#121

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 18.05.2017 19:55
von Pummel • Eumelchen <3 | 295 Beiträge



Das alles war natürlich nicht so geplant gewesen. Für gewöhnlich malte sich niemand den Moment des eigenen Todes aus. Doch für Annie war diese Vorstellung mit der Zeit zum Alltag übergegangen. Sie glaubte sich damit abgefunden zu haben. Mit der Eventualität, dass man ihr eines Tages auf die Schliche kommen würde. Doch niemals hätte sie mit einem Angriff auf der Totenfeier gerechnet. Sie sah die Gesichter der Gefallenen vor sich. Vorwurfsvolle Blicke, die ihr galten. Was, wenn sie letztlich für den Angriff verantwortlich gewesen war? Wenn sie etwas übersehen hatte, was die Verfolger zum See geführt hatte? Ein Umstand, den sie nie mehr wieder gut machen konnte, weil sie gerade ihre letzten Atemzüge tätigte. Sie hatte das nie gewollt. Annie hätte nie etwas getan, was andere gefährdet hätte. Doch die Augen der Toten erzählten eine andere Geschichte und suchten sie in dieser Traumwelt heim. Sie nagten unablässig an ihrem Verstand. Es dauerte eine Ewigkeit, bis sie die Kraft fand ihre Augen aufzuschlagen und dieser Hölle zu entkommen. Ihr hitziger Verstand brauchte einige Augenblicke, bis er das Gesehene verarbeitet hatte. Eine hölzerne, dunkle Decke über ihr. Etwas Weiches, auf dem sie gerade lag. Wärmender Stoff an ihrem Körper. Als sie ihre Finger bewegte, spürte sie den rauen Stoff einer Decke. Das war nicht mehr die Stelle, an der sie zusammengebrochen war. Die Schmerzen sagten ihr, dass sie noch am Leben war. Irgendwo. Woanders. Vorsichtig drehte sie ihren Kopf zur Seite und verkrampfte sich augenblicklich, als sie eine fremde Gestalt erkannte, die vor einer Feuerstelle saß. Ein Kamin leitete den tödlichen Rauch aus der Hütte raus. Sie befand sich also in einer Hütte irgendwo im Wald. Das leise Knistern des Feuers erinnerte sie an den Fremden, der mit dem Rücken zu ihr saß und in einem kleinen Topf herumrührte. Er trug ein dunkles Oberteil, dessen Ärmel er bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt hatte. Seine Unterarme zierten unzählige Narben und Kratzer. Kraftlos umschloss Annie die Decke, die über ihrem Körper ausgebreitet worden war und sog zischend Luft ein, als ein stechender Schmerz es ihr unmöglich machte sich aufzurichten. Das einzige, was sie mit ihrem Verhalten erreichte war, dass der Fremde sich überrascht umdrehte und seine Augen nun auf ihr ruhten.
„Du lebst… gut.“, stellte er gelassen fest und wandte sich im nächsten Moment wieder seinem Topf zu. Es vergingen einige Minuten, ehe er wieder etwas sagte. Diese Zeit nutzte die Dunkelhaarige, um ihr Kissen und eine weitere Decke zurechtzuschieben, und sich vorsichtig aufzusetzen. So, wie es aussah, hatte sie ihm ihr Leben zu verdanken. Dies machte ihn jedoch noch keinesfalls zu einer vertrauenswürdigen Person.
„Hunger?“
Zögerlich schüttelte Annie mit dem Kopf. Erst nach einigen Augenblicken merkte sie, dass der Fremde das gar nicht sehen konnte. „Nein… danke.“, erwiderte sie also leise und erschrak ein wenig beim Klang ihrer heiseren Stimme. Trotz ihrer Worte befüllte der Mann zwei Schüsseln mit dampfendem Inhalt und hielt ihr kurz darauf eine davon entgegen. Misstrauisch betrachtete Annie das Behältnis und blickte dann mit zusammengezogenen Augenbrauen zu dem Fremden hoch. Dieser hob als Reaktion eine Augenbraue.
„Du hast ziemlich viel Blut verloren. Wenn du nichts isst, hast du keine Kraft zum weglaufen.“
Dieses Argument, so bizarr es auch klang, machte für Annie in Anbetracht der Umstände irgendwie Sinn. Zögerlich nahm sie das Behältnis entgegen und rümpfte die Nase, als sie einen sonderbaren Geruch wahrnahm. Da der Fremde bereits angefangen hatte zu essen, konnte sie Gift zumindest ausschließen. Prompt folgte auch schon eine halb genuschelte Erklärung.
„Haseneintopf… also… da ist ein Hase drin. Und ein paar Wurzeln. Halt dir einfach die Nase zu, dann kriegst du es schon runter.“
Missmutig klammerte Annie ihre kalten Finger um das warme Gefäß. Am Ende musste sie jedoch einsehen, dass ihr nichts anderes übrig blieb, als auf diesen komischen Mann zu hören. Der Geschmack des Eintopfes ließ zwar einiges zu wünschen übrig. Doch nach ein paar Bissen hatte sie sich daran gewöhnt. Außerdem tat die warme Brühe in ihrem Magen gut. Hoffentlich würde sie bald zu den anderen zurückkehren können. Wie viele es am Ende wohl raus geschafft hatten? Ob er wohl unbeschadet davon gekommen war?
„Killian, hm? Dein Freund?“
Beinahe verschluckte sie sich an ihrem Bissen, als der Name fiel, der gerade ihre Gedanken beherrschte. Genannt von einem Fremden, den sie überhaupt nicht kannte. Verstört blickte sie zu ihm und klappte ihren Mund auf, um ihm zu sagen, was sie von seiner Neugier hielt.
„Ww…w..wo…“
„Fieberwahn. Warst ziemlich gesprächig, als du mich für ihn gehalten hast.“, erklärte er, bevor sie ihre holprige Frage in Worte fassen konnte. Er ahnte wahrscheinlich gar nicht, dass er es damit nur noch schlimmer gemacht hatte. Denn nun stellte sich die Frage, was sie ihm noch ungewollt erzählt hatte.
„Er ist nicht… wir… sind nicht… also… wer bist du eigentlich? Das ist nicht fair… sowas.“, entwich der Braunhaarigen fast schon verzweifelt. Die Schüssel hielt sie unschlüssig auf ihrem Schoß fest. Anscheinend musste sie ziemlich lustig aussehen, denn dem Mann vor ihr entwich ein kurzes Lachen, ehe seine Gesichtszüge wieder zu ihrer ursprünglichen, nichtssagenden Haltung zurückkehrten.
„Ich bin niemand von Bedeutung. Und du solltest weiteressen.“
Die Ernsthaftigkeit in seiner Stimme ließ sie kurz zögern. Widerwillig schob Annie den nächsten Löffel zwischen die Lippen und setzte ihre Mahlzeit unruhig fort. Doch irgendwann hielt sie es nicht mehr aus.
„Vorhin meinte ich den Namen… deinen Namen.“
„Den habe ich längst vergessen. Nenn mich wie du willst.“

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#122

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 18.05.2017 20:33
von Annika • Nesthäkchen | 22 Beiträge



So vor sich hin summend bahnte sich die Azalle ihren Weg durch den Wald und wäre nicht nur einmal beinahe über eine weitere verfluchte Wurzel gestolpert. Allerdings erregte nun ein gewisses Etwas oder ein gewisser Jemand ihre Aufmerksamkeit, als diese Person aus dem Gebüsch erschien. Ein wenig ungläubig blickte sie die Frau vor sich an, war das tatsächlich sie? „Verdammt, muss ausgerechnet die hübscheste Azalle mich gleich daran erinnern, dass ich aussehe, als würde ich einen Elefanten in mir tragen“, nanu? Tatsache. Wie konnte es Polas Augen auch nur entgehen? Sie musterte die Frau kurz, es dauerte nicht lang bis sie begriff, was sie meinte. Das Kompliment ließ sie allerdings dann doch einmal schmunzeln. "Ich hab dich vermisst“, meinte die Person, die ihr das nun mit einer Umarmung verdeutlichte. Es dauerte kurz, bis auch Pola diese Umarmung erwiderte. Also das hatte sie auf ihrem Ausflug in den Wald nun wirklich nicht erwartet. „Ich dich auch.... ich dich auch“, lächelte sie und löste die Umarmung ein wenig später schon. Praktisch, sie war gerade auf ihrem Rückweg gewesen. „Dich habe ich nun wirklich nicht erwartet“, lachte die Brünette. „Ich war gerade auf dem Rückweg ins Versteck. Du kommst also gerade zur richtigen Zeit“, grinste sie und brachte beide langsam zurück. „Du hast dich lange nicht.... blicken lassen.“, es war schwer, ihre Augen nicht immer wieder erneut auf die deutliche Wölbung fallen zu lassen. Wie lange sie wohl schon unterwegs war? Wo sie gesteckt hatte? Pola beschloss, ihr diese Fragen und weitere zu stellen, sobald sie wieder sicher waren und beide sich setzen konnten. Sie wollte sich gar nicht ausmalen, was für Mühen das sein müssen, so zu Fuß. Die kurze Stille die momentan herrschte, empfand sie nicht als eigenartig, also beließ sie es dabei. Sie hatten genug Zeit, um zu reden, wenn sie zurück waren. Doch noch bevor beide das Versteck betraten, fielen Polas Augen auf etwas anderes. „Einen Moment“, murmelte sie und begab sich näher an das Entdeckte heran und beugte sich hinab. Mit einem Schmunzeln hob sie ein Paar Sandalen hoch. „Astraea vermisst die bestimmt schon“, meinte sie und überwand noch die letzte Entfernung mit ihrer Begleiterin in das sichere Versteck.

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#123

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 18.05.2017 23:26
von Pummel • Eumelchen <3 | 295 Beiträge



Missmutig blickte ich zu der Stelle, an der bis eben noch der Mann gestanden hatte, dem wir unsere jetzige Lage zu verdanken hatten. Wenn die letzten Minuten nicht so verstörend gewesen wären, hätte ich jetzt wahrscheinlich versucht die Stimmung durch einen wahllos gewählten, schlechten Witz zu heben. Doch die Blutspuren des toten Soldaten zu meinen Füßen und die Aussicht auf das Treffen, welches uns gleich am nächsten bevorstehen sollte, lenkte meine Gedanken in eine ganz andere Richtung. Vom Regen in die Traufe, hm? Nach dieser Aktion würde sich wahrscheinlich keine der Wachen mehr trauen uns zu nahe zu kommen. Seufzend strich ich mir über den Kiefer und blickte anschließend abschätzend zu der brennenden Schulter, bei dem ich das Gefühl hatte er könnte jeden Augenblick abfallen.
„Ich liege richtig in der Annahme, dass du Ziegenbärtchen bereits öfter auf den Schlips getreten bist?“
Vorsichtig schob ich den angerissenen Stoff des Hemdes beiseite und verzog das Gesicht beim Anblick der angesengten Haut. Unter den jetzigen Umständen war eine Entzündung vorprogrammiert. Blieb nur zu hoffen, dass die Verletzung mich nicht übermäßig in meiner Bewegungsfreiheit behindern würde. Fieber wäre ebenso unerfreulich. Mit einem leisen Schnauben wandte ich meine Augen zurück zu Aneela.
„Wir sollten wahrscheinlich unsere Kräfte sparen. Wenn du mir irgendwas sagen willst, könnte das die letzte Gelegenheit sein, Prinzessin. Hab ich schon erwähnt, dass ich erstaunlich gut Geheimnisse für mich behalten kann?“

~~~

Erst Ethans Stimmte schaffte es, meine Augen von der Stelle zu lösen, an der kurz zuvor Callum seine Pläne für den nächsten Tag verkündet hatte. Ich brauchte einige Sekunden, bis ich seinen Worten einen Sinn beimessen konnte, woraufhin ich mechanisch nickte. "So könnte man es sagen...", erwiderte ich leise und beobachtete noch immer erschüttert, wie Ethans Blick zu seiner Schulter wanderte. Angesichts der vorangegangenen Drohung war das Mal und die damit verbundenen Komplikationen vermutlich sein geringstes Problem. Besorgt musterte ich meinen Zellengenossen und fuhr ertappt zusammen, als unsere Blicke sich trafen. Doch der Azalle schaffte es erneut, mich aus dem Loch zu ziehen, in welches ich in den vergangenen Tagen nur allzu schnell abzufallen drohte. "Daran könnte ich mich bestimmt erinnern.", lächelte ich leicht zurück und erhob mich endlich aus meiner unbequemen Sitzposition, was es mir zusätzlich erleichterte meine Fassade wieder aufzurichten. Ohne wirklich auf sein Angebot einzugehen, trat ich auf Ethan zu und nickte mit dem Kopf zu seiner Schulter. "Lass mich mal sehen.", sagte ich, auch wenn wir natürlich beide wussten, dass ich nichts für ihn tun konnte. Gar nichts...
Ein Schatten huschte über mein Gesicht, während ich seine Verletzung betrachtete. In Wirklichkeit jedoch nahm ich die Brandwunde nicht mal wahr. Nur meinen erhöhten Herzschlag. Die Schuld, die mich von innen zerfraß. Das Gefühl keine Zeit mehr zu haben. "Ein Geheimnis?", hörte ich mich leise sagen und hob den Blick, um meinen Gegenüber anzusehen. Für einen Moment verlor ich mich in seinen dunklen Augen, ehe ich ihm meinen Rücken zukehrte und den Stoff des Kleides über meine Schulter zog. "Ich weiß nicht wieso. Aber ich habe es nie jemandem gezeigt. Nicht wirklich zumindest..."

~~~

Die Umstände und Ereignisse der letzten Minuten schienen meiner Zellengenossin nicht gut zu bekommen. Ihre Antworten auf meine Fragen fielen recht knapp und nichtssagend aus. Im Moment erinnerte sie mich irgendwie an einen Singvogel, der in einen Käfig gesperrt wurde. Verglichen mit unserer ersten Begegnung im Wald war die Dunkelhaarige nun ein Schatten ihrer selbst; so kam es mir zumindest vor. Sie musste schleunigst hier raus. Mit einem leichten Nicken gewährte ich Aneela einen Blick auf meine Schulter, nur um kurz darauf auf ein längst ausgeheiltes Brandmal auf ihrer Haut starren zu können. Ich hatte fast nicht mehr damit gerechnet, dass sie auf meine Aufforderung von zuvor reagieren würde. Nun war ich derjenige, der nach angemessenen Worten suchte. So wie es aussah, war dies nicht das erste Mal, dass die Azalle gefasst worden war. Es ärgerte mich, dass ich so wenig über diese Stadt und ihre Anwohner wusste.
„Hm… dann sind wohl jetzt sowas, wie Leidensschwestern?“
Das schiefe Lächeln auf meinen Lippen wurde recht schnell von einem resignierten Seufzen abgelöst. Ohne groß darüber nachzudenken beugte ich mich zu ihr vor und strich mit meinen Fingern über das vernarbte Gewebe an ihrer Schulter. Meine Fingerkuppen kribbelten bei der sanften Berührung. „Da, wo ich herkomme, erzählt man sich zwar Geschichten über Cerandíl. Aber ich hätte niemals gedacht, dass die Verhältnisse hier so schlimm sind.“ Mit einem leisen Räuspern zog ich meinen Arm wieder zurück, der wahrscheinlich länger, als angebracht, über ihre Haut gewandert war. „Jedenfalls… hättest du nicht Lust nach Nivahlen zu kommen? Wenn das alles vorbei ist versteht sich… es ist ziemlich erfrischend zur Abwechslung wie ein menschliches Wesen behandelt zu werden.“

~~~

"Gebrandmarkte Ketzer, damit wir die Götter bei unserem Tod nicht überlisten können, um uns in ihren Schoß zu schleichen.", gab ich verbittert zurück und zuckte kaum merklich zusammen, als Ethan unerwartet über die Stelle fuhr, die es uns unmöglich machen würde unser Blut zu verleugnen, sollten wir die Gefangenschaft wie durch ein Wunder doch überleben. Mit einem mulmigen Gefühl lauschte ich seinen weiteren Worten, bis er sich selbst durch ein Räuspern unterbrach und seine Erkundung beendete. Während er fortfuhr, als wäre nichts gewesen, drehte ich mich wieder zu ihm um und rückte den Träger an seinen rechten Platz zurück.
"Vor wenigen Stunden habe ich dich noch mit einem Pfeil bedroht.", erinnerte ich ihn amüsiert. "Du hast in meinem Bett geschlafen und wir werden die Nacht zusammen verbringen. Und jetzt lädst du mich auch noch zu dir nach Hause ein?" Meine Mundwinkel gingen bei jedem Wort mehr in die Breite und für einige Momente hatte ich das Gefühl, wieder ich selbst zu sein. "Bist du immer so schnell, oder darf ich mich geehrt fühlen?", setze ich neckisch hinzu, ehe ich belustigt den Kopf schüttelte. Ein Teil von mir war dankbar, dass ich diese Situation nicht allein durchstehen musste, doch das führte gleichzeitig dazu, dass ich mich nur noch schuldiger fühlte und mit einem leisen Seufzen seinen Blick suchte. "Du bist vermutlich der größte Pechvogel, der mir je untergekommen ist... ", fuhr ich mit einem deutlich wärmeren Lächeln fort und verzichtete darauf ihm zu erzählen, dass er sich ausgerechnet für die Rettung der Frau entschieden hatte, die man um jeden Preis erwischen wollte. Vermutlich hätte er diese Tatsache ohnehin als irrelevant abgetan. Nun, jedenfalls ließ sich das Alles nicht mehr ändern. Und ihm aufzuzählen, warum ich an allem Schuld war, hätte vermutlich auch nur mein eigenes Gewissen beruhigt. Also widerstand ich dem Drang noch mehr zu sagen und richtete stattdessen meine Augen in eine andere Richtung. "Es gibt deutlich schönere Plätze für eine gemeinsame Nacht..."

~~~

So, wie es aussah, waren die Leute hier deutlich primitiver, als ich angenommen hatte. Es stimmte zwar, dass es selbst in Nivahlen Menschen gab, die nichts mit Azallen anfangen konnten. Doch diese Vorbehalte entsprangen meist eher einem tiefen Misstrauen gegenüber Dingen, die einem fremd waren und nicht religiös angehauchten Grundsätzen. Aneela lenkte meine Gedanken jedoch recht schnell in eine andere Richtung, als sie mein Angebot mit einer, zugegebenermaßen amüsanten, Aufzählung quittierte. Dafür, dass kaum ein Tag seit unserer ersten Begegnung vergangen war, hatte sich tatsächlich auffällig viel ereignet. Ich merkte zunächst nicht einmal, wie ich ihr Lächeln automatisch erwiderte.
"Bist du immer so schnell, oder darf ich mich geehrt fühlen?", fragte die Dunkelhaarige amüsiert und mit einem Kopfschütteln, was mich zu einem leisen Lachen verleitete. „Es kommt wohl immer auf die Umstände an. Da ich derzeit der einzige annehmbare Mann in Reichweite bin, dachte ich meine Chancen stehen recht gut…“
Erheitert erwiderte ich ihren Blick, als sie erneut zu mir schaute und feststellte, dass ich wahrscheinlich der größte Pechvogel war, der ihr jemals untergekommen war.
„Ich weiß nicht. An sich hätte es schlimmer kommen können. Ich könnte jetzt tot im Wald liegen. Wegen einer Infektion, Nahrungsmangel oder einem gespaltenen Schädel. Stattdessen teile ich mir gerade die Zelle mit der Azalle, der ich das Leben zu verdanken habe. Von daher…“
Während sie zur Seite schaute, nutzte ich die darauf folgenden Sekunden, um mich ein weiteres Mal in der Zelle umzusehen. Ich verzog das Gesicht beim Anblick des Eimers in einer Ecke. Ansonsten sah ich nur noch einen nicht gerade einladend aussehenden Strohhaufen an der gegenüberliegenden Wand. Derweil war Aneela zu der Einsicht gelangt, dass es deutlich schönere Plätze für eine gemeinsame Nacht gab. Traurigerweise musste ich ihr dieses Mal zustimmen.
„Den Krankheitsherd da hinten würde ich als Schlafplatz zumindest erstmal ausschließen. Wer weiß, was dort alles herumkriecht. Also bleibt wohl nur der Boden.“
Zur Unterstreichung meiner Worte setzte ich mich kurz darauf bereits in der Mitte der Zelle auf dem harten Untergrund hin. Mir entwich ein leises Schnauben. „Immerhin kann es hier nicht reinregnen. Das ist doch schon mal was…“

~~~

Seine anderen Bemerkungen bewusst ignorierend, ließ ich meinen Blick weiter durch die Zelle schweifen, bis Ethan sich seinen Schlafplatz für die Nacht gesichert hatte. "Es ist toll, wie du allem etwas positives abgewinnen kannst.", entgegnete ich noch immer in Gedanken versunken, ehe ich meine Stirn seufzend gegen das kühle Gatter sinken ließ und abermals auf die Stimmen lauschte, die dumpf zu uns herüberschallten. Doch schnell lenkte ich meine Aufmerksamkeit zu den übrigen Azallen, was ich jedoch augenblicklich bereute. Unschlüssig drehte ich mich herum, betrachtete meinen Zellengenossen und ließ mich dann die Gitter entlang nach unten sinken. Obwohl ich bezweifelte, dass einer von uns in dieser Nacht auch nur kurz wegnicken würde, schloss ich meine Augen und versuchte alles um mich herum auszublenden. Doch wie einen Moment zuvor ließ mich die Alarmbereitschaft meines Körpers keine Ruhe finden und unzufrieden gab ich dieses Unterfangen auf. Die immer stärker werdende Unruhe in mir steigerte meinen Bewegungsdrang trotz der Erschöpfung. Doch die Beengtheit der Zelle machte eine Unterbindung natürlich schwierig und so begann ich mein Haar von den Spangen zu befreien, die Astraea in liebevoller Kleinarbeit angebracht hatte. Zumindest glaubte ich zu wissen, dass Kilian sie und somit sich selbst schnell genug in Sicherheit gebracht hatte, was zumindest ein tröstliches Licht ins Meer meiner dunklen Vorstellungen warf. Was meinen Begleiter jedoch betraf, so weckte er ziemlich widersprüchliche Dinge in mir und solche Empfindungen waren noch nie meine Stärke gewesen. Dennoch gingen mit ihnen auch eine gewisse Neugier einher, die mich ihn abermals betrachten ließ. "Ich werde nicht gleich losheulen, nur weil du zugibst, in was für einer Scheiße wir stecken, weißt du...", begann ich und ließ meine Worte von einem angedeuteten Lächeln begleiten, um sie zu unterstreichen.

~~~

Ich war mir nicht ganz sicher, ob meine Zellengenossin es ironisch meinte, als sie sich anerkennend zu meiner Lebenseinstellung äußerte. Es dauerte nicht lange, bis sie es mir gleich tat und sich an den Gitterstäben hinabsinken ließ, bis sie eine sitzende Position erreichte. Ich zweifelte zwar daran, dass diese Haltung wirklich gemütlich sein konnte, sagte jedoch nichts dazu. Stattdessen holte ich den bearbeiteten Kamm hervor und spielte ein wenig damit herum, während ich die Ereignisse der letzten Stunden noch einmal Revue passieren ließ.
Als ich erneut zu Aneela aufblickte, ruhten ihre Augen auf mir. In einer Hand hielt sie eine Spange fest, die sie soeben aus ihrem Haar gezupft hatte. "Ich werde nicht gleich losheulen, nur weil du zugibst, in was für einer Scheiße wir stecken, weißt du..." Ihre Worte verleiteten mich zu einem schiefen Lächeln. „Willst du denn unbedingt, dass ich anfange zu jammern? Männer sind nicht mehr zu bremsen, wenn sie erst einmal damit angefangen haben… das ist dir hoffentlich bewusst?“
Grinsend verstaute ich mein derzeitiges Spielzeug und betrachtete die Dunkelhaarige einige Augenblicke, ehe ich weitersprach.
„Bei sowas verlasse ich mich meist auf mein Bauchgefühl. Wenn es wirklich schlecht um mich stehen sollte, dann ahne ich es meist vorher. Dieser eine Auftrag von vor knapp zwei Jahren zum Beispiel. Da war dieser Typ, der auf der Suche nach diesen Steinen war, die ihm angeblich entwendet worden waren. 5 Stück an der Zahl, allesamt steinalt und für Leute wie mich nutzlos. Von Anfang an hatte ich irgendwie ein mulmiges Gefühl bei der Sache. Da ich aber knapp bei Kasse war, habe ich eingewilligt. Tzja, es stellte sich heraus, dass die Steine nicht dem Auftraggeber, sondern einem kleinen Stamm im Norden gehörten… beteten sie an oder sowas. Und ich musste auf unangenehme Art und Weise lernen, dass sie nicht gut auf Fremde zu sprechen waren.“ – ich tippte mit einem Finger kurz eine Stelle an meinem Hals an, ehe ich weiterführte – „Eine kleine Pfeilspritze mit einem Schlafmittel im Blutkreislauf und weg war ich. Als ich wieder aufwachte, befand ich mich mitten in einer Wüste… bis zum Hals in der trockenen Erde eingegraben. Das nenne ich eine ausweglose Situation! Nach ein paar Stunden habe ich angefangen Wetten abzuschließen, was wohl zuerst eintreten würde. Tod durch Wassermangel, vorschnelle, heißhungrige Geier, eine Herde vorbeiziehender Kojoten. Es gab viele Möglichkeiten. Am Ende wurde ich von einem vorbeiziehenden Händler gefunden... guter Kerl. Grub mich aus und… naja darum geht es ja eigentlich nicht. Das Schicksal hatte mir trotz der beschissenen Lage zugelächelt. Solange ich also noch nicht meinen letzten Atemzug getätigt habe, glaube ich an Möglichkeiten und glückliche Zufälle.“

~~~

Ethans Erwiderung ließ meine Mundwinkel zucken und ich schüttelte leicht den Kopf, um ihm zu signalisieren, dass seine Einstellung durchaus angenehm war, solange er auch wirklich so empfand. Seine kleine Geschichte räumte zumindest meine Zweifel ein wenig zur Seite und schweigsam lauschte ich dem Azallen, der es bewundernswerterweise tatsächlich schaffte mich zu beruhigen. "Dann hoffe ich einfach, dass dein Charme dich auch diesmal rettet.", entgegnete ich lächelnd und versuchte die harten Gitterstäbe auszublenden, die sich unbequem in meinen Rücken bohrten. Nachdenklich ließ ich meinen Blick über meinen Mitinsassen schweifen und fragte mich unweigerlich, was Callum ihm alles antun würde, um mich zum Reden zu bringen. Die Vorstellung allein sorgte dafür, dass es sich anfühlte, als hätte mir jemand eine Klinge in den Bauch gerammt. Seltsamerweise machte ich mir keine Sorgen darum, dass Ethan unser Versteck preisgeben würde, auch wenn diese Annahme vermutlich äußert naiv war. Ich kannte Azallen von außerhalb. Und wir unterschieden uns selten in unseren moralischen Vorstellungen, aber würde ein Mensch wirklich den eigenen Tod in Kauf nehmen, um einen Haufen Fremder zu retten? Ich realisierte zu spät, dass ich den Mann seit einer ganzen Weile gedankenverloren betrachtete und als mir mein Starren bewusst wurde, richtete ich meine Augen rasch in eine andere Richtung.
Wie spät es mittlerweile wohl war? Das Schloss zumindest hatte sich in eine trügerische Ruhe gehüllt, was es selbst mir erschwerte mich mit Geräuschen von außerhalb abzulenken. Und wieder ertappte ich mich dabei, wie meine Aufmerksamkeit zu Ethan wanderte und nachdem ich eine Weile zögerlich verharrte, richtete ich mich seufzend auf und verlagerte meinen Schlafplatz an seine Seite. "Versuch etwas zu schlafen...", murmelte ich, nachdem ich mich mit dem Rücken zu ihm gewandt und meinen Kopf auf meinem Arm gebettet hatte. Seinem gleichmäßigen Atem lauschend, schien mich die Erschöpfung schneller einzuholen, als zu erwarten und ohne von weiteren Gedanken gequält zu werden glitt ich wenige Augenblicke darauf in einen traumlosen Schlaf.


zuletzt bearbeitet 26.05.2017 22:48 | nach oben springen

#124

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 19.05.2017 00:45
von Pummel • Eumelchen <3 | 295 Beiträge



Als ich am nächsten Morgen erwachte, war ich ein wenig desorientiert. Denn ich saß auf dem Boden, an meine eigene, verschlossene Tür gelehnt. Ich konnte mich gar nicht mehr daran erinnern, wann ich eingeschlafen war. Seufzend strich ich mir über den steifen Nacken und wunderte mich selbst darüber, wie paranoid ich gerade wirken musste. Den einzigen Trost bot wahrscheinlich die Tatsache, dass nie jemand davon erfahren würde. Doch damit war jetzt Schluss. Da ich mich nicht darauf verlassen konnte den gestrigen Tag einfach so hinter mir zu lassen, beschloss ich mich vorerst mit dem Gefühl zu befassen, welches am einfachsten einzuordnen war. Wenn ich tatsächlich Kopf und Kragen riskieren wollte, selbst auf die Gefahr hin, dass dies eine Falle war, brauchte ich einen kühlen Kopf. Erst gestern hatte ich auf die harte Tour lernen müssen, was geschah, wenn meine Gefühle mich blendeten.
Zu meiner Überraschung war ich nicht die einzige, die den Trainingsplatz zu so früher Stunde aufsuchte. Sein Gesicht kam mir gleich bekannt vor. Es dauerte jedoch einige Augenblicke, bis ich es einem Namen zuordnen konnte. Ser Theodor von Rodin, Ritter des Königs. Wir kannten uns nur flüchtig, doch ich glaubte zu wissen, dass er noch so etwas wie Anstand besaß. Einer der angenehmeren Gesellen, mit dem man sich ab und an in Ruhe unterhalten konnte, ohne dabei die Beherrschung zu verlieren. Der Blonde schien mich noch nicht bemerkt zu haben und führte unbeirrt seine Angriffsserie an einer Trainingspuppe fort. Etwas an dem Bild wollte mir nicht so recht gefallen. Es lag zumindest nicht an seinen Bewegungen. Einige Hiebe später kam ich schließlich darauf, was mich störte.
„Seid Ihr etwa der Axt überdrüssig geworden?“, rief ich ihm kurzerhand entgegen, ehe ich näherkam, um selbst mit meinem Training zu beginnen. Ich hatte zwar darauf gehofft die einzige hier zu sein. Doch andererseits hätte es mich auch viel schlimmer treffen können. „Lasst Euch nicht stören. Ich wollte bloß etwas Dampf ablassen…“
Ich lächelte ihm kurz zu, sobald ich nahe genug war. Eine Regung, die ich mir im Laufe der Jahre angeeignet hatte. Selbst wenn einem nicht danach war, konnte es niemals schaden eine freundliche Fassade an den Tag zu legen. Man war schließlich niemals imstande vorauszuahnen, wann man eine helfende Hand benötigen würde. Abrupt presste ich die Lippen unzufrieden aufeinander, als ich von meinen eigenen Gedanken eingeholt wurde. Ungeduldig begann ich meine Hände mit einem passenden Stück Verband zu umwickeln. Es dauerte nicht lange, bis mir das erste, leise Schnauben entwich.


zuletzt bearbeitet 21.05.2017 09:48 | nach oben springen

#125

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 19.05.2017 19:51
von FutureExMsConnolly • NeylsStalker | 24 Beiträge




Zu seiner grenzenlosen Erleichterung erwachte das Gegenüber des Bänkelsängers und Rowan musste sich zusammenreißen, um nicht einen erleichterten Seufzer zu lassen. Nach der Hiobsbotschaft vom gestrigen Abend war er immer noch nicht ganz über die schockierende Nachricht hinweg und vermutlich spielten ihm seine Sinne nun Streiche, aber er hätte schwören können, dass Tristan, so zusammengesunken, wie er auf seinem Stuhl gesessen hatte, nicht mehr wirklich frisch ausgesehen hatte, um nicht zu sagen tot. Umso erleichterter war er, als sich seine grausigen Gedanken nicht als Wahrheit herausstellten.
"Schön, zu sehen, dass du noch unter uns weilst", entgegnete der Endzwanziger ihm, nickte Astraea, die an ihnen vorbeilief, kurz zu und wandte sich wieder an seinen Kameraden.
"Warum hast du denn vor dem Zelt geschlafen? Warst du betrunken und hast es nicht mehr ins Bett geschafft?", neckte der Barde seinen Gesprächspartner, doch die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. EIne Frau, sie mochte vielleicht jünger sein als Rowan selbst, kam aus... Tristans Zelt heraus und hinterließ auf dem Gesicht des Brünetten einen fragenden Ausdruck. Was...?
"Hallo... Artminea. Ich heiße Rowan.... Wie du sicher schon weißt", stellte sich der verwirrte Barde erneut vor und lächelte gepresst, seinen Blick auf der Unbekannten ruhend lassen. Er kramte im Hinterstübchen seines Hirns nach irgendeiner Information, die ihm offenbaren konnte, ob er die Frau vor sich schon einmal gesehen hatte, aber er konnte sich nicht an sie erinnern. Eine Fremde? Hier? Und das in Tristans Zelt? Was tat sie hier? Und wo kam sie her?
Noch immer irritiert lauschte er dem Gespräch zwischen seinem Freund und der neuen Bekanntschaft, in der Hoffnung, das Gespräch konnte ein wenig Klarheit schaffen, doch leider trug es nur noch mehr zu seiner Verwirrung bei. 'Entschuldige das Bett'? Was war das denn für eine Aussage? Bedeutete das etwa, dass das Mädchen bei ihm übernachtet hatte?
"Oh!!", entfuhr es dem nun geschockten und peinlich berührten Rowan, als es ihm wie Schuppen von den Augen fiel. Oh...! Natürlich! Wieso war ihm das nicht schon vorher aufgefallen? So eine Art von.... "Bekanntschaft" war es also von ihm... Und er hatte sie unterbrochen bei ihrer... ihrer ... Liaison? Aber nein, wieso sollte Tristan dann vor dem Zelt schlafen? Auf einem Stuhl? Oder war das gar ein... 'Spielchen'? Oh Götter.
Mit erröteten Wangen und einem peinlich berührten Räuspern wandte Rowan seinen Blick ab, wollte am liebsten einfach weggehen, am besten zurück in sein Zelt, wo er sich zurückziehen und diese... Bilder aus dem Kopf bekommen konnte.
"Äh...", entfuhr es ihm deshalb, "Ich... Also, ich.... Soll ich euch alleine lassen?"
Er schluckte.
"Ich wollte euch nicht stören! Ich... Ich gehe einfach weg und wir geben vor, das hier sei nie passiert? Ich sage es auch keinem, versprochen...!"
Ob Tristan es ihm übel nahm, dass er die beiden bei... ihrem Spielchen unterbrochen hatte? Er hatte es nicht so gemeint! Er konnte doch nicht ahnen, dass Tristan jemanden im Zelt hatte. Und nun stand er zwischen diesen beiden und hörte Tristan über sein Bett reden. Pein-lich.
"Es... sei denn, du möchtest mich zu jemandem begleiten, der sich mal meine Verletzungen ansieht? Irgendwie schmerzen die nämlich immer noch ziemlich und ich habe Angst um meine Rippen. Aber du kannst natürlich auch erst einmal hier bleiben und ihr könnt... das beenden, was auch immer ihr da gemacht habt. Ich will es gar nicht wissen. Aber wenn du.... nach eurem Stündchen noch Zeit hast, wäre ich dir sehr verbunden, könntest du mich begleiten."
Dass Tristan Händchen halten sollte, falls die Untersuchung zu weh tat, wollte Rowan ihm nicht direkt auf die Nase binden...


zuletzt bearbeitet 19.05.2017 20:28 | nach oben springen

#126

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 20.05.2017 09:55
von Annika • Nesthäkchen | 22 Beiträge



Mit einem mehr als nur verwirrten Gesichtsausdruck drehte sich Tristan zu Rowan um. Wovon spricht er denn überhaupt? Er stammelte irgendetwas von „Spielchen“ und schien ein wenig überfordert. „Ich wollte euch nicht stören! Ich... Ich gehe einfach weg und wir geben vor, das hier sei nie passiert? Ich sage es auch keinem, versprochen...!", langsam dämmerte es Tristan und er hielt ein Lachen zurück. Mit einem Grinsen im Gesicht schüttelte er den Kopf und verschränkte die Arme. Als Rowan ihm dann allerdings anbot, ihn zu jemandem zu begleiten, der sich mit seinen Verletzungen auskannte, sah Tristan dies als eine Möglichkeit, um seinem Gegenüber alles ein wenig zu erklären, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. „Ich bin kurz weg, für den Fall, dass du etwas brauchst“, meinte er zu Artminea und gab ein kurzes Nicken von sich. Er klopfte Rowan auf die Schulter und machte sich auf den Weg zu Enngelins Zelt. „Keine Sorge Rowan, du hast da definitiv nichts unterbrochen“, nun konnte er sein Lachen doch nicht mehr zurück halten. „Ich habe sie gestern vom See weggeholt, als sie mit einem Pfeil im Rücken am Boden lag“, erneut schüttelte er den Kopf leicht als er sich das in Erinnerung rief. „Und wo sollte ich sie schlafen lassen? Auf dem Boden wäre wohl keine so gute Idee gewesen.“, erklärte er es ihm. „Übrigens, ich bin mir sicher, dass Enngelin nicht beißt und es dir danach um einiges besser gehen wird. Zumindest habe ich sie noch nie erlebt, als sie gebissen hätte“, schmunzelte er, rieb sich jedoch über den Nacken als sie dann vor ihrem Zelt standen. „Ich weiß nicht.... schläft sie noch? Ich habe sie heute noch nicht gesehen. Wäre es nicht ein wenig unhöflich, einfach so in ihr Zelt hinein zu spazieren?“, mit einem fragenden Blick ließ er seine Augen noch einmal ein wenig schweifen um zu sehen, ob er sie nicht doch noch außerhalb entdecken könnte.

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#127

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 20.05.2017 13:02
von FutureExMsConnolly • NeylsStalker | 24 Beiträge



"Au!"
Mit schmerzverzerrtem Gesicht rieb sich der geplagte Rowan die von Tristan getroffene Stelle. Auch, wenn er wusste, dass sein Gegenüber ihm nicht hatte wehtun wollen und es als freundschaftliche Geste gemeint war. Dennoch tat es ganz schön weh, selbst Tage nach der Prügelattacke dieses betrunkenen Rüpels aus der Taverne. Es wurde dringend Zeit, dass irgendwer ihn mit Salben einschmierte oder mit Bandagen einwickelte.
Noch immer etwas rötlich um die Nase dank seiner... interessanten Entdeckung lauschte der hinter seinem Kameraden hinterherhumpelnde Barde dessen Erklärung und wusste nicht ganz, ob er erleichtert sein sollte oder sich entschuldigen. Aber es hatte doch so ausgesehen, als hätten sie... Als wäre Tristan...
"Oh, ich verstehe", warf Rowan ein, "Also hast du dich einfach um sie gekümmert? Das ist nett von dir. Ehrlich! Also nicht, dass ich gedacht hätte, du würdest irgendjemanden von außerhalb hierher holen. Also es sah schon so aus und ich weiß ja nicht, ob du einem... einem... einer einmaligen Sache oder so zustimmen würdest. Also nein, natürlich schätze ich dich nicht so ein und natürlich denke ich auch über sowas nicht nach! Aber du... sie... ich..."
Rowan brach ab, ließ einen tiefen Seufzer aus und verstummte dann. Er würde sich nur um Kopf und Kragen reden, wenn er jetzt weitermachte und er wollte lieber nicht riskieren, dass Tristan ihm eine reinhaute. Gegen Schläge hatte er verständlicherweise eine kleine Abneigung entwickelt.
"Hätten wir sie dann besser nicht mitnehmen sollen? Damit sich jemand ihre Verletzung richtig anguckt?", warf er ein. Pfeil im Rücken hörte sich jedenfalls ziemlich unangenehm an und damit war absolut nicht zu spaßen. Was, wenn irgendwelche inneren Organe verletzt worden waren? Nicht, dass Tristan nachher in sein Zelt zurückging und er seine neue Bekannte in ihrer eigenen Blutlache liegen sah. Die Flecken würde er nie mehr aus seiner Decke herausbekommen.
"Wer ist Enngelin?",fragte Rowan verwundert und hob irritiert eine Augenbraue. Kannte er sie? Nicht, dass er wüsste. Oder konnte er sich nur nicht an sie erinnern, weil sein Kopf schmerzte und ihm das Hirn rausgeprügelt worden war? Diese Möglichkeit wollte er nicht außer Acht lassen. Aber wer auch immer sie sein mochte, solange sie dafür sorgen konnte, dass Rowans Verletzungen besser wurden, konnte sie auch ein Monster mit drei Köpfen sein.
"Eh, also,ich will nicht drängen oder sowas", gab Rowan zur Antwort, "Aber ich würde ungern warten, bis die Dame erwacht. Ich sterbe hier. Also wirklich jetzt. Du könntest mich locker umboxen und ich würde sterben.... Das war übrigens keine Aufforderung! Können wir nicht einfach... in das Krankenzelt gehen? Dort muss doch irgendjemand sein, der sich zwei Minuten Zeit für mich nehmen kann."
Rowan hätte schon viel früher zu jemandem mit medizinischer Kenntnis gehen sollen. Aber die letzten Tage war er so müde und geplagt gewesen, dass er sich kaum erheben konnte. Nun, dieser Fehler machte sich jetzt bemerkbar.
"Danke übrigens, dass du mitkommst. Obwohl du ein Weibchen im Zelt hast, meine ich. Du musst mich wirklich lieben", meinte der Endzwanziger dann noch und grinste, "Ich bin dir was schuldig."


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#128

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 20.05.2017 15:26
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge




Nach einer eher kurzen Nacht, verließ ich mein Zimmer schon recht früh, mit der Absicht noch einige Vorkehrungen zu treffen, ehe ich mich voll konzentriert den beiden Azallen widmen würde. Wenn alles nach Plan verlief, würde es nicht allzu lange dauern, bis ich mir die nötigen Informationen beschafft hatte und durch die kürzlich zu Tage tretenden, neuen Erkenntnisse, war es vielleicht nicht mal mehr nötig einen von beidem zum Reden zu bringen. Wie es der Zufall so wollte, erblickte ich in diesem Augenblick meine nächtliche Besucherin und versuchte abzuschätzen, wie viel die Verräterin wohl wusste. Mein Blick glitt zu dem Mann, der in unmittelbarer Nähe trainierte und nicht zum ersten Mal fragte ich mich, ob sie möglicherweise Verbündete hatte, die sich ebenfalls im Schloss eingenistet hatten. Doch es war nur eine Frage der Zeit, bis ich auch darauf Antworten finden würde, weshalb ich meinen Weg zum König unbekümmert fortsetzte.

Es war schon fast zu einfach, wie alles sich zu meinen Vorstellungen entwickelte. Zu gerne hätte ich Corboz Gesicht gesehen, als ihm mitgeteilt wurde, dass es wider seiner Erwartungen tatsächlich mir oblag, wie man mit den Gefangenen zu verfahren hatte. Ich vertraute darauf, dass sein Zorn mir weiter in die Hände spielte und sich mir noch genügend Gelegenheiten bieten würden, seine Schmach auszukosten. Aber alles zu seiner Zeit.
Auf dem Weg zu den Zellen hielt ich nach einem ganz bestimmten Gesicht Ausschau und als ich den jungen Soldaten entdeckt hatte, legte sich ein kleines Lächeln auf meine Lippen. "Tarly" Der rothaarige Mann wandte sich erschrocken um. "Ich habe einen kleinen Auftrag für dich..."
Noch immer lächelnd, klopfte ich Tarly auf die Schultern, der sichtlich bestürzt wirkte über das, was ich ihm gerade zugeflüsterte hatte. "Und denk daran, der Zeitpunkt ist entscheidend. Erinnerst du dich noch an Thorben, der vor einiger Zeit einfach verschwunden ist? Ich hab gehört er war ein Freund von dir? Nun...er hat ein bisschen zu lange gezögert."
Mit diesen Worten ließ ich den Soldaten hinter mir, um mich meiner nächsten Aufgabe zu widmen. Der vermutlich spaßigste Teil würde sich vermutlich in den nächsten Stunden abspielen. Hofften wir einfach, dass meine Vorkehrungen ihr Ziel nicht verfehlt hatten und die Azalle ihrem Ruf gerecht wurde. Zumindest ersteres schien sich schnell zu bestätigen, als mein Auftauchen bemerkt wurde. Nachdenklich lehnte ich mich gegen die Zelle und ließ meinen Blick zwischen den beiden Gefangenen umherschweifen, ehe ich zu einer Entscheidung kam und meine Mundwinkel unheilverkündend in die Breite gingen. "Ich habe meine Meinung geändert." Meine Augen richteten sich auf die Dunkelhaarige, die diesen Ausschlag unbewusst gegeben hatte. "Fangen wir mit dir an..."


Liebe ist nur eine weitere Methode anderen Leid zuzufügen <3
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#129

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 20.05.2017 15:57
von Annika • Nesthäkchen | 22 Beiträge



„Enngelin ist eine Heilerin", erklärte er Rowan. „Sie ist auch diejenige, die sich Artmineas Verletzung angesehen hatte. Direkt gestern Abend noch am See, glücklicherweise“, gab er ehrlich zu. Möglicherweise wäre es um die Frau in seinem Zelt anders gestanden, hätte man sie erst hier verarzten und behandeln können? Darüber wollte er eigentlich nicht nachdenken, warum tat er es also dann? Tristan schob diese Gedanken zur Seite und widmete seine Aufmerksamkeit wieder Rowan.„Das Krankenzelt wäre in der Tat keine schlechte Idee“, er nickte. Er gönnte Enngelin ihre momentane Ruhe, den Schlaf konnte sie wohl definitiv gebrauchen. „Dann komm“, meinte er knapp und machte sich mit seinem Begleiter auf den Weg zu dem vorhin erwähnten Krankenzelt. Dass Rowan sich anschließend noch bei ihm bedankte kam tatsächlich unerwartet. „Weil ich ein Weibchen im Zelt habe?“, erneut lachte der junge Mann herzlich. „Ja Rowan, ich liebe dich sehr“, gab er ihm als Antwort. Er ließ seine Augenbrauen wackeln, pfiff und ließ seine Hände in den Hosentaschen verschwinden. Aber nanu, was war das denn? Seine linke Hand umklammerte etwas und holte es aus der Tasche, betrachtete es fragend, bis ihm die Bedeutung davon erneut in den Kopf kam. Es war ein Talisman, geformt aus einem wunderschönen Stein, schon mehr aussehend wie ein teurer Edelstein. Er hatte ihn eines Tages auf seinem Weg durch den Wald gefunden, als etwas glänzendes seine Aufmerksamkeit erregte. Es sollte ein Geschenk für jemanden werden, kam jedoch nie an und blieb für eine gefühlte Ewigkeit in dieser Tasche. Bis jetzt. Er konnte sich an die dunklen, braunen Haare und die warmen braunen Augen erinnern, als würde sie direkt vor ihm stehen. Sie trug nie auffällige Kleidung und war eine schlichte Magd gewesen. Mittlerweile konnte Tristan sich nicht einmal mehr daran erinnern, wie lange es schon her war. Aber diese Sachen gehörten der Vergangenheit an. Ohne noch weiter darüber nachzudenken kam der Talisman wieder an seinen Platz. „Ich bin dir was schuldig“, meinte sein Begleiter, bis sie zu einem Halt vor dem Krankenzelt kamen. „Bist du nicht. Versprich mir nur, dass ich jetzt nicht noch Händchen halten muss da drinnen.“


zuletzt bearbeitet 20.05.2017 16:13 | nach oben springen

#130

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 20.05.2017 16:59
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge



Das Gefühl, dass ich all die vergangenen Monate rigoros unterdrückt hatte; das Heimweh, die Sorgen um meine Familie und Freunde; all das kehrte in dem Moment zurück, als ich Pola in die Arme schloss und für einen Moment schienen sie mich zu überwältigen. Ich schob die Schuld für diese Gefühlsduselei auf die Schwangerschaft und nickte lächelnd, als Pola vorschlug gemeinsam zum Versteck aufzubrechen. Meine Freundin nahm mein Auftauchen zum Glück recht gelassen auf, auch wenn ich vermutete, dass nicht jeder mich so glimpflich davonkommen lassen würde. Doch ich hatte mich zu früh gefreut.
„Du hast dich lange nicht.... blicken lassen.“ Ich ignorierte ihre Blicke auf meinen Bauch und zuckte stattdessen lediglich mit den Schultern. "Muss furchtbar langweilig ohne mich gewesen sein, entschuldige dafür.", meinte ich ausweichend und folgte der Azalle, deren Aufmerksamkeit kurz darauf auf ein paar Schuhe fiel, die nach ihrer eigenen Aussage der rothaarigen Frau gehörten, die einige Wochen vor meinem Verschwinden aufgetaucht war. "Würde mich nicht wundern, wenn sie an denen mehr hängen würde, als je an ihrer Unschuld.", pflichtete ich Pola amüsiert zu und wunderte mich innerlich, dass Astraea noch nicht das Weite gesucht hatte. Oder Kilian ihr an den Hals. gegangen war. Je nachdem.
Doch bevor ich noch etwas hinzufügen konnte, klangen weit entfernte Geräusche an mein Ohr und vor meinem inneren Auge blitzen Bilder auf, die ich nicht zuordnen konnte. Nicht jetzt!
Ich folgte der Azalle weiter, ohne mir anmerken zu lassen, wie sehr ich mich darauf konzentrieren musste, keine weiteren alten Geschehnisse zuzulassen. Vermutlich kam mir der Weg durch den unterirdischen Gang deshalb so viel länger vor, als in meiner Erinnerung. Oder es lag einfach an dem Umstand, dass man mich zurzeit leicht mit einem wandernden Fass verwechseln konnte.
Doch schließlich erreichten wir das Ende des Tunnels und augenblicklich spürte ich, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. "Was ist passiert?", hörte ich mich nachdrücklich fragen und verstand nun auch die Visionen, die mich auf dem Weg hierher eingeholt hatten. Vermutlich hatte ich meine Rückkehr doch zu lange aufgehoben.


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zuletzt bearbeitet 26.05.2017 22:48 | nach oben springen

#131

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 20.05.2017 17:39
von Venhedis • Höllenfürstin | 38 Beiträge



Nachdem ich der Verkäuferin ein paar Münzen in die Hand drückte, nahm ich die Fleischpastete entgegen und machte mich auf den Weg. Zwar hätte ich mir auch etwas aus der Küche holen können, vermutlich hätte mich das auch nichts gekostet, doch fand ich, dass ich es nutzen sollte, dass die fahrenden Händler noch ein oder zwei Tage in Cerandil verweilen würden. Schließlich kamen diese oft nur zu besonderen Festen und Anlässen durch die Stadt. Außerdem befürchtete ich immer, eines Tages das Glasauge des Kochs in meinem Essen zu finden.
Der Trainingsplatz war, zu meinem Glück, leer. Die Rekruten schliefen wahrscheinlich noch oder waren mit dem Frühstück beschäftigt und alle anderen Personen, die hier trainierten, waren meist nicht vor Mittag zu sehen. Ich nahm mir eines der Holzschwerter und fing dann an, meine Schwertkünste aufzufrischen. Nachdem die junge Truppführerin mich bei unserem letzten, wöchentlichen Duell haushoch geschlagen hatte, musste ich das nun endlich nachholen. Mit einer knappen Niederlage, zumindest wenn es um Schwertkampf ging, konnte ich ja noch leben, aber so leicht wollte ich es ihr bestimmt nicht noch einmal machen. Es dauerte nicht allzu lange, bis ich langsam wieder das Gefühl für diese Waffe bekam, immerhin musste ich damit den Großteil meiner Ausbildung lang trainieren.
Ich stockte kurz, als mich eine Stimme überraschte, zu der ich mich natürlich umdrehte. "Lady Geidt, ich bitte Euch. Meiner Axt könnte ich nie überdrüssig werden, doch zu meinem Bedauern musste ich sie wohl oder übel im Rücken einer blutrünstigen Bestie stecken lassen, als diese wieder in das Loch floh, aus der sie kam", entgegnete ich ihr scherzend."Und macht Euch keine Sorgen, die Gesellschaft einer Frau könnte mich wohl kaum stören. Hier sieht man sowieso eher selten ein freundliches Gesicht", meinte ich und nickte Katelyn kurz zu, als sie näherkam. Ich richtete meinen Griff und wandte mich wieder der Strohpuppe zu, welche bereits bessere Tage hinter sich hatte, um meine Schläge weiter zu verfeinern. Da 'Dampf ablassen' nur nach doch eher unangenehmen Geschehnissen gebraucht wurde, über die die wenigsten mit Leuten redeten, die sie nicht besonders gut kannten, fragte ich nicht nach, wie es dazu kam.


zuletzt bearbeitet 20.05.2017 17:45 | nach oben springen

#132

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 20.05.2017 18:07
von Annika • Nesthäkchen | 22 Beiträge



Nun wurde Pola bereits schon das zweite Mal innerhalb weniger Stunden gebeten, das tragische Geschehnis in Worten zu wiederholen. Diesmal war es nicht so schlimm wieder zu geben, aber das angenehmste war es dennoch noch immer nicht. „Wir hielten eine Totenfeier für Erasmus ab, der nur kurz davor verstarb“, sie lehnte sich an eine Wand, ein Bein abgewinkelt und ebenfalls an der Wand abstützend, verschränkte sie ihre Arme. „Wir waren vorsichtig auf unserem Weg dorthin. Wirklich...“, Aneelas Worte hallten in ihrem Kopf wieder. „Sie sind hier!.... Lauft“, murmelte Pola und krallte sich dabei in ihre eigenen Oberarme, ließ kurze Zeit später aber wieder ein wenig nach. „Und dann waren sie da. Die Soldaten....“, diesmal war etwas anders, als sie ihrer Freundin davon erzählte. Diesmal begann ihr Blut zu kochen und ihr Herz begann zu rasen. Wut. „Der Wald war von ihnen überrannt und viele ließen ihr Leben. Fasst auch ich...“, ein dumpfer Schmerz durchzog ihren Rücken, als sie sich daran erinnerte, wie sie auf den Waldboden fiel. „Kilian hat meinen Angreifer getötet, bevor dieser mich töten konnte. Das vergess' ich ihm so schnell nicht“, ein flüchtiges Lächeln zierte ihre feinen Züge. „Und jetzt sind wir hier. Sei froh, dass du gestern noch nicht da warst“, sie legte ihre Hand auf die Wange ihres Gegenübers. „Ich bin froh, dass du wieder da bist“, flüsterte sie. „Du solltest auch die anderen begrüßen. Ich wollte mich noch in der Stadt umhören und bin bald wieder da.“ Sie senkte ihre Hand und begab sich wieder zu ihrem Zelt.

Drinnen angekommen zog sie sich erst einmal um. Die Hose und das Hemd wurden durch ein Kleid ausgetauscht. Danach schnappte sie sich den dunkelroten, weinfarbenen Umhang und sah sich den Stoff in ihren Händen genauer an. Es war kein all zu dicker Umhang und damit erträglich zu tragen, selbst wenn die Sonne schien. Gegen Regen war er dennoch nützlich. Mit ihrem Daumen darüber streichend, erinnerte sie sich an die Person, die ihr diesen Umhang einst vermacht hatte. „Weißt du Polinchen, wenn du einmal alt und groß genug bist, diesen Umhang zu tragen, wird er dir gehören“, konnte sie die Stimme ihrer Mutter in ihren Gedanken hören. „Polinchen“, murmelte sie, so hatte sie seit Jahren niemand mehr genannt. Und irgendwie vermisste sie es. Mit einem Seufzen legte sie sich den Umhang um die Schultern und band den kleinen Strang auf ihrer Brust zusammen, um ihn nicht zu verlieren. Letzendlich streifte Pola sich noch die Kapuze über ihren Kopf und starrte in den kleinen Handspiegel. Sie wusste auch, warum der Umhang diese Farbe hatte. Ihre Mutter hatte ihr stets ein Märchen von einem jungen Mädchen vorgelesen, welches ebenfalls einen roten Umhang trug und sich eines Tages auf den Weg in den Wald machte, einen Korb auf den Arm gehangen wollte sie jemanden dort aufsuchen. Seitdem hatte auch sie sich einen Umhang gewünscht und hatte die größte Freude, als ihre Mutter ihr einen versprach. „Ein Korb wäre allerdings gar keine so schlechte Idee“, dachte sie sich und schnappte sich einen alten Korb, der neben ihrem Bett stand. „Astraea hatte mich doch gebeten, ihr Gewürze aus der Stadt mitzunehmen, sollte ich zufälligerweise dort hin kommen.“ Den Spiegel legte sie wieder zurück und noch bevor sie sich endgültig erneut auf den Weg aus dem Versteck machte, stellte sie ihrer rothaarigen Freundin die gefundenen Sandalen in ihr Zelt.

Als sie so durch den Wald wanderte, auf ihrem Weg in die Stadt, dachte sie sich, dass sie diesmal ein wenig geschützter wäre als gestern, sollte es erneut zu regnen anfangen. Sobald sie die Stadt betreten hatte, wurde ihr unwohl und sie überdachte ihre Idee, sich umzuhören, noch einmal. Aber möglicherweise konnte sie doch irgendwie interessante Gespräche aufschnappen. Vielleicht wusste ja irgendwer etwas von den Verschwundenen? Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Aneela tot war. Und was war eigentlich mit dem Mann, dessen Namen sie noch immer nicht in Erfahrung gebracht hatte? Waren noch andere verschwunden oder waren auch diese beiden getötet worden und sie wusste es nur einfach noch nicht? Auf ihrem Weg durch die Stadt erledigte sie noch die Besorgungen für Astraea, hielt aber stets die Ohren und Augen offen um sich nichts entgehen zu lassen. „Dann hoffen wir mal, dass ich Astraea auch die richtigen Gewürze kaufe.... Ansonsten kann sie sich die das nächste Mal dann selbst holen“, schmunzelte sie. Doch beschlich sie immer noch ein unangenehmes Gefühl. Es war, als würde jeder der Pola ansah wissen, dass sie an dem gestrigen Abend teilgenommen hatte. Was für ein Unsinn! Sie konnten nicht wissen, dass sie eine Azalle war. Aber konnte man ihr diese Gedanken auch wirklich verübeln? Sich weiter den Kopf darüber zerbrechend, ob dem nun so sei, spazierte sie weiter über die Steine der Stadt.


zuletzt bearbeitet 20.05.2017 18:10 | nach oben springen

#133

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 21.05.2017 12:18
von FutureExMsConnolly • NeylsStalker | 24 Beiträge



Eine Heilerin. Wie lange gab es die denn schon? War sie schon immer da gewesen? Rowan wagte sich nicht, Tristan danach zu fragen, aus Angst, er könnte ihn auslachen oder ihm Unzurechnungsfähigkeit andichten. Rowan wollte erst einmal abwarten, bis ihn jemand untersucht hatte. Vielleicht hatte er ja wirklich einen Schlag auf den Kopf abbekommen, der seinem Resthirn Schaden zugefügt hatte. Wahrscheinlich musste er diese Enngelin nur einmal sehen, um sich an sie zu erinnern, falls er sie kannte natürlich nur. Trotzdem hatten seine schmerzenden Glieder, sein pochender Kopf und seine stechenden Seiten keine Lust, auf diese Person zu warten und war froh, dass Tristan zustimmte, mit ihm zum Zelt zu gehen, wo man die Kranken und Verletzten unterbrachte. Deshalb humpelte er weiterhin neben dem Kerl, der gleich als Kratzbaum und Beißholz dienen durfte, her und ließ seinen Blick erst vom Weg abschweifen, als er sah, dass Tristan etwas aus seiner Hose kramte. Rowan konnte nicht genau erkennen, was es war, aber er meinte einen kleinen Anhänger oder so etwas in der Art zu erkennen. Tristan trug Schmuck? Seit wann das denn? Und woher hatte er das überhaupt?
"Wunderschön", kommentierte der Brünette und grinste, "Die steht dir bestimmt ausgezeichnet. Ein Geschenk? Einer Verehrerin vielleicht? Du solltest etwas mit Ausschnitt anziehen, damit sie auch richtig zur Geltung kommt. Hey, ich kann dich in die Taverne mitnehmen und du tanzt zu meinen Liedern! Wir kämen mit einem großen Sack voller Goldstücke zurück. Und wir wären die Helden hier. Denk darüber nach!"
Die einzige Person, die sonst noch außer Rowan selbst beinahe tagtäglich in der "Torkelnden Ente" aufhielt, war Astraea, die es sich scheinbar zur Aufgabe gemacht hatte, so ziemlich jede Person in ganz Cerandil beim Kartenspielen abzuziehen. Aber Rowan bezweifelte, dass sie Lust hatte, sich in ein hübsches Kleid zu werfen und den Blickfang für irgendwelche gaffenden Betrunkenen zu spielen...
"Doch", entfuhr es Rowan überrascht, als er nach einer gefühlten Ewigkeit und schmerzendem Fuß vor dem Zelt zu stehen kam, "Darum wollte ich doch, dass du mitkommst! Denkst du, ich lasse diese Untersuchung über mich ergehen, ohne, dass jemand da ist, der mir sagt, dass alles bald vorbei ist und wie männlich und tapfer ich bin? Vergiss es. Los, rein da!"
Grinsend schob Rowan seine Begleitung also ins Zelt und war recht überrascht zu sehen, wie voll es war. Beinahe überall lagen, saßen und lehnten irgendwelche Verletzten und Kranken. Manche sahen wirklich aus, als würden sie aus dem letzten Loch pfeifen. Ein wenig betreten schwand das Grinsen aus dem Gesicht des Barden. Er konnte sich nicht daran erinnern, schon einmal so viele Leute auf einmal hier drinnen gesehen zu haben... Und irgendwie meinte er, dass die meisten Verletzten von diesem Angriff der Totenfeier kamen, die ziemlich eskaliert war. Kurz fragte Rowan sich, ob er nicht einfach wieder umkehren sollte. Sicherlich hatten die, die die Kranken und Verletzten hier betreuten, alle Hände voll zu tun und gar keine Zeit, sich um seine Wehwehchen zu kümmern. Er könnte sich einfach in sein Zelt zurückziehen und sich nochmal hinlegen, hoffen, morgen würde alles wieder gut (oder zumindest besser) sein.
Gerade, als er Tristan bitten wollte, ihn zurück zu seinem Schlafplatz zu begleiten, kam aber auch schon ein allen bekannter, schlaksiger und leicht blasser Typ auf sie zu, der übermüdet, überfordert und auch.... ziemlich traurig und bedrückt aussah, wie Rowan feststellen musste.
"Seth?", entwich es ihm überrascht und sein Gegenüber nickte. Gut, Rowan hätte es nicht wundern sollen, dass der Sohn von Margerie Ahnung von Medizin hatte, aber dennoch hätte er ihn hier nicht erwartet. Es hätte auch nicht viel gefehlt, dann hätte Rowan gefragt, was er denn hier tat und dass er vielmehr seine Mutter hier erwartet hatte, konnte es sich aber gerade noch so verkneifen. Stimmt, Margerie war ja...
Rowan schluckte den Klos im Hals, der sich gebildet hatte, herunter.
"Mein Beileid, Seth...", wisperte der Barde und der Blonde nickte schwach.
"Komm, setz dich Rowan", sagte dieser mit bedrückter Stimme und wies auf eine Liege. Rowan folgte dieser Anweisung und ließ dich nieder, sah den hageren Seth an, der aus einem Beutel einige Kräuter herausnahm und begann, diese mit Mörtel und Stößel zu zerdrücken. Würde wohl eine Art Paste werden. Die aufgetragen werden musste. Auf seine Verletzungen. Direkt drauf auf die nackte, verletzte Haut.
Unwillkürlich tastete Rowan nach Tristans Hand und begann, diese bereits jetzt leicht zu drücken.
"Das wird wehtun. Sehr sehr wehtun. Halt mich, Tristan, das überlebe ich nicht. Ich spüre die Schmerzen jetzt schon."


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#134

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 21.05.2017 18:18
von Pummel • Eumelchen <3 | 295 Beiträge



So trist meine Gedanken auch gewesen sein mochten, reichten die ersten Worte des Blonden aus, um sie zumindest kurzzeitig in eine andere Richtung zu lenken. Meine Mundwinkel erhoben sich, die Augen wanderten belustigt zu dem Ritter, der meine Vorlage aufgegriffen und den vermeintlichen Grund für das Fernbleiben seiner geliebten Axt schilderte.
„Ich wusste gar nicht, dass Ihr freiberuflich Jagd auf Ungeheuer macht. Falls Ihr in kürze Hilfe bei der Rückeroberung jener Waffe brauchen solltet, stehe ich mit Freuden zur Verfügung.“
Das Lächeln verblieb auf meinen Lippen, während Theodor erklärte, dass ihm meine Anwesenheit nicht störte. Offenbar war ich nicht die einzige, die unser Verhältnis, trotz der nur flüchtigen Bekanntschaft, als angenehm empfand. „Das könnt Ihr wohl laut sagen. Ein wenig bedauerlich, dass neuerdings jedem ein Schwert in die Hand gedrückt wird, der Echoaids Namen laut genug Schreit.“
Mit einem leisen Seufzen wandte ich mich der nächst gelegenen Trainingspuppe zu und vollführte eine kleine Serie von Treffern, die eigentlich an jemand anderes bestimmt waren. Die Schläge vermochten zwar nicht das Erlebte zu vergessen. Doch sie halfen mir dabei mich zu konzentrieren. Wenn ich den Gefangenen wirklich helfen wollte, brauchte ich einen Plan, der mich und meine Position nicht zwangsläufig gefährden würde. Solange Callum seinen Spaß daran hatte mich zappeln zu lassen, blieb mir zumindest noch etwas Zeit. Schwungvoll vollführte ich eine halbe Drehung und traf gegen den leblosen Oberkörper der Puppe. Meine Augen wanderten erneut zu Theodor.
„Habt Ihr von Callums neustem Erfolg gehört? Er soll die Azalle gefangen genommen haben, nach der Corboz bereits seit einer gefühlten Ewigkeit sucht.“
Es gab viele Möglichkeiten, die ich im Moment nicht ausschließen konnte. Unzählige Variablen, die noch im Dunkeln lagen. Doch eines stand fest. Ich befand mich auf einem sinkenden Schiff. Für einige Zeit würde ich mich noch über Wasser halten können. Hoffentlich würde diese ausreichen, um ein paar Räder ins Rollen zu bringen.
„Dass ausgerechnet solche Leute durch glückliche Fügungen Ruhm ernten. Dabei bräuchten wir mehr Männer wie Euch an der Spitze. Ehrbare Männer mit Prinzipien, die das Herz auf dem rechten Fleck haben.“

Neugierig betrachtete ich die Züge meines Gegenübers, der sich durch meine zugegebenermaßen provokativen Aussagen nicht aus der Ruhe bringen ließ. Theodor war kein einfacher Soldat, dem man mit ein paar süßen Worten Geheimnisse entlocken konnte. Stattdessen schien er stets darum bemüht über den Dingen zu stehen, ohne dabei seine eigene Meinung allzu offensichtlich kundzutun. Ein intelligenter Mann, dem ich mittlerweile gewissen Respekt entgegenbrachte. Jemand, an den ich mich eines Tages vielleicht wenden würde, falls alle Stricke reißen sollten.
Wir wechselten noch ein paar Sätze, ehe wir uns, jeder für sich, unserem Training widmeten. Irgendwann ertappte ich mich dabei darüber nachzudenken, wie meine Chancen gegen den Ritter wohl stünden, falls wir uns jemals als Gegner gegenüber treten sollten. Zumindest könnte jeder einzelne seiner zunehmend schneller wirkenden Schwerthiebe, fatal enden. Doch diese Herausforderung war vermutlich nichts im Vergleich zu einem gewissen jemand, den ich bis zum heutigen Tag nicht ein einziges Mal hatte überwältigen können.
Als ich den Trainingsplatz einige Zeit darauf verließ, waren meine Gedanken wieder etwas klarer. Ich sollte lieber keine Zeit verlieren. Denn es gab gewisse Personen, denen ich einen Besuch abstatten musste. Und das möglichst unbemerkt.


zuletzt bearbeitet 26.05.2017 00:14 | nach oben springen

#135

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 21.05.2017 23:22
von Annika • Nesthäkchen | 22 Beiträge



„Ich werde dir sicher nicht sagen, wie männlich und tapfer du bist, Rowan. Für solche Dinge solltest du dir eine Frau zulegen“, grinste er und wurde in das Zelt geschoben. Tristan hatte schon ganz verdrängt, was vor einigen Stunden passiert war. Doch das kam jetzt alles auf ihn zurück, als er die Verletzten und Kranken sah. Wohl fühlte er sich nicht, Rowan schien eher überrascht. Aber ob das an den Menschen hier lag oder eher weil ihm einfiel, dass die Prozedur um seine Schmerzen zu lindern, Schmerzen verursachen könnte? Er wusste es nicht. Noch bevor er sich eine Ausrede überlegen konnte um hier raus zu kommen, kam beiden ein junger Mann entgegen. Seth, Margeries Sohn. Tristan konnte ihm seine Trauer im Gesicht ansehen, er verstand ihn jedoch. Rowan sprach ihm sein kurzes Beileid aus, Tristan gab ein knappes Nicken von sich. Sein Begleiter nahm nun Platz auf einer Liege und drückte eine von Tristans Händen. "Das wird wehtun. Sehr sehr wehtun. Halt mich, Tristan, das überlebe ich nicht. Ich spüre die Schmerzen jetzt schon“, er grinste. „Ohh natürlich Rowan, stirb mir nur nicht, ja? Wer soll mir sonst mein Bett warm halten“, seufzte er und machte eine dramatische Geste. „Übrigens hört sich das mit dem Tanzen in der Taverne wunderbar an, aber wäre ein Hemd mit Ausschnitt nicht doch etwas zu gewagt? Aber naja, gegen ein paar Goldmünzen hätte ich bestimmt nichts einzuwenden“, fuhr er fort. Als er zu Seth hinüber blickte, zierte ein eher mattes Lächeln sein Gesicht. Er fühlte sich schlecht, so herum zu albern, während Margeries Sohn noch immer einen betrübten Blick mit sich herum trug. Tristan bezweifelte, dass sich dies für die nächste Zeit ändern würde. Er beobachtete, wie der blonde Mann die Kräuter verarbeitete, die Rowan wohl helfen sollten. „Hoffentlich singst du besser, als ich tanze“, gab er mit einem Blick zu seinem Freund zu. „Ansonsten könnte das mit den Goldmünzen schwer werden.“ Tristan hoffte, niemals in eine Lage wie Rowan kam, zu kommen. Verprügelt von irgendeinem Betrunkenen war nicht toll. Verprügelt zu werden im generellen war eine eher unangenehme Sache, wie er gedanklich feststellte. Natürlich hatten sie Heiler, Leute die sich mit Kräutern und dem ganzen drum und dran auskannten. Naja, er hoffte lediglich, nie auf einer dieser Liegen Platz nehmen zu müssen, egal wegen welcher Situation das eintreffen sollte.


zuletzt bearbeitet 21.05.2017 23:24 | nach oben springen


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