Richtung gelaufen war. Da die Vermutung jedoch nahelag, setzte ich meinen Weg fort und fand bald etwas, dass diese bestätigte. Eine Weile folgte ich der Fährte und fragte mich, wo sie wohl enden würde. Zu meinem Unmut geschah das nur allzu bald und ich knurrte unzufrieden auf. Ich war doch kein verdammter Spurenleser, der verlorene Jungfrauen in Nöten rettete!
Trotzdem behielt ich die Richtung bei und kam nicht bald darauf auf die wahrscheinlichste Vermutung, was mit der jungen Frau geschehen war. Das würde definitiv kompliziert werden. Aber nicht unmöglich. Ich musste nur auf eine passende Möglichkeit warten. Zu meinem Glück, trat diese schneller ein, als ich erwartet hatte. So lautlos wie möglich, folgte ich den Geräuschen, die mich zu einer Frau führten, die mir vage bekannt vorkam. Nicht eine Sekunde lang zweifelte ich daran, dass sie zu den Azallen gehörte und ich wunderte mich, wie beschränkt diese Leute sein mussten, um dieses Risiko überhaupt einzugehen. Diese Dummheit wurde nur von Eochaid und seinen Männern übertroffen. Wo lag das Problem, diese Meute auszurotten? Man musste nur lange genug durch den Wald stromern, um einen von ihnen zu finden. Innerhalb weniger Wochen wäre kein Azalle mehr übrig und Eochaid hätte sein Ziel erreicht. Nun ja, zumindest erleichterte es meine Sache ungemein.
Ich schlich in einem kleinen Bogen um die Fremde herum, trat aus dem Schatten der Bäume hervor und lehnte mich abwartend gegen einen breiten Baumstamm, um die Herumtreiberin in Empfang zu nehmen. Als sie mich schließlich entdeckte, stieß sie überrascht ein „Um Himmels Willen...“ aus und ich richtete lächelnd meine Augen auf die ansehnliche Brünette. "Der hat mich ganz gewiss nicht geschickt, soviel steht fest.", erwiderte ich, die Arme vor der Brust verschränkt und bewegungslos abwartend. "Es ist ziemlich gefährlich alleine durch den Wald zu laufen. Gerade in dieser Zeit. Man weiß nie, wem man begegnen kann..."

~~~

„So als ob dich der Himmel geschickt hätte siehst du auch nicht aus“, murmelte sie gerade noch hörbar. Als er die junge Frau dann auch noch darauf hinwies, dass es zu dieser Zeit hier im Wald gefährlich sei, war die Versuchung ihre Augen zu verdrehen groß. „Wie nett von Euch, dass Ihr mich darauf hinweist“, sie verlagerte den Korb erneut auf ihren anderen Arm. Warum musste ihr denn auch ausgerechnet JETZT jemand über den Weg laufen? „Ich könnte Euch das gleiche sagen“, meinte sie mit einem Lächeln. „Aber ich finde es ganz reizend, dass Ihr Euch über mich Sorgen macht. Wenn Ihr mich entschuldigt, ich habe hier etwas“, sie deutete mit dem Kopf auf ihren Korb. „das ich gerne heim bringen würde. Leichter wird es nicht befürchte ich.“

~~~

"Wenn das so ist...", entgegnete ich amüsiert, stieß mich von dem Stamm ab und trat auf die Azalle zu. "Könnte ich ein wenig behilfreich sein und euch nach Hause begleiten." Ich kam unvermittelt vor ihr zum Stehen und sah auf die Brünette hinunter, ehe ich meine Hand andeutungsweise in Richtung ihres Korbes streckte. "Es sei denn, es gibt einen Grund, warum das ein Problem sein sollte...", fuhr ich leise fort und ließ meinen Blick über ihr Gesicht schweifen. So sehr mich das Ganze auch amüsierte, so hatte ich wenig Zeit, dieses Spiel fortzuführen, weswegen meine Miene schlagartig fester wurde. "Du hattest viel Glück, so unbeschadet die vergangenen Nacht zu überstehen...", bemerkte ich noch immer mit gesenkter Stimme, während ich meinen Arm zu ihrem Gesicht hob und langsam über das Andenken irgendeines Soldaten strich, der zu unfähig gewesen war, sein Werk zu beenden.

~~~

Gänsehaut machte sich auf ihrer Haut unter ihrer Kleidung breit. Ihre Hand umklammerte den Henkel etwas fester und war fast schon versucht, ihr Gesicht weg zu drehen. Aber irgendwie bereitete dieser Mann ihr ein unangenehmes Gefühl, also überlegte sie sich ihren nächsten Schritt. „Wie nett, aber ich denke, ich habe noch etwas in der Stadt vergessen“, gab sie ihm als knappe Antwort. Sie rieb sich über die kleine Erinnerung an ihrer Wange von gestern Abend. Pola verzog das Gesicht leicht. „Es war.... ein sehr unterhaltsames Gespräch“, sie versuchte sich an einer Verbeugung. Nunja, es hätte definitiv eleganter sein können, das gab sie auch selbst zu. „Aber ich bin mir ganz sicher, dass wir beide noch Dinge zu tun haben“, lachte sie, ein wenig Unsicherheit schwang in ihrer Stimme mit. Aber eine Sache kam ihr dann doch in den Kopf: „Pola.... denkst du wirklich, er glaubt dir das jetzt? Naja, vielleicht ist er ja....nett und spielt mit?“

~~~

Mit jedem weiteren Wort meiner Gegenüber, wanderte meine Augenbraue skeptischer in die Höhe. Es wurde wohl langsam an der Zeit, diesem naiven, kleinen Ding die Augen zu öffnen. Bevor die Azalle noch auf die dumme Idee kommen würde vor mir wegzulaufen, griff ich nach ihrem Handgelenk. Einen Moment später, fand die junge Frau sich mit dem Rücken gegen jenen Baum gedrückt vor, der mir zuvor noch als Stütze gedient hatte. "Ich bin heute ein wenig unter Zeitdruck, also wirst du mir meine fehlenden Manieren verzeihen müssen...", sagte ich, eine Hand neben ihrem Kopf abgestützt, während die andere noch immer ihr Handgelenk umschloss. Ohne auf eine Erwiderung zu warten, fixierte ich die junge Frau und fuhr fort. "Ich bin auf der Suche nach einer Soldatin. Blond, ganz nett anzusehen und hört auf den Namen Eder Revanstone. Ich weiß, dass ihr sie habt und ich will sie zurück." Ich ließ ihr ein paar Augenblicke Zeit, das Gesagte zu verarbeiten, ehe ich mein Gesicht ihrem noch weiter näherte. "Es läuft folgendermaßen ab, also hör aufmerksam zu. Ich will, dass du zu Aneelas Bruder gehst und ihm sagst, dass er sie umgehend freilassen soll, ansonsten kann er seine Schwester in Einzelteilen vor dem Schloss aufsammeln, um sie zu bestatten. Ich hoffe du kannst mir folgen?"

~~~

Als sie sich im nächsten Moment mit ihrem Rücken an einem Baum fand, biss sie die Zähne zusammen. Er sprach von einer Soldatin? Blond, ganz nett anzusehen? Heißt Eder? Punkt eins, sie kannte niemanden, der auf den Namen „Eder“ hörte. Punkt zwei bekam er gleich zu hören. „Ihr solltet vielleicht noch etwas besser an Eurer Beschreibung arbeiten. Da gibt es einige blonde Frauen, die ganz nett anzusehen sind.“ Aber jetzt wo er es so erwähnte. Sie meinte, irgendetwas davon gehört zu haben, dass jemand nicht-azallisches in das Versteck gebracht worden war. Wer genau das war und wie die Person aussah, musste sie noch selbst in Erfahrung bringen. „Mhh, ich bin mir gerade nicht ganz sicher, ob ich diese Person kenne um ehrlich zu sein.“ Die Azalle legte den Kopf etwas schief. „Und ich würde es sehr begrüßen, wenn ich meinen Korb wieder bekomme“, diesen hatte sie mittlerweile auf dem Boden liegend ausgemacht. „Ich will das nicht umsonst besorgt haben.“

~~~

Prüfend musterte ich die Azalle, um abzuschätzen, ob ihre Worte der Wahrheit entsprachen. Die junge Frau schien nicht zu begreifen, in welchen Schwierigkeiten sie steckte, aber zumindest kam ich zu dem Entschluss, dass sie nicht log, weswegen meine Körperhaltung sich ein wenig entspannte. Trotzdem veränderte ich meine Position nicht, sondern lauschte weiter aufmerksam ihren Äußerungen. "Bei Soldatinnen nicht. Da kann man froh sein, wenn man sie von ihren männlichen Kumpanen unterscheiden kann.", bemerkte ich beiläufig, ehe sie erklärte, sich nicht sicher zu sein, ob sie wüsste, von wem er sprach. Ihre Sorge um ihre Waren erstmal ignorierend, verringerte ich die Distanz zwischen unseren Gesichtern weiter und lächelte unbekümmert. "Um eine einfache Nachricht zu übermitteln werden deine spärlichen Kenntnisse ausreichend sein..."
Einen Moment wägte ich mein weiteres Vorgehen ab, ohne die Frau vor mir aus den Augen zu lassen. "Du hast eine Stunde Zeit mit Eder wieder hier aufzutauchen. Alleine. Wir wollen doch nicht, dass noch mehr Azallenblut vergossen wird, hm..?", fuhr ich leise fort, meine Augen über ihre Halsschlagader wandernd, die verdächtig pochte. Dann ließ ich abrupt von ihr ab und stieß mit dem Fuß andeutungsweise gegen den am Boden liegenden Korb. "Den kannst du erstmal hier lassen. Dann bist du schneller...."

~~~

Als er von der Azalle abließ, durchströmte Erleichterung sie. Doch versuchte sie ihm das nicht zu offen zu zeigen und behielt ihre unveränderte Mimik bei. Den Korb ließ sie für das erste einmal hier verweilen, sie wäre bestimmt um einiges schneller ohne ihn. „Ich hoffe nur, dass der Inhalt meines Korbs nicht weniger ist, wenn ich wieder komme.“ Mit diesen Worten drehte sie sich um, ihre Schritte immer mehr beschleunigend, desto mehr Abstand sie gewann, bis sie schließlich ihr Kleid anhob und zu laufen begann. Immer wieder versicherte sie sich, er würde ihr nicht folgen. Immer wieder kostete ihr es ein Stück ihrer Balance, da der Waldboden ihr das nicht gerade erleichterte. Erneut im Versteck angekommen, erkundigte sie sich bei sämtlichen Leuten nach Kilian. „Ich muss mit ihm sprechen. Sofort.“


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zuletzt bearbeitet 26.05.2017 22:44 | nach oben springen

#142

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 26.05.2017 12:38
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge



Nachdem Kilian sich mehrmals versichert hatte, dass sich niemand in der Nähe des Sees aufhielt, gab er der Azalle ein Zeichen aus dem Schutz der Bäume hinauszutreten. Noch immer schuldbewusst, dass er die Schwangere solch einer Gefahr aussetze, beobachtete er die junge Frau dabei, wie sie konzentriert die Lichtung abschritt und hin und wieder abrupt verharrte. Er wollte sich gar nicht ausmalen, welche Szenen sie gerade in allen Einzelheiten beobachten konnte, was sein Gewissen noch mehr belastete. Doch Lexy sagte lange kein Wort und fast befürchtete Kilian, dass er sie völlig umsonst in den Wald geführt hatte. Dann jedoch richtete sie ihre Augen unerwartet auf ihn. "Wer ist Ethan?"
"Ein Azalle von außerhalb, wie es scheint.", erwiderte der Dunkelhaarige und verengte misstrauisch die Augen. "Man hat beide mitgenommen.", erklärte Lexy und strich sich fahrig über die Stirn, ehe sie ihren Weg fortsetzte. "Das heißt Aneela lebt?", fragte Kilian und holte eilends zu ihr auf. "Vielleicht...", entgegnete die Azalle unsicher und beide schwiegen eine ganze Weile, bis die Frau abermals Halt machte. Kilian schluckte, als er das blutgetränkte Gras betrachtete, welches die Schwangere fixierte, die plötzlich seltsam durcheinander wirkte. "Was siehst du?", hörte er sich ungeduldig fragen und ein mulmiges Gefühl beschlich den jungen Mann. "Annie..."

Auf dem Rückweg war Lexy ungewöhnlich still und ich fragte mich, ob oder eher was die Azalle zu verheimlichen versuchte. Doch vermutlich beschuldigte ich sie gerade zu Unrecht, immerhin hatte sie erleben müssen, wie viele ihrer Freunde ermordet wurden, ohne die Möglichkeit zu haben etwas dagegen zu unternehmen. Mir war es zumindest gelungen Astraea zu retten. Vermutlich ein schwacher Trost und doch war es zurzeit das Einzige, was mich aufrecht erhielt. "Du solltest dich hinlegen, sobald wir zurück sind.", bemerkte ich leise, doch die junge Frau winkte beiläufig ab. "Es geht mir gut."
Nicht überzeugt beobachtete ich sie weiter, bis wir wieder im Gewölbe angekommen waren und meine Aufmerksamkeit schnell auf etwas anderes gelenkt wurde. "Ich glaube du wirst verlangt...", sagte Lexy und nickte mit dem Kopf in die Richtung, der nun auch ich folgte. Gerrit deutete mit dem Finger auf mich und misstrauisch verfolgte ich, wie seine Gegenüber sich rasch umwandte. Mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen und ich ging ihr augenblicklich entgegen. "Was ist passiert?"


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zuletzt bearbeitet 26.05.2017 22:43 | nach oben springen

#143

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 26.05.2017 13:50
von Annika • Nesthäkchen | 22 Beiträge



Warum zur Hölle war er denn ausgerechnet jetzt nicht antreffbar? Noch während sie gedanklich mit fluchen beschäftigt war, deutete Gerrit auf jemanden, den Pola dringend sprechen wollte. Mit einem erleichterten Seufzen begab sie sich zu Kilian und Lexy hinüber, anscheinend wusste Kilian bereits, dass etwas nicht stimmte. Er kam ihr mit der Frage „Was ist passiert?“ entgegen, nach wenigen Schritten blieben sie vor einander stehen und Pola begann zu erklären. „Es geht um Aneela.... Ich bin im Wald gerade einem.... einem Soldaten begegnet. Auf dem Rückweg habe ich auch sicher gestellt, dass er mir nicht folgt. Er meinte, ich solle jemanden namens 'Eder' zu ihm bringen, alleine. Ansonsten....“, sie schluckte schwer. ließ die Worte einmal einsinken und beobachtete seine Reaktion auf die Neuigkeiten bevor sie weitersprach. Sie rieb sich unwohl über den Nacken und senkte den Blick leicht, als sie darüber nachdachte, ob sie noch etwas vergessen hatte. „Ich habe ihm gesagt, dass ich diese Person nicht kenne, was auch der Wahrheit entspricht. Ich habe lediglich davon mitbekommen, dass jemand nicht-azallisches ins Versteck gekommen war. Er meinte, sie sei blond, eine Soldatin.“ Sie hob ihren Blick wieder und stemmte sich eine Hand in die Hüfte. „Ist das die Frau, von der er spricht?“, insgeheim hoffte sie, es wäre die gesuchte Soldatin. Pola würde lieber die Soldatin dort hin bringen und riskieren, dass sie selbst verletzt oder umgebracht wird, als dass sie Aneela Schlimmeres antun. Der kleine Gedanke, dass es vielleicht nur ein Trick ist und sie gar nicht mehr am Leben sei, machte sich in ihrem Kopf breit. Konnte man seinen Worten Glauben schenken? „Und Kilian...“, ein kleines Drücken machte sich in ihrer Brust breit, als sie die Hand darauf legte, „..wir haben eine Stunde.“


zuletzt bearbeitet 26.05.2017 23:40 | nach oben springen

#144

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 26.05.2017 16:33
von Arrabella • Team Zyr | 78 Beiträge



„Ich habe Kopfschmerzen!“, erwiderte Luca und der kleine Junge fing an zu weinen. „Ich bin ganz allein!“, schrie er und ein gewaltiger Windstoß durchfuhr meine Kleidung. „Du bist nicht allein, du hast mich und Gabriel und wir werden auf dich aufpassen.“, versuchte ich den Jungen zu trösten, der plötzlich mit einem Schmerzensschrei zu Boden ging und sich mit der rechten Hand den Kopf hielt. Waren seine Kopfschmerzen stärker geworden? Luca umklammerte nun meine Kleidung und beklagte die Schmerzen, die er erlitt. Sanft nahm ich ihn in die Arme und strich ihm beruhigend mit meiner Hand über den Rücken. „Alles wird gut…gleich ist es vorbei.“, flüsterte ich ihm ins Ohr.
Seine Kopfschmerzen machten mich nachdenklich. Ich hatte das Gefühl, dass sie und der Wetterumschwung zusammenhingen. Es konnte kein Zufall sein, dass sich das Wetter an die Stimmung des Jungen anpasste. Bereits im Wald war mir aufgefallen, dass sich der Sturm verschlechterte, wenn es Luca nicht gut ging. Vielleicht hatte er die Fähigkeit das Wetter zu manipulieren ohne das er selbst davon wusste?

Als sich Luca beruhigt hatte, nahm ich ihn bei der Hand und führte ihn durch das Lager. Obwohl ich das erste Mal hier war, so hatte ich doch das Gefühl, als wüsste ich genau, wo ich hin wollte. Ich fühlte mich hier heimisch und geborgen, was ich mir einfach nicht erklären konnte.
Luca und ich betraten ein Zelt, in dem sich mehrere Betten befanden. Sanft legte ich den Kleinen in eines der Betten und auch ich ließ mich neben ihm nieder. Meine Kopfschmerzen hatten ihr Maximum erreicht und ich fühlte mich schlapp und matt. Vielleicht war das nicht gerade der beste Moment um zu schlafen, aber in diesem Zustand war ich sowieso keinem eine Hilfe.
Es fiel mir immer schwerer meine Augen offen zu halten und es dauerte nicht lange, bis ich in einen traumlosen Schlaf fiel.

~

Als ich meine Augen wieder öffnete, fand ich den Platz neben mir leer vor. Erschrocken fuhr ich hoch. Wo war Luca? Ich sagte fragend seinen Namen, doch er war nicht hier. Verzweifelt, fast ein wenig panisch fuhr ich mir durch meine Haare. Wie konnte ich ihn bloß verlieren?
Abrupt stand ich auf und verließ das Zelt. Es war bereits der nächste Tag angebrochen, dem Sonnenstand zu urteilen, war es um Mittag. Wie lange hatte ich denn geschlafen?
Ich blickte mich um und hielt Ausschau nach Luca. Hier waren einfach so viele Menschen, ich konnte ihn nirgends sehen und auch sonst niemanden, der mir bekannt vorkam. Ich wollte ein paar Azallen um Rat fragen, aber keiner hatte einen kleinen blondhaarigen Jungen gesehen. Ich wollte sie nicht auch noch bitten, mir bei der Suche zu helfen, die meisten hier hatten bestimmt besseres zu tun, als mit mir das ganze Versteck abzusuchen.
Ich fragte mich, von wo Luca eigentlich stammte. Ich war mir sicher, dass er heute zum ersten Mal in dem Unterschlupf der Azallen war, genauso wie ich. Und in der Stadt hatte ich ihn noch nie gesehen, wobei das natürlich nicht gerade sehr ausschlaggebend war, weil ich mich selbst fast nie dort aufhielt.
Während meiner Suche kam ich an mehreren verschiedenen Zelten vorbei, wovon eines besonders meine Aufmerksamkeit erregte. Das Krankenzelt. Ich konnte nicht anders, als einen Blick hinein zu werfen. Ich wollte wissen, wie die Lage war. Und schon im nächsten Moment bereute ich meine Entscheidung. Das Zelt war voll mit Kranken und Verletzen, einer sah schlimmer aus als der andere. Eine Woge des Entsetzens überkam mich, so viel körperlichen Schmerz hatte ich schon lange nicht mehr gesehen.
Zögerlich betrat ich den Raum. Ich musste Luca suchen, aber gleichzeitig spürte ich das Verlangen hier zu sein und zu helfen.

Ich war froh, als ich hier ein bekanntes Gesicht erblickte. „Tristan!“, sagte ich erfreut und bewegte mich auf den Mann zu. Er war nicht allein, neben ihm saß ein weiterer Mann, der anscheinend verletzt war. Zumindest kümmerte man sich gerade um ihn. Ich beugte leicht meinen Kopf und begrüßte somit den Fremden, ehe ich mich an Tristan wandte.
„Hast du zufällig Luca gesehen? Ich…ich glaube, dass ich ihn verloren habe. Ich war so erschöpft und ich hab mich mit ihm hingelegt und als ich aufgewacht bin, war er nicht mehr da. Ich kann Luca einfach nicht finden und ich weiß nicht, was ich machen soll.“, sagte ich schnell und ohne Pause. Ich ließ mich auf den leeren Stuhl neben der Liege nieder und seufzte. Ich war ein schrecklicher Mensch, wenn ich es nicht einmal schaffte, auf einen kleinen Jungen aufzupassen. Wie konnte mir sowas bloß passieren.

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#145

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 26.05.2017 21:12
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge



Mein erster Gedanke war, dass Astraea Rodrick überlistet hatte und sich wiedereinmal aus dem Staub gemacht hatte. Der zweite, dass das Glück ihr diesmal nicht hold gewesen war, weswegen mein Herz bereits raste, noch ehe Pola auch nur ein Wort herausgebracht hatte. Dass sie meine Befürchtungen nicht bestätigte, verschaffte mir jedoch nur kurz Erleichterung. Schweigend lauschte ich ihrer Geschichte, die meine Augenbrauen mit jeder weiteren Sekunde enger zusammenrücken ließ. Es war nicht nötig, dass sie ihren letzten Satz beendete. Meine Fantasie war mehr als ausreichend, um mir vorzustellen, was man meiner Schwester antun würde, sollten wir dieser Forderung nicht nachkommen. Die Wut, die ich so vehement zu verdrängen versuchte kämpfte sich gerade mit eisernem Willen wieder an die Oberfläche und ich ballte meine Hände zu Fäusten, während Pola unsicher fortfuhr. "Ja, das ist die Frau.", presste ich zwischen den Lippen hervor, während Lexy neben mir ins Grübeln zu kommen schien. Mir selbst fiel es schwer meine Gedanken zu sortieren und Polas abschließende Worte verschlimmerten diesen Zustand noch weiter. Wirklich ganz fantastisch!
Einen unzufriedenen Laut von mir gebend, rieb ich mir mit einer geballten Hand über die Stirn, als ob diese Geste dazu beitragen würde, für dieses Problem eine Lösung zu finden. "Sie auszuliefern wird uns Aneela nicht zurückbringen.", bemerkte ich den Blick auf meine Gegenüber gerichtet und sprach damit die unangenehme Wahrheit aus, über die sich vermutlich alle Anwesenden bewusst waren. "Und wenn wir sie gehen lassen, wissen sie, wo wir sind..."
Ich wusste, dass es die richtige Entscheidung wäre Eder weiterhin hier zu lassen. Doch der Gedanke, in welcher Form Aneela dafür würde leiden müssen, brachte mich fast um den Verstand. "So eine verdammte Scheiße!" Bebend vor Zorn wandte ich mich von den beiden Frauen ab und ließ meine überschüssige Energie an einer Kiste aus, die einige Meter weiter in ihren Einzelteilen zum Liegen kam.

Wenn ich mir überlegte, wie nervös ich angesichts meiner Rückkehr und den damit verbundenen Reaktionen gewesen war, bewies sich die momentane Lage als äußerst ironisch. Die verschollene Freundin mit dem Riesenbauch rückte angesicht der aufeinanderreihenden Katastrophen in den Hintergrund und auf eine schuldige Art fühlte ich mich sogar erleichtert. Alles andere jedoch bereitete mir zusehends wachsendes Unbehagen. Ein Soldat, der Aneela bedrohte im Austausch gegen eine Gefangene? Kilians Äußerungen beinhalteten viel Wahrheit, doch ich selbst hatte vielleicht eine Lösung für zumindest eines dieser Probleme parat. Doch noch ehe ich dazukam, dieses zu präsentieren, machte Kilian seinem Unmut bereits Luft und ich warf Pola einen kurzen Blick zu, ehe ich mich wieder an den Azallen wandte. "Kilian...ich weiß vielleicht, wie wir verhindern können, dass diese Soldatin unseren Aufenthaltsort verrät." Überrascht drehte Kilian sich wieder zu uns und ich zuckte schief grinsend mit den Schultern. Dann überbrückte ich die kurze Entfernung zwischen uns, legte meine Finger gegen seine Schläfe und versuchte mich zu konzentrieren. Einige Sekunden später blickte ich wieder zu dem Azallen auf und lächelte schwach. "Wie heißt deine Schwester?" Mein Gegenüber sah mich einen Moment ungläubig an, woraufhin ich ihm auffordernd zunickte und er zu einer Antwort ansetzte. Belustigt beobachtete ich Kilian, dessen Mund offenstand und scheinbar verzweifelt Aneelas Namen zu greifen versuchte. "Gut, oder?", zwinkerte ich ihm zu, wiederholte die Prozedur und trat dann einen Schritt zurück. "Ich wusste Aneelas Namen nicht mehr...", sagte Kilian fassungslos und betrachtete mich dann mit schief gelegtem Kopf. "Seit wann besitzt du diese Fähigkeit?" Mein Lächeln erstarb und ich fuhr mir automatisch mit den Händen über den Bauch. "Ich glaube nicht, dass es meine Fähigkeit ist...", entgegnete ich leise, ehe ich mich ablenkend umwandte. "Also, wo ist diese Eder?" Kilian schien noch einen Moment seine Gedanken zu ordnen, ehe ich seine Finger in meinen Haaren spürte und leise fluchte, als er diese durcheinanderbrachte. "Du weißt, dass ich das hasse!", beschwerte ich mich, streckte ihm die Zunge heraus und folgte ihm dann zusammen mit Pola in Richtung der wenig genutzten Bunker. Während er voranging, betrachtete ich meine Freundin aus den Augenwinkeln, ehe ich mir einen kleinen Ruck gab und zu der Frage ansetze, die mir schon etwas länger auf der Seele brannte. "Weißt du, wer dieser Soldat ist?" Mit einem kaum merklichen Kopfschütteln antwortete sie mir. „Nein nicht wirklich. Er kommt mir zwar bekannt vor, aber ich glaube nicht, dass ich vor dieser ganzen Sache schon je ein Wort mit ihm gewechselt habe.“ Gedankenverloren nickte ich auf ihre Erwiderung und beließ es vorerst dabei.

Wir erreichten das kleinere Gewölbe wenige Augenblicke später und als wir in das Innere traten, blieb Kilian plötzlich wie angewurzelt stehen. Neugierig lugte ich hinter ihm hervor und unterdrückte das Lachen, das mir bei diesem Anblick über die Lippen kommen wollte, mehr schlecht, als recht. "Ich hab dir ja gesagt, dass Rodrick deine Worte vielleicht ein wenig zu wörtlich nehmen könnte.", bemerkte ich und beobachtete dann, wie Kilian sich betreten am Hinterkopf kratzte. "Verdammt..."


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zuletzt bearbeitet 26.05.2017 22:42 | nach oben springen

#146

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 27.05.2017 12:48
von Pummel • Eumelchen <3 | 295 Beiträge



Ihre Finger strichen abwesend über den kalten Stein der Fensterbank, während sie, daran angelehnt, durch das mit Spinnenweben verzierte Glas hinaus blickte. Zu ihrer Erleichterung befand sie sich immer noch im Wald. Sie glaubte einen der Pfade in einigen Metern Entfernung zu erkennen. Ein Randgebiet, welches schwer zugänglich war. Wenn sie Recht hatte, würde sie wieder zurückfinden können. Annie musste sich vergewissern, wie es um ihre Familie stand. Wer war den Soldaten zum Opfer gefallen? Wer hatte es geschafft sicher zu entkommen? Was war mit Kate, Kilian und den vielen anderen, die ihr am Herzen lagen? Diese und andere Fragen plagten sie bereits seit einigen Stunden. Mittlerweile befürchtete sie zumindest nicht mehr, dass der Fremde ihr etwas anhaben wollte. Ihre Herkunft schien ihn ebenfalls nicht zu interessieren; zumindest beschränkten sich seine Fragen meist auf harmlose Floskeln, die mehr dazu dienten die Stille zu überbrücken oder sie zu beruhigen. Oder aus der Reserve zu locken.
„Ich muss zurück.“, entwich der Braunhaarigen leise, während ihre Augen weiterhin auf die friedliche Landschaft gerichtet waren. Der Fremde quittierte ihre Aussage mit einem leisen Schnauben, ohne dabei seine jetzige Tätigkeit zu unterbrechen.
„Wenn du dich noch mehr bewegst, geht die Verletzung wieder auf und du verblutest. Ist mir eh ein Rätsel, wie du die Nacht überstehen konntest.“
Unzufrieden verzog Annie das Gesicht und blickte aus den Augenwinkeln zu dem Mann, der in einer Ecke des Raumes auf einem kleinen Stück Holz herumschnitzte. Das erlöschende Feuer im Kamin knisterte derweil leise vor sich hin.
„Da, wo du mich gefunden hast… waren da noch andere?“
„Hier und da. Du warst die einzige, die noch geatmet hat.“
„Wie viele?“
Sie erhielt keine Antwort auf diese Frage. Und wenn sie gerade nicht vor Sorge umkommen würde, verstünde sie wahrscheinlich auch wieso. Doch im Augenblick war Annie nur bedingt dazu in der Lage vernünftige Entscheidungen zu treffen. Aufgewühlt richtete sie ihre Augen wieder nach draußen.
„Schön, dann halt nicht Mister Niemand.“

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#147

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 27.05.2017 14:55
von Venhedis • Höllenfürstin | 38 Beiträge



Ein überraschter Schrei entfloh mir, als ich unsanft ebenfalls in Ketten gelegt wurde. Natürlich schlug und trat ich um mich, doch ein langes Kleid, ein, was Stärke angeht, überlegener "Gegner" und der Fakt, dass ich überrumpelt wurde halfen mir nicht grade weiter.
"Kilian? Erzähl doch keinen Mist, Rodrick! Als ob er dir so etwas befehlen würde... Lass mich hier gefälligst raus!" Ich fluchte und zeterte noch einig Minuten lautstark, wobei ich einige Male in meine Muttersprache überging, wenn mir keine gute oder sinngemäße Übersetzung einfiel, bis Eder mir wohl ziemlich belustigt ihren Vorschlag unterbreitete. Kurz blickte ich zu ihr rüber, noch immer wütend und frustriert von meiner jetzigen Situation, verdrehte dann jedoch nur meine Augen und widmete mich wieder meinen Fesseln während ich ihr glucksen ignorierte.
An den Ketten zu ziehen brachte nichts anderes, als leicht aufgescheuerte Handgelenke. Natürlich hieß das nicht, dass ich nicht weiterhin versuchte, die alten Ketten dazu zu bringen, sich zu lockern oder meine Hände durch die Schellen zu zerren. Wären meine Hände wenigstens vor mir gefesselt, dann hätte ich sie eventuell mit einer Haarnadel knacken können... oder es zumindest versuchen können. Schlösser zu knacken war zwar bei weitem nicht mein Talent, doch war ich der festen Überzeugung, dass es so etwas wie Anfängerglück gab. Zumindest gab es kaum andere, gute Erklärungen, dass ich nach den letzten paar Tagen noch am Leben war. Oder die Götter waren auf meiner Seite, aus irgendeinem, mir unerfindlichen Grund.
Nach einiger Zeit, die mir wie eine halbe Ewigkeit vorkam, gab ich es schlussendlich auf und lehnte meinen Kopf an das kühle Gestein und schaute zu der blonden Frau. "Was meint Ihr, sollte ich auch zur Soldatin werden? An der richtigen Stelle wäre ich ja schon", fragte ich sie leicht trocken scherzend.
"Das erste Mal wirklich in Ketten gelegt und dann auch noch von meinen eigenen Leuten", murmelte ich und streckte meine Beine vor mir aus, bevor ich etwas deutlicher ein "Da wo ich herkomme, jagt man keine Azallen" hinzufügte. Es war wirklich eine Schande, dass nicht alle Länder so lebten. Mein Blick viel wieder auf den Eingang, wo sich nun zwei mir vertraute Personen befanden und eine, die aussah, als ob sie eine ganze Melone verschluckt hätte. "Kilian, haben dich denn alle guten Geister verlassen? Steh da nicht wie angewurzelt rum, mach mir lieber diese verdammten Ketten ab", forderte ich sobald unsere Blicke sich trafen.

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#148

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 27.05.2017 18:24
von Fionien • Giftzwerg | 63 Beiträge



Ich sah den Mann kommen, Astraea nicht, und so fand sie sich kurz darauf gefesselt neben mir nieder.
„Entschuldige Astra, Anweisung von Kilian. Er musste weg und ich sollte dafür sorgen, dass du nicht wieder entwischst, also... Keine Sorge, er meinte es würde nicht lange dauern.“
Amüsiert verschwand er wieder und ich sah die Rothaarige neben mir recht perplex an, unterdrückte ein Lachen und merkte dann belustigt an: „Ihr solltet Euch neue Kameraden suchen.“
Astraea unterdessen ließ einige Flüche aus, darunter auch einige, die ich nicht verstand. Unter anderen Umständen hätte ich wohl geschwiegen, aber aktuell war ich dazu nicht in der Lage. Herzhaft fing ich an zu lachen, sodass die Ketten gleichsam mit Astraeas rasselten. Es fühlte sich an, als würde ich mir damit Gewicht von den Schultern nehmen und für einen Moment vergaß ich, dass ich in gefangen war, dass ich nicht wusste, wie ich zum Schloss zurückkommen sollte, dass ich selbst bei einem Ausweg nicht wusste, wie ich rechtfertigen sollte, dass ich mich gefangen genommen lassen hatte... dass meine Zukunft recht ungewiss war. Es fühlte sich recht erfrischend an, allerdings verstummte ich recht schnell wieder. Wenn sogar die eigenen Gefährten gefesselt wurden, was würden sie mit mir tun?
Nach einiger Zeit ließ der Schwall an wüstem Gefluche neben mir nach und sie sah mich an. „Was meint Ihr, sollte ich auch zur Soldatin werden? An der richtigen Stelle wäre ich ja schon. Das erste Mal wirklich in Ketten gelegt und dann auch noch von meinen eigenen Leuten. Da wo ich herkomme, jagt man keine Azallen.“
Es war ein trockener Scherz, wenn auch mit bitterem Unterton.
„Ich fürchte, Euer Mundwerk würde Euch in Schwierigkeiten bringen. Es ist übrigens auch mein erstes Mal, in Ketten gelegt zu werden.“ Wie zur Bestätigung klirrten die Fesseln.
Sie sah zum Eingang und ich folgte ihrem Blick.
„Kilian, haben dich denn alle guten Geister verlassen? Steh da nicht wie angewurzelt rum, mach mir lieber diese verdammten Ketten ab“, verlangte sie und ich versteifte mich mit Blick auf den Eingang. Eine Frau war neben ihm, eine schwangere Frau. Was sollte das werden? War ich eine Schauattraktion für Kinder und Schwangere? Andererseits... Das Kind war allein gekommen und diese Frau in Begleitung Kilians. Was sollte das werden?
Nachdenklich fixierte ich die beiden.

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#149

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 27.05.2017 21:26
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge



Es war schon eigenartig, dass der Anblick von Astraea in Fesseln meine Mundwinkel trotz allem anderen gefährlich zucken ließ. Unter anderen Umständen hätte ich sie vermutlich aufgezogen und noch etwas zappeln lassen, doch leider war zurzeit nichts, wie es sein sollte. "Kilian, haben dich denn alle guten Geister verlassen? Steh da nicht wie angewurzelt rum, mach mir lieber diese verdammten Ketten ab"
Einen Moment betrachtete ich die aufgebrachte Azalle und fragte mich, ob es nicht klüger wäre, ihrem Wunsch nicht nachzukommen. Wie zur Bestätigung tauchte Lexys feixendes Gesicht auf, die mir ein "Das würde ich mir gut überlegen.", zumurmelte. Es war mir schon immer ein Rätsel gewesen, wie sie in jeder erdenklichen Lage ihren Humor nicht zu verlieren schien. Doch ein Blick auf Eder genügte, um mich wieder daran zu erinnern, was hier gerade eigentlich Vorrang hatte und ohne ein weiteres Wort, ließ ich die kleine Gruppe kurz alleine und kehrte nur Augenblicke später mit dem Schlüssel zurück, der Astraea aus ihrer Lage retten würde. "Tut mir Leid...", murmelte ich, als ich hinter der Rothaarigen in die Hocke ging und sie aus ihrer vorübergehenden Gefangenschaft befreite. "Ich wollte nicht wirklich, dass er dich in Ketten legt..." Zugegeben, war mir diese Maßnahme zwar lieber, als wenn ich ihre Einzelteile im Wald hätte auflesen müssen, doch beim Anblick ihrer geschundenen Handgelenke, verspürte ich Reue angesichts dieser Gedanken. "Du kannst mich nachher schlagen versprochen.", lächelte ich ihr schwach zu, strich beiläufig mit meiner Hand über ihre Finger, ehe ich mich erhob und nun zu Eder hinüberging. "Du wirst offenbar vermisst...", hörte ich mich nun sagen und jede Wärme war schlagartig aus meiner Stimme verschwunden. Während Pola der ratlosen Astra erklärte, was in der Zwischenzeit vorgefallen war, ging ich auf Augenhöhe mit der Gefangenen und musterte sie eine Weile schweigend. Dann richtete ich meine Augen zu Lexy und nickte einverstanden mit dem Kopf, ehe ich mich aufrichtete und der Azalle Platz machte. Trotz allem Unwollen und dem Hass, der beständig durch meine Adern zu fließen schien, setzte ich zu einer Erklärung an. "Wie bereits gesagt, können wir dich nicht einfach gehen lassen und dich unseren einzigen, sicheren Unterschlupf verraten lassen. Zu deinem Glück, haben wir eine Lösung gefunden. Also halt einfach still, du wirst nichts spüren. Und dann kannst du zu deinem ehrenvollen König zurückkehren." Unzufrieden wandte ich mich an die verbliebenen Frauen, während Lexy abermals diese nützliche Fähigkeit einsetzte und betrachtete Pola mit ernster Miene. "Mir gefällt die Vorstellung nicht, dich alleine gehen zu lassen."


Liebe ist nur eine weitere Methode anderen Leid zuzufügen <3

zuletzt bearbeitet 28.05.2017 10:40 | nach oben springen

#150

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 27.05.2017 22:28
von Eriana • Grünschnabel | 15 Beiträge

SERENA


Ich war auf dem Weg zum Krankenzelt, um zu schauen, wo ich heute am besten helfen konnte, als Killian nach mir rief. Neugierig blickte ich zu ihm hinüber und sah ihn bei Lexy und einem Jungen stehen, den ich noch nie gesehen hatte.
„Was gibt es?“, fragte ich, als ich bei den beiden war und bekam von Killian den Jungen aufgeschwatzt, der neugierig, fast schon berechnend, zu mir hochblickte und mir dann ein umwerfendes Lächeln schenkte. Es wunderte mich nicht, dass Killian ihn zu mir rüberschob. Ich nickte Killian zu und lächelte. „Wir werden schon miteinander auskommen.“
Auf sein Danke hin lächelte ich nur wieder und sah dann zu, wie Killian und Lexy zielstrebig in Richtung Ausgang verschwanden. Ich wandte mich an Luca, der mich neugierig musterte. „Na dann komm mal mit, junger Mann.“
„Wohin gehen wir?“, fragte der Junge und knabberte weiter an seinem Apfel.
Gute Frage, fand ich. Mein ursprünglicher Plan mit dem Krankenzelt war nun etwas schwieriger geworden. Andererseits konnte ich dann gleich herausfinden, ob mit dem Jungen alles in Ordnung war.

Am Krankenzelt angekommen, stellte ich fest dass es eine Menge Arbeit gab. Aber einen Moment musste sie noch warten, da ich mich ja nun um den Jungen kümmern musste. Ich blickte zu Luca, aber der hatte sich schon verselbstständigt.
„Enngelin!“, rief er fröhlich und war blitzschnell an der Seite der jungen Frau, die auf einem der Stühle saß, um freudig strahlend zu ihr aufzusehen und an ihrer Kleidung zu zupfen. „Was machst du hier?“
Neugierig geworden trat auch ich näher und nickte den Anwesenden zu. Dann musterte ich erst die junge Frau und dann Luca. „Ihr kennt euch? Woher?“
Luca blickte auf uns grinste. „Ich hab sie lieb.“
„Ah“, fiel mir dazu nur ein und ich blickte hilfesuchend zu Enngelin hinüber in der Hoffnung, dass sie mir etwas nähere Auskunft geben konnte.

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