#61

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 08.01.2017 13:51
von NoNameSorrySoon • Grünschnabel | 44 Beiträge



Die Stimmung war gedrückt. Zumindest nahm ich das alles so wahr, da ich selbst in den Zog der Trauer gezogen wurde. Der Verlust von Erasmus war für uns, so kam es mir vor, wie ein Verlust von einem großen Teil. Ein wichtiger Teil. Jemand weises, der denen mit einer Gabe ihre Unterstützung gab. Zumindest kam es mir so vor. Wenn man jemanden brauchte, der einem zuhörte oder einfach nur verständnisvoll nickte konnte man zu Erasmus gehen. Mirah begleitete mich. Ich war immer noch ein wenig wütend. Ich wusste, die Lage in der sie angekommen war, war wirklich unglücklich gewesen. Sie war sofort in diesem "Meuchelmörer" Ding drin gewesen. Hatte ein paar Soldaten abgeschlachtet. Mir war es unschlüssig, wie sie so leicht einem Leben das Ende setzen konnte. Ohne mit der Wimper zu zucken. Mein Blick fiel auf die leuchtenden Blüten. Und meine Gedanken schweiften ab. Es kam mir vor, als würde das Feuer in ihnen größer werden. Das Feuer breitete sich in meinem gesamten Blickfeld aus. Ich hatte kein großes inneres Gefühl. Ich schätzte meine Fantasie brannte hier wortwörtlich durch... hoffte ich.
Unwillkürlich zogen sich meine Augenbrauen zusammen. "Ruhe in Frieden, Eras-", ein Schrei unterbrach meine geflüsterten Fürbitten.
Ruckartig hob ich meinen Kopf. Die vielen Soldaten verteilten sich rasch über die Lichtung. Es geschah alles so schnell. Das Geräusch von Metall klang in meinen Ohren. Unwillkürlich bückte ich mich. Ich konnte mich nicht wehren. Ich war eine Niete. Ich konnte gar nichts. Hinter mir hörte ich weiteres Metallklimpern und dann ein Stöhnen. Überrascht erhob ich mich. Meine Augen weit aufgerissen. Ein Soldat wollte mich gerade erstechen. Mich... MICH.
Ein für einen Mann ungewöhnlich hoher Schrei entwich mir aus der Kehle. Und dann, ehe wieder unwirre Bilder durch meine Gedanken flogen, schrie ich das einzige, was ich momentan schreien konnte. "Lauft!" und trat dem Mann vor mir noch ins Gesicht. Eine Handlung, die ich von mir nicht gewohnt war. "Rennt! Looos!".
Ich griff einer alten Frau unter den Arm. Sie konnte nicht so schnell, war alt und gebrechlich. "Ich bin nicht stark, ich gebe mein Bestes.", murmelte ich. Eher zu mir selbst als zu der Frau, die immer humpelte. Ich hob sie etwas hoch, schleifte sie hinter mir her. "Komm, wir schaffen das." , mein Blick fiel zu einigen jungen Mädchen. Ich wollte helfen, war aber froh, das Mirah sie gerade anschrie, sie sollen laufen. Es war vielleicht nicht das klügste, 16 Jährige an zu schreien, die in Panik waren, aber wenigstens eilten sie nun schneller.



Es war laut. Es war hektisch. Meine Hand griff unwillkürlich und aus Reflex zu meiner Kaputze. Man mochte mich Paranoid nennen, dass ich auf einer Totenfeier Waffen mit mir rum trug.. aber nun ja... man sah ja, dass man es anscheinend immer brauchte. Das Begräbnis war nun geschändet. Dagegen konnte man nichts mehr tun. Wogegen man aber was tun konnte, war die Gewalt, die nun anstehen würde. Schnell huschte ich durch die Menge und zog im gehen die zwei Dolche aus meinen Stiefeln. Ich überlegte, in welchen meiner tausend Taschen ein Mittel war, dass ich einsetzen konnte, um die Feinde außer Gefecht zu setzen, ohne die ganzen anderen , die ja zu meiner Seite gehörten, ebenfalls außer Gefecht zu setzen. Sie alle kamen aus einer Richtung. Ich konnte also zumindest nur Versuchen, die Lichtung zu benebeln, aus der sie kamen. Ich rannte durch die Menge, und wenn ich an einem Gegner vorbei rannte, streifte ich wenigstens mit meinem Messer an ihnen vorbei. Jede Wunde von ihnen war ein Vorteil für uns. Ich wollte gerade auf einen Baum klettern, als drei Kinder sich ängstlich umsahen. Das eine zeigte auf das Mädchen, welches ich zusammen mit Aneela aus dem Gefägniswagen gerettet hatte. Sie stach gerade einen Soldaten mit einem Schwert wieder. Ihr Gesichtsausdruck, den sie jetzt hatte, machte klar deutlich, dass sie das nicht geplant hatte. Einerseits fühlte ich Mitleid mit ihr, dass sie anscheinend so von sich selbst erschrocken war. Andererseits fiel mir ihr verachtender Blick ein, als sie sah, dass wir bei der Rettungsaktion welche getötet hatten. Als wäre sie was besseres, weil sie noch nie jemanden körperlichen Schmerz zugefügt hatte.
"He, hört auf zu glotzen, und rennt verdammt nochmal!", schrie ich zu den Jugendlichen, die ihre Augen von dieser Szenerie nicht lassen konnten. Wahrscheinlich weil sie so erschrocken waren. Dem einem Mädchen kullerten Tränen über die Wangen. Ich presste meine Kiefer aufeinander. Die großen Augen sahen mich weiter an. "JETZT!", wurde ich lauter und zeigte auf meinen Bruder. "Folgt dem da!", sie nickten. Martius Gesicht kannten sie. Er war ewig da gewesen. Und endlich rannten sie los. Ich seufzte leicht. Endlich.
Mit einem meiner Wurfmesser zielte ich auf einen Soldaten, der sich gerade an die Kinder machen wollte. Das Messer traf ihm an der Brust. Dann machte ich mich auf dem Weg, den Baum hoch zu klettern und warf in die Richtung, aus der die ganzen Soldaten kamen eine Rauchbombe. Die Azallen bekamen davon nichts mit. Ich wollte nur verhindern, dass Neuankömmlinge nicht so schnell ihre Orientierung bekamen. In die Richtung konnten die Azallen eh nicht fliehen. Anschließend ließ ich mich an dem Baum wieder runter rutschen. Dann rannte ich auf das Mädchen zu, was immer noch geschockt ihrer eigenen Taten war und griff ihr an die Schulter. "Ich weiß, es ist schwer, ich weiß, es ist ein schreckliches Gefühl. Aber jetzt gerade haben Gefühle hier nichts zu suchen.", versuchte ich eindringlich auf sie ein zu reden. Vermutlich dachte sie, ich wäre ein schrecklicher Mensch, weil ich versuchte, sie im Moment von ihrer Menschlichkeit zu entfernen. Aber zu ihrer eigenen Sicherheit sollte sie ihre Beine in die Hand nehmen.


zuletzt bearbeitet 04.05.2017 20:16 | nach oben springen

#62

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 09.01.2017 22:32
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge



Aneelas Stimme riss mich aus meinen Gedanken und alarmiert wandte ich mich zu meiner Schwester um, die sich einige Meter von dem See entfernt hatte. Doch bevor ich überhaupt dazu in der Lage war, herauszufinden was vor sich ging, ertönte ein gellender Schrei und ich konnte beobachten, wie sie vor Entsetzen erstarrte. Als ich ihrem Blick folgte, wurden meine bösen Vorahnungen sogar noch übertroffen. Hilflos musste ich mit ansehen, wie Artminea zu Boden sank und mein ganzer Körper versteifte sich. Während meine Gedanken sich überschlugen, rannte ich in die entgegengesetzte Richtung, in die alle anderen versuchten zu flüchten und erhaschte einen Blick auf Tristan, der sich dem verletzten Mädchen annahm. Ich betete inständig zu den Göttern, dass sie diesen feigen Angriff überleben würde und bremste schlitternd ab, als ich Aneela erreicht hatte, die regungslos ins Leere starrte. "Aneela!", herrschte ich sie an, woraufhin die Dunkelhaarige endlich zu sich zu kommen schien. "Ist okay, ich komme klar. Geh!", erwiderte sie nun ebenso eindringlich, während sie den ersten Pfeil zielsicher auf unsere Feinde abschoss. Einen Moment sah ich sie noch unentschlossen an, ehe ich mit den anderen Azallen Richtung Wald lief und in der panischen Menge nach dem vertrauten Haarschopf Ausschau hielt. Die Angst, dass ihr etwas zugestoßen war, schnürte mir den Brustkorb zu und ich stieß erleichtert die angesammelte Luft aus meinen Lungen, als in der Ferne endlich das rötliche Haar aufblitzte. Meine Schritte beschleunigten sich automatisch, doch noch ehe ich Astraea eingeholt hatte, erregte etwas anderes meine Aufmerksamkeit. Einige Meter rechts von mir, lieferte sich Pola mit einem der Soldaten einen Kampf und Hass durchströmte mich, als ich sah, wie der Mann mit seiner freien Hand die Azalle zu Boden schlug. Zum Glück kam mein Schwerthieb schneller als seiner und ohne weitere Zeit zu verlieren, zog ich die Klinge wieder aus dem Körper des Soldaten, ergriff Polas Hand und zog sie auf die Beine. "Komm.", sagte ich, zog die Dunkelhaarige tiefer in den Wald hinein und rief nach der Frau, um deren Leben ich mir zurzeit am Meisten Sorgen machte.


Liebe ist nur eine weitere Methode anderen Leid zuzufügen <3

zuletzt bearbeitet 04.05.2017 20:13 | nach oben springen

#63

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 10.01.2017 12:09
von Pummel • Eumelchen <3 | 295 Beiträge



Alles geschah so schrecklich schnell. In einem Moment teilte sie noch mit Artminea eine freundschaftliche Umarmung. Im nächsten wurde sie bereits Zeugin davon, wie das Mädchen von einem Pfeil zu Boden gerissen wurde. Die plötzlichen Schreie ließen Annie die Orientierung verlieren. Noch ehe sie die Verletzte erreichen konnte, rannte jemand sie um. Die Dunkelhaarige fiel auf die Seite und hörte einen weiteren Pfeil, der über ihr hinwegrauschte, um die nächsten Opfer zu treffen. Es waren Soldaten. Eine Gruppe von Soldaten hatte sie entdeckt und einfach angegriffen. Ihre Gedanken waren ein chaotisches Wirrwarr, jede Faser ihres Körpers schrie danach möglichst schnell von hier zu flüchten. Annie wollte dem Impuls gerade nachgeben, als sie sich an Artminea erinnerte, die schwer verletzt worden war. Sie konnte das Mädchen doch nicht alleine zurücklassen. Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals, als sie sich wackelig und auf allen Vieren umwandte, um nach der Brünetten zu suchen. Doch das Mädchen war wie vom Erdboden verschluckt. Annie sah die roten Spuren auf dem Boden, dort wo die junge Frau bis eben noch gelegen haben musste. Wieso war sie nicht mehr da? Aneela hatte ihr das Mädchen anvertraut. Und sie hatte zugelassen, dass sie verletzt worden war. Und jetzt war sie weg! Allmählich bröckelte Annies Selbstbeherrschung. Wie in Zeitlupe drehte sie ihren Kopf zur Seite und erkannte nun die Angreifer, die mit jedem verstreichenden Augenblick immer näher kamen. Sie musste hier wegkommen. Anderenfalls würde sie den nächsten Sonnenaufgang nicht mehr erleben. Ihr Körper zitterte, sie hatte nicht einmal gemerkt, wann sich die Tränen in ihren Augen gesammelt hatten. Sie musste sich bewegen. Aufstehen und in den Wald flüchten. Die Dunkelhaarige spürte, wie etwas Feuchtes ihre Wange hinablief. Der Tropfen perlte ihr Kinn herunter und landete auf ihrer Hand. Ungewollt erinnerte sie sich den Tag zurück, an dem das Schicksal seinen Lauf genommen hatte. Das Lächeln. Sie wollte es nicht zum letzten Mal gesehen haben. „N..noch nicht.“
Mit einem Mal wich die Starre, die ihren Körper ergriffen hatte, zurück und gab ihre steifen Glieder frei. Annie stieß sich mit den Füßen vom Boden ab und rannte los. Die Schreie von Verwundeten brannten sich in ihr Gedächtnis. Manche der Azallen kämpften, andere versuchten verzweifelt aus der Gefahrenzone zu flüchten. Annie zwang sich nicht hinzusehen, als sie über einen leblosen Körper hinwegstolperte. Dann fiel ihr eine junge Azalle einige Meter vor sich auf, die von einem Soldaten gepackt und zu Boden gedrückt worden war. Sie sah, wie er eine blutgetränkte Klinge gegen ihren Hals lehnte und...
Ihr Körper handelte instinktiv. Trotz der unbändigen Angst hatte sie keinen Augenblick gezögert und sich von der Seite auf den Soldaten gestürzt. Sie hatte darauf gehofft ihn zum Straucheln zu bringen, damit das Mädchen flüchten konnte. Doch sie war nicht kräftig genug gewesen, um den Mann zu Fall zu bringen. Die Ablenkung reichte zwar aus, um dem Mädchen zur Flucht zu verhelfen. Nun war Annie jedoch diejenige, die am Handgelenk gepackt und herumgerissen wurde. Es ging viel zu schnell. Ihr Plan war es doch gewesen zu fliehen. Die Schmerzen, die sich spiralförmig über ihren gesamten Körper ausbreiteten, als der Soldat seine Klinge durch ihren Körper stieß, ließen sie schrill aufschreien. Ihre Knie gaben augenblicklich nach und sie sackte zu Boden. Der Soldat machte sich nicht einmal die Mühe sie weiter festzuhalten oder irgendwie zu reagieren. Verschwommen nahm wie wahr, wie er auf den Boden neben ihr spuckte und sich dann unbeeindruckt von ihr wegbewegte. Es folgten weitere Schreie. Sie war eine von Vielen auf der sonst so friedlichen Lichtung, auf der sie als Kind so oft gespielt hatte. In dem See hatte sie damals zu schwimmen gelernt. Es wirkte alles so surreal. Beim Versuch hochzukommen, entwich Annie ein trockenes Schluchzen. Im Zuge der aufkeimenden Panik nahm sie die Schmerzen nur noch am Rande wahr. Sie traute sich nicht nach unten zu schauen. Wimmernd presste sie eine Hand gegen den durchtränkten Stoff und spürte kurz darauf bereits, wie die Lebensflüssigkeit weiter zwischen ihren Fingern entrann. Sie wollte noch nicht gehen. Nicht so. Nicht ohne ihn noch ein letztes Mal gesehen zu haben. Ein letzter, egoistischer Wunsch. War das zu viel verlangt? Kaum, dass sie die Lichtung hinter sich gelassen hatte, sank sie vor Schmerzen in sich zusammen. Allmählich spürte sie, wie ihre Finger taub wurden. Jede Bewegung schmerzte. Ihr gesamter Körper flehte darum einfach liegen zu bleiben und es hinter sich zu bringen. Aber sie konnte einfach nicht. Während heiße Tränen ungehindert ihre Wangen hinabliefen, kroch sie weiter, eine rote Spur hinter sich her ziehend. „Killian.. ich...“ Sie war kein Kind mehr. Sie wusste, wie es um sie stand. Und trotzdem kämpfte sie gegen das unaufhaltsame Schicksal an. Aufgrund einer Banalität, für die die meisten sie sicherlich ausgelacht hätten. Sein Lächeln. Es hatte sie vom ersten Augenblick an gefangen genommen. Der Azalle hatte viele Qualitäten, die ihn auszeichneten. Vieles, dessen er sich selbst nicht einmal bewusst war. Doch sein Lächeln war das, was ihn in ihren Augen auszeichnete. Es strahlte so viel Wärme aus. Und Freundlichkeit. In letzter Zeit hatte er es viel zu selten gezeigt. Das Leben der Azallen in Cerandíl war noch nie besonders einfach gewesen. Und mit den Jahren hatte sich die Lage eigentlich nur noch zugespitzt. Das spürten sie alle. Doch manchen machte es mehr zu schaffen, als anderen. Ihr gefiel der Pfad nicht, auf dem Kilian in letzter Zeit wanderte. Viel zu selten erkannte sie in seinen Zügen den sorglosen Jungen, der ihr in Vergangenheit so viel Kraft geschenkt hatte. Sie hatte sich so schrecklich hilflos gefühlt. Denn sie war sich darüber im Klaren gewesen, dass sie nicht diejenige war, nach der er sich sehnte. Nicht das, was er brauchte. Sie hatte beschlossen ihm auf ihre Art und Weise zu helfen. Durch ihr eigenes Volk. In den letzten Jahren hatte sie Mittel und Wege gefunden, um an Dinge zu gelangen, die sie brauchten. Medikamente, Kleider, Nahrung. Sie war stolz auf den Beitrag gewesen, den sie leistete. Trotz der Gefahren, die damit einhergingen. Doch was würde jetzt geschehen? Wenn sie nicht mehr da wäre, um zu helfen? Kate. Sie hatte ganz vergessen, dass Kate auf ihr Bitten hin auch zur Trauerfeier gekommen war. Hoffentlich ging es ihrer Freundin gut. Eigentlich konnte sie ganz gut auf sich aufpassen. Das bedeutete, dass noch nicht alles verloren war. Und Kilian. Ein kraftloses Lachen entrang Annies Kehle, als sie sich langsam eingestand, dass ihr letzter Wunsch vermutlich nicht in Erfüllung gehen würde. Erschöpft schloss sie die Augen, als sie schließlich kraftlos auf dem mit Gras bewachsenen Waldboden zum Stillstand kam, und dachte an den Dunkelhaarigen. An seine markanten Gesichtszüge. Das kecke Grinsen, welches auftauchte, wenn etwas nach seinen Vorstellungen geschah. Sie sah das Lächeln. Und den Blick, den er manchmal Astraea zuwarf, wenn sie nicht hinschaute. Sie wünschte er hätte sie wenigstens ein einziges Mal so angesehen. Als wäre sie das wichtigste auf der Welt. Wie naiv. Annie hoffte darauf, dass er rechtzeitig entkommen war. Und dass er nach diesen Ereignissen nicht tiefer in den Abgrund rutschen würde. Sie hoffte einfach...





Kate, am See, hat es nicht leicht
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Wieso musste ich am Ende immer Recht behalten? Anstatt mich auf mein Bauchgefühl zu verlassen, hatte ich einer Freundin einen Gefallen getan. Und nun war ich mitten in einem Schlachtfeld gelandet. Der Boden unter meinen Füßen bebte, der Tumult und die allgemeine Panik, die ausgebrochen war, machte es schier unmöglich sich zu orientieren und rechtzeitig zwischen Freund und Feind zu unterscheiden. Was machte ich noch hier? Das war die Frage, die ich mir unaufhörlich stellte, während ich mich zur Mitte der Lichtung zurückkämpfte, um diejenige wiederzufinden, die mir das Ganze erst eingebrockt hatte. Annie. So, wie ich sie kannte, würde sie nicht weit kommen. Die junge Frau war zwar mutig, das würde ich niemals bestreiten. Aber was Kampfsituationen und Entscheidungen in Krisenmomenten anbelangte, hatte sie noch viel zu lernen. Wie hatten die Soldaten sie alle nur finden können? Normalerweise patrouillierte um diese Uhrzeit niemand mehr den See. Es machte keinen Sinn. Mit aufkeimender Sorge beschleunigte ich meine Schritte und kam abrupt zum Halt, als ich die ersten der Angreifer in Augenschein nahm. Es war ein Massaker. Die anwesenden Azallen wurden einer nach dem anderen wahllos abgeschlachtet. Und inmitten dieses Chaos erkannte ich Annie, die Dinge tat, zu denen sie nicht imstande war. Entsetzt verfolgte ich, wie die von ihr gerettete Azalle flüchtete, während der Soldat nach dem Handgelenk meiner Freundin griff, um sie für ihr edles und ausgesprochen dummes Verhalten zu bestrafen. Zu spät. Ich wusste, dass ich nicht rechtzeitig da sein würde, um den Hieb zu unterbinden. Trotzdem rannte ich ihnen weiter entgegen und musste hilflos mitansehen, wie der Soldat sein Schwert in Annies zierlichen Körper stieß und sie daraufhin einfach zu Boden sacken ließ. Uninteressiert, als hätte er gerade ein Stück Müll fallen gelassen. Mein Verstand setzte kurzzeitig aus. Doch noch ehe ich mich von der Wut und unbändigen Rachelust übermannen lassen konnte, fielen mir weitere Soldaten in unmittelbarer Nähe des anderen auf. Wenn ich mich jetzt auf ihn stürzen sollte, würden die anderen zur Hilfe eilen. Also bremste ich aus und versuchte meine hilflose Lage zu akzeptieren. Es waren zu viele. Aber vielleicht würde ich schnell genug sein können, um meiner Freundin zu helfen. Ich blickte zurück, doch konnte Annie nicht mehr erblicken. Ob sie es, trotz der Verletzung, geschafft hatte zu entkommen? Vielleicht waren die Wunden nicht so schwerwiegend, wie ich befürchtete. Möglicherweise hatte jemand sie retten können. Es war schon verhältnismäßig dunkel. Vieles war möglich. Ich presste die Lippen aufeinander, darum bemüht die aufwallenden Empfindungen zu unterbinden. Ein Augenblick der Unachtsamkeit, der beinahe verhinderte, dass ich den kommenden Angriff bemerkte. Wie durch ein Wunder schaffte ich es den Schwerthieb mit einem meiner Dolche umzuleiten und nahm dadurch in Kauf, dass der Soldat mich packte und zu sich zog. Die tiefe Kapuze rutschte dabei von meinem Kopf und offenbarte die zusammengebundenen, dunklen Strähnen, die sich darunter verbargen. Er wollte gerade zum nächsten Schlag ansetzen, als meine Klinge seine Kehle durchstieß und sich tief in seinen Rachen bohrte. Augenblicklich spürte ich, wie warmes Blut meine Finger hinabglitt. Für den Bruchteil einer Sekunde nahm ich den erschrockenen Ausdruck des Mannes zur Kenntnis, der gerade an seinem eigenen Blut erstickte. Hastig stemmte ich einen Fuß gegen die Brust vor mir und stieß den Mann von mir, der röchelnd und hustend zu Boden krachte. Es wurde Zeit zu verschwinden. Ein wenig außer Atem blickte ich mich nach einer Lücke um, durch die ich unbemerkt in dem Wald verschwinden könnte, als ich ein fremdes Augenpaar auf mir spürte. Augenblicklich fuhr ich herum und erstarrte, als ich Callum in einigen Metern Entfernung erkannte, sein Schwert blutgetränkt. Unsere Blicke trafen sich und mein Herz blieb für einige Momente stehen. Wieso ausgerechnet er? Mein Blick weitete sich vor Schreck, als ich mir dessen bewusst wurde, dass er mich erkannt haben musste. Der Griff um meinen Dolch verstärkte sich. Doch ich sah schnell ein, dass ich niemals imstande sein würde ihn innerhalb der nächsten Augenblicke außer Gefecht zu setzen. Ohne meine Augen von ihm zu lösen griff ich nach der Kapuze und zog sie über mein Gesicht. Dann machte ich augenblicklich auf dem Absatz kehrt und rannte los. Ein konstantes Dröhnen breitete sich nach und nach in meinem Kopf aus. Ich war nicht wirklich erleichtert, als ich kurze Zeit später den Wald erreichte und meinen Weg ungehindert fortsetzte. Denn es war aus. Mir blieb nicht mehr viel Zeit.


zuletzt bearbeitet 04.05.2017 20:13 | nach oben springen

#64

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 11.01.2017 12:09
von Venhedis • Höllenfürstin | 38 Beiträge




Aneela und Kilian stellten sich hinter den Ältesten auf und eine schwere Stille breitete sich aus, welche zum Glück recht hurtig von Margerie unterbrochen wurde, als diese anfing zu den anderen Azallen zu sprechen. Die meisten hielten ihren Blick gesenkt und hörten stumm zu während sie darüber sprach, dass uns der Tod von Erasmus alle traf und darüber, dass wir nicht vergessen sollten, was uns von anderen Menschen unterschied und was wir zu beschützen versuchten. Zwar verstand ich mich in der Vergangenheit nie gut mit ihr doch selbst ich musste ihr zustimmen, jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um uns von Angst und Zweifel lähmen zu lassen... falls es überhaupt einen richtigen Zeitpunkt dafür gab.
Nachdem keiner der beiden Geschwister etwas hinzufügen wollte, begannen die Riten.
Der Gesang, das Gebet und die traditionellen Opfergaben, welche ihn in die nächste Welt begleiten würden.
Aneelas Unruhe war deutlich bemerkbar und am liebsten hätte ich ihren Platz dort am See für sie eingenommen, damit sie einen Abend lang wenigstens etwas zur Ruhe kommen könnte. Weder von Wachen gehetzt noch damit beschäftigt, mich zu retten oder, wie jetzt, sich von einer ihr wichtigen Person zu verabschieden vor ihrem gesamten Volk.
Das letzte, was ich vor dem Angriff noch hörte war der panische Aufruf zur Flucht meiner Freundin und das Surren eines abgeschossenen Pfeils.
Es ging alles so schnell, dass ich nicht wirklich mitbekam, wie Tristan und Jaelyn sich von Pola und mir entfernten aber von einem zum anderen Wimpernschlag, so kam es mir zumindest vor, waren sie inmitten des Getümmels. Man konnte kaum abschätzen, woher die Soldaten kamen, da es plötzlich so viele waren und in der Menge war es schwer, auseinander zu halten,
wer nun doch zu uns gehörte und einfach eine schwerere Rüstung trug und wer auf Seiten des Königs stand.
Die Menge drängte weiter in den Wald und ich konnte Polas Hand nicht schnell genug greifen, um nicht von ihr getrennt zu werden, bevor ich mitgezogen wurde.
Gegen den Strom oder gar einfach querfeldein zu laufen war vermutlich nicht das intelligenteste aber ich konnte weder sie noch Kilian vor mir im Wald erkennen. Ich blieb stehen und wandte meinen Blick wieder in Richtung des Sees, der sich, zu meinem Grauen, in Ufernähe bereits rot färbte. Mein Magen zog sich krampfartig zusammen, als mir der Gedanke kam, dass dort eventuell auch Kilian liegen könnte.
Verdammt, hör auf so etwas zu denken! Er ist ein guter Kämpfer, er wird schon von hier wegkommen.
Kurz bevor ich mich dazu durchringen konnte, mich wieder umzudrehen und mit den anderen zu fliehen, hörte ich Kilians Stimme, die meinen Namen rief. Für einen Moment dachte ich, meine Beine würden unter mir zusammenbrechen als ich ihn mit Pola sah. Beide waren mehr oder weniger wohlauf. Ich bahnte mir, so schnell es ging, einen Weg zu ihnen durch das Gedränge und ignorierte die Zusammenstöße mit anderen Azallen, welche unvermeidbar waren.


zuletzt bearbeitet 04.05.2017 20:12 | nach oben springen

#65

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 11.01.2017 12:41
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge



Obwohl wir alle in den vergangenen Jahren Zeuge von vielen schrecklichen Dingen gewesen waren, wusste ich schon nach wenigen Sekunden, dass ich diese Nacht nie wieder vergessen würde. Niemals würde ich den Anblick vergessen, wie Artmineas liebliches Gesicht sich vor Überraschung und Schmerz verzerrte. Wie sie zu Boden sank und sich mit letzter Kraft verzweifelt über den Boden zog. Würde mich daran erinnern, wie ein weiterer Pfeil Rami durchbohrte, ehe die Menschen zu schemenhaften Gestalten wurden und ich nur noch die seltsame Leere in mir wahrnahm, die mich seit dem Tod meiner Eltern immer wieder einholte.
"Aneela!"
Kilians Stimme brach durch den Nebel und riss mich erbarmungslos aus der Lethargie, die von mir Besitz ergriffen hatte und ohne einen einzigen Gedanken zu verschwenden, spannte ich einen Pfeil in meinen Bogen, der sein Ziel in dem Bein eines Soldaten fand. "Ist okay, ich komme klar. Geh!", versicherte ich meinem Bruder, während ich angespannt beobachtete, wie Martius sich um eine unserer Ältesten kümmerte. Ich zwang mich dazu, meine Aufmerksamkeit wieder auf das Massaker zu richten, den nächsten Pfeil einzuspannen und die Angst zu verdrängen, die mich unweigerlich daran hindern würde, diejenigen zu beschützen, die noch nicht verloren waren. Wie Kilian, der seine innere Zerissenheit überwunden hatte, um das selbe tun zu können. Ich ließ die Sehne los, ehe ich mich der Menge anschloss, die Richtung Wald flüchtete. Schreie. Leblose Körper. Die Tatsache zu akzeptieren, dass ich nicht in der Lage war, jeden sicher wieder ins Versteck zu führen. Ich wusste nicht, wie ich es überhaupt geschafft hatte mich ungehindert fortzubewegen und unbeschadet alle paar Meter die Verfolger mit einem weiteren Pfeil in Schach zu halten. Das Einzige woran ich denken konnte, waren die Menschen, um deren Leben ich bangte. Meine Familie, meine Freunde. Gabriel, Enngelin, Jaelyn und Ethan, die überhaupt nicht hier wären, wenn ich nicht gewesen wäre. Die plötzliche Erkenntnis ließ mich stocken und automatisch suchten meine Augen in dem Gedränge nach ihnen. Doch noch ehe ich einen von ihnen ausmachen konnte, spürte ich plötzlich einen heftigen Stoß, der mich gewaltsam zu Boden riss. Der harte Aufprall presste mir die Luft aus den Lungen und keuchend drehte ich mich auf den Rücken, als der Angreifer auch schon über mir aufragte. Für einen kurzen Moment bildete ich mir ein, dass es sich bei dem Mann um Corboz handelte, bis das Lachen, das aus seinem Mund drang, diesen Irrtum berichtigte. "Hab ich di....", fing mein Angreifer breit grinsend an, ehe mein Handballen ihn unterbrach, den ich reflexartig gegen seine Nase stieß. Auch wenn diese Aktion wenig wirkungsvoll war, verschaffte es mir eine gewisse Befriedigung zu sehen, wie Blut sein Gesicht herabfloss. "Dreckiges Weibsstück!", fluchte er, drückte meinen freien Arm rabiat gegen den Erdboden und erhob seine Stimme.


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zuletzt bearbeitet 04.05.2017 20:12 | nach oben springen

#66

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 12.01.2017 01:58
von Pummel • Eumelchen <3 | 295 Beiträge


Am See, Flucht Flucht Flucht
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Es dauerte nicht lange, bis sich eine befremdliche Stille über die Lichtung legte. Ich konnte förmlich spüren, wie die Augen aller Anwesenden zu den älteren Azallen wanderten, die sich am Ufer versammelt hatten. Unter ihnen erkannte ich auch Aneela und ihren Bruder. Noch ehe ich mich ernsthaft fragen konnte, wieso ausgerechnet die beiden dort standen, trat eine ältere Frau vor und begann zu sprechen. Sie erinnerte die Versammelten an die Werte ihrer Sippe. Daran, dass sie sich trotz der Zeiten nicht von der Angst blenden lassen und daran festhalten mussten, was ihr Volk auszeichnete. Ihre Worte waren mit Bedacht gewählt und brachten selbst mich unweigerlich ins Grübeln. Ich fragte mich, inwieweit ich selbst noch den alten Grundsätzen folgte. Im Gegensatz zu diesen Menschen hier war ich jemand, der solchen Dingen nur wenig Bedeutung beimaß. Ich kannte nur wenige der Geschichten und Bräuche von Azallen. Ich wusste nicht einmal genau, inwieweit solche Dinge sich von Stadt zu Stadt unterschieden. Die Alte hatte sich mittlerweile zu den beiden jungen Erwachsenen gedreht, fast so als würde sie abwarten, ob die beiden ebenfalls etwas zu sagen hatten. Meine Augen blieben auf der Dunkelhaarigen haften, die nicht unbedingt den Eindruck machte, als fühle sie sich in ihrer derzeitigen Rolle wohl. Aber vielleicht interpretierte ich in ihren Gesichtsausdruck auch zu viel hinein. Schließlich kannte ich Aneela erst seit wenigen Stunden.
Ich verharrte, als die ersten, leisen Stimmen die Stille durchbrachen und ich eine vertraute Melodie raushörte. Nach und nach stimmten die restlichen Anwesenden mit ein. Die Trauer, die mit jedem einzelnen Wort des Gesanges mitschwang, war beinahe greifbar. Ich erinnerte mich schwach daran so etwas Ähnliches bereits einmal erlebt zu haben. Zumindest glaubte ich mich an eine ähnliche Szene zu erinnern.
Noch während sie Stimmen langsam wieder verstummten, trat die Alte an den Leichnam. Nach einem kurzen Gebet streute sie etwas frische Erde über den in Laken gewickelten Körper. Ein anderer wiederholte diese Prozedur mit etwas Seewasser. Nun trat Aneela dazu. Ein wenig irritiert betrachtete ich, wie sie einen Dolch ergriff, der ihr hingehalten wurde und sich damit in den Unterarm schnitt. Tropfen für Tropfen perlte die rote Flüssigkeit auf den weißen Stoff. Ein Bild, welches sich wahrscheinlich für immer in mein Gedächtnis brennen würde. In stiller Andacht verfolgte ich, wie die Azalle zur Seite trat, um ihrem Bruder Platz zu machen. Zu meinem Erstaunen stellte sich heraus, dass der junge Mann das Element des Feuers beherrschen konnte. Fast schon fasziniert betrachtete ich, wie er die Flammen auf seiner Haut tanzen ließ, ehe er sie weiter lenkte und den Leichnam anzündete.
Einige Augenblicke lang verfolgte ich, wie die Flammen den Körper umhüllten. Dann wandte ich meinen Blick jedoch ab, um die Gedanken und Empfindungen, die gerade in mir aufwallten, zu sortieren. Eigentlich hätte der Anblick mich nicht weiter beeindrucken dürfen. Wieso wurde ich dann plötzlich unruhig? Weshalb war ich nicht imstande aufzublicken? Erst Aneelas laute Stimme durchbrach den Widerstand meines Körpers. Wir sollten fliehen? Alarmiert wandte ich mich um, als auch schon ein Pfeilregen vom Himmel geschossen kam. Augenblicklich brach Panik aus. Die Azallen zerstreuten sich ängstlich in alle Richtungen, ohne darauf zu achten, wen sie dabei mitrissen. Ein Hinterhalt? Noch während ich an meine Seite Griff und meine Kurzaxt hervorholte, bemerkte ich bereits die ersten Soldaten weiter hinten, die wahllos auf die fliehenden Menschen einschlugen. Ungeachtet der Tatsache, um wen es sich handelte. Diese Leute wollten eindeutig keine Gefangenen nehmen. Die Verzweifelten Rufe von Verletzten und jener, die um ihr Leben fürchteten, während andere bereits blutend am Boden lagen, drangen nur am Rande zu mir durch. Prüfend wandte ich meine Augen in alle Richtungen, um sicherzugehen, dass ich nicht geradewegs in eines der Schwerter der Angreifer laufen würde. Aus den Augenwinkeln erkannte ich, wie Aneela ihren Bruder vorschickte und selbst zurückblieb, um den Flüchtigen etwas mehr Zeit zu verschaffen. War dieses Mädchen denn von allen guten Geistern verlassen? Der erste Impuls war stärker, als die eigene Vernunft. Auch, wenn ich wusste, dass unnötige Verzögerungen mich mein Leben kosten konnten, ließ ich mich alle paar Schritte nach hinten fallen, um die mutige Bogenschützin im Auge zu behalten, die die Soldaten mit ihren Schüssen auf Abstand hielt. Zeitgleich suchten meine Augen die Umgebung nach anderen vertrauten Gesichtern ab. Doch ich konnte in der Hektik sonst niemand Vertrautes ausmachen. Womöglich hatten sie sich mittlerweile in Sicherheit bringen können. Meine Finger verkrampften sich um den Griff meiner Axt, während die makabren Eindrücke nach und nach zu mir durchdrangen. Auch wenn ich es nicht wollte, schweiften meine Gedanken ab.
Ein verzweifelter Schrei in unmittelbarer Nähe riss mich zurück in die Realität. Eine junge Frau neben mir hatte sich mit ihrem langen Kleid im Gestrüpp verheddert und zerrte nun panisch an dem verzierten Stoff, der einfach nicht nachgeben wollte. Ich wechselte meinen Kurs und trat kommentarlos an die Azalle, ehe ich die überschüssigen Fetzen mit meiner Axt durchtrennte. Die Aktion hatte mich zu viel Zeit gekostet. Fluchend wandte ich mich um und sah nur noch, wie Aneela von einem der Soldaten zu Boden gerissen wurde. Für einen Schreckensmoment befürchtete ich das Schlimmste. Und doch konnte ich nicht anders, als zurück zu rennen. Noch im Lauf holte ich zu einem Schlag aus. Dann ließ ich die Axt auf den Rücken des Mannes niedersausen. Die Spitze Rückseite der Waffe durchstieß den dicken Panzer der Rüstung und bohrte sich tief in das Fleisch des Mannes, der sich schreiend aufrichtete und dabei versuchte die schmerzende Stelle mit seinen Armen zu erreichen. Keine Zeit verlierend zerrte ich ihn von seinem Opfer weg und beförderte ihn mit einem kräftigen Tritt zu Boden. Dann beugte ich mich zu Aneela herunter. Kommentarlos griff ich nach einer ihrer Hände und zog sie schwungvoll auf die Beine.
„Wir müssen hier weg, Prinzessin! Du hast deinen Beitrag geleistet.“, presste ich gehetzt hervor, ehe ich mich in Bewegung setzte und die Braunhaarige dabei zwangsläufig an der Hand mitzog. Sie hatte mehr als genug getan. Jetzt wurde es Zeit an sich selbst zu denken.


zuletzt bearbeitet 04.05.2017 20:12 | nach oben springen

#67

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 15.01.2017 12:04
von Fionien • Giftzwerg | 63 Beiträge



Mit versteinertem Gesicht folgte ich den Männern Callums, der uns den Wald durchstreifen ließ. Corboz hatte mich ihm unterstellt, mich degradiert unter diesen Mann. Wenn ich daran dachte, bekam ich das Bedürfnis, den nächsten Baum zu Kleinholz zu verarbeiten. Warum nur war mir der Prinz entwischt? Wie konnte mir so etwas nur passieren?! Ich versuchte meine Hand zu entspannen, ballte sie aber immer wieder zur Faust, während ich die müden Augen offen hielt. Ich wollte schlafen, in meinem Kopf wallte ein seltsamer Nebel, der mich unachtsam werden ließ. Inzwischen war ich sogar erleichtert darüber, dass ich auf meinem Ritt nach Cerandil einige Stunden geschlafen hatte, denn seitdem ich zurück war, hatten mich das Fest und die Suche nach dem Prinz wach gehalten, und jede Stunde der Ruhe, die ich hätte nutzen können, hatte Corboz mit weiteren Aufgaben zunichte gemacht. Er wollte, dass ich einknickte. Aber das würde nicht. Ich musste einfach hart bleiben und mich selbst ignorieren, wie ich es mit dem süffisanten Lächeln Callums tat. Ich mochte ihn genauso wenig wie Corboz. Er war nichts Besseres als ein Räuber und Dieb, ein Halunke, dem es egal war, ob er es mit Familien oder Kriegern zu tun hatte. Er hinterließ ein Blutbad ohne jeglichen Grund.
Plötzlich hörte ich durch die Stille Schritte, die über den Waldboden donnerten. Der Prinz konnte das nicht sein, er hatte seine Schritte bedächtig gesetzt und nicht wie ein Wildschwein bei der Jagd. Es war ein blasser Kerl in schlecht sitzender Rüstung, schwarzen Haaren und spitzer Nase. Ich kannte ihn vom Sehen, nicht aber seinen Namen.
„Azall´n! Am See ham´se sich versammelt, ganzer Haufen! Bin so´m Bengel gefolgt, der wie von ´ner Tarantel gestochen durch ´n Wald gerannt ist!“, erzählte er leicht keuchend.
„Wie viele?“, fragte Callum. Der Bursche zuckte mit den Schultern, beeilte sich allerdings mit einer Antwort, als er Callums Blick sah.
„War´n schon ´ne Menge. Nich´ mehr wie hundert, aber Frauen ham´se dabei und welche, die ausseh´n als würden sie bald schon von allein ins Gras beißen.“
Während sich ein Grinsen in sein Gesicht brannte und die anderen Soldaten hämische Blicke tauschten, versuchte ich, mir die Abscheu nicht anmerken zu lassen. Wir waren nicht hier her gekommen, um die Azallen zu schlachten, sondern um den Prinzen zu finden. Frauen und Greise zu richten war etwas Grausames, es war verabscheuenswert. Als Hauptmann würde ich solche Bastarde verstoßen. Aber Corboz blickte über solche Vorfälle hinweg. Ich rechnete damit, dass Callum uns befehlen würde, weiter den Prinzen zu suchen. Stattdessen gab er den Befehl, ihm zu folgen und raubte mir damit den Atem. Erst, als mich einer der Männer anrempelte, riss ich mich zusammen und folgte ihm. Befehlsverweigerung konnte ich mir nicht leisten nach meinen Fehlern, auch wenn sich mein Magen zusammenzog. Ich dachte an die Blicke der Männer. Was würden sie tun?

Dutzende Menschen standen um den See auf der kleinen Lichtung, mit ernsten und traurigen Mienen. Es schien für einen Moment die Welt still zu stehen. Dann hörte ich jemanden „Lauft!“ schreien. Callum gab den Befehl zum Abschuss und Pfeile trafen auf die Lichtung, auf die Menschen. Sie fielen zu Boden. Entsetzen breitete sich in mir aus und vertrieb die Müdigkeit. Ich versuchte mir zu sagen, dass das die Azallen die Halunken waren, die es galt, zu vernichten. Aber dennoch. Es war falsch. Und trotzdem schloss ich mich den Männern an, die auf die Lichtung stürzten, um zu töten.
Nur dumpf konnte die Schreie hören, die auf der Lichtung widerhallten.
Ich lief an den Wehrlosen vorbei und versuchte zu verdrängen, dass sie den anderen Soldaten zu Opfer fielen würden, wenn sie nicht flohen.
Ein Mann rannte auf mich zu, eine Schaufel in der Hand. Ich wich ihm aus, stieß ihm den Knauf meines Schwertes in den Rücken und er fiel. Ohne darauf zu achten, ob er wegrannte, suchte ich nach einem Sinn, hier zu sein, nach einem Grund, meinen Befehl nicht verweigern zu müssen. Ich konnte keine wehrlosen Menschen angreifen, das widersprach jeglichen Kodexen. Nur die, die Waffen hatten und damit eine Gefahr darstellten.
Plötzlich sah ich Rauch zwischen den Bäumen und rannte dorthin. Soldaten benutzten keinen Nebel, also musste dort jemand anderes sein. Eine Frau rutschte gerade von einem Baum und ich lief ihr hinterher. Sie kniete sich neben eine andere Frau, die ihrerseits vor der Leiche eines Soldaten hockte. Leise lief ich von hinten auf sie zu und setzte der Frau, die vom Baum gesprungen war, das Schwert an den Hals.
„Steht beide langsam auf und nehmt die Hände in die Höhe“, sagte ich ruhig.
Hier, etwas weiter im Wald, war es unwahrscheinlich, dass ihnen jemand half.


Wuhu, ich habe ein eigene Signatur^^ *stolz* xD

zuletzt bearbeitet 04.05.2017 20:11 | nach oben springen

#68

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 16.01.2017 00:02
von Arashi • Grünschnabel | 10 Beiträge

Jaelyn

Ich wusste, dass ich nicht länger hier bleiben durfte. Es war zu gefährlich und doch konnte ich mich nicht rühren. Meine Beine waren schwer wie Blei und mir fehlte jegliche Kraft in den Armen um mich auch nur einen Zentimeter in die Höhe zu drücken. Warum? Warum taten sie das? Was hatte ein Azelle dem König jemals getan, dass er solch eine Hexenjagd gegen sie führte? Alle diese unschuldigen Leben? Wie konnten diese Soldaten einfach so ohne zu zögern morden und es wie dieser hier sogar genießen? Was für Dämonen musste einem besessen haben?
Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter und ruckartig zuckte mein Körper zusammen und riss mich aus meiner gedanklichen Starre. Es war die dunkelhaarige, junge Frau, welche mich auch schon zusammen mit Aneela aus dem Karren befreit hatte. Sie versuchte mich mit ihren Worten zum Bewegen zu animieren, doch so wirklich funktionieren wollte es nicht. "Nun stehe ich schon doppelt in deiner Schuld.", meinte ich zu ihr mit einem Lächeln auf den Lippen, wobei es nur ein verzweifelter Versuch war mich von all dem um mich herum abzulenken. Dieses hielt jedoch nicht lange und ich sah stattdessen auf meine Hände, welche nach wie vor zitterten. "Es hört einfach nicht auf...", kam es kleinlaut aus meinem Mund und ich presste daraufhin eine Hand fest in die andere in der Hoffnung, dass es irgendwas brachte. Ich versuchte ruhig zu atmen, versuchte die Kontrolle über meinen Körper wieder zu erlangen. Immerhin konnte ich es nicht verantworten, wenn meiner Helferin meintenwegen etwas passierte.
Gerade als ich einen Versuch wagte, um mich aufzuraffen, viel ein Schatten in mein Blickfeld und als ich aufsah, stand dort hinter meinem Gegenüber die Soldatin von vorhin. Ihr Schwert an die Kehle der jungen Frau gelegt und der Aufforderung mit erhobenen Händen aufzustehen. Ungläubig sah ich sie an und wünschte einfach nur, dass dies nicht wahr sein konnte. Am liebsten hätte ich die Dunkelhaarige um Verzeihung gebeten. Nun war sie meinetwegen in Gefahr. Doch anstatt einer Entschuldigung senkte sich mein Blick wieder und meine Finger krallten sich in die kalte Erde unter mir. "Wieso?", fragte ich erst leise. Dann jedoch sah ich die Soldatin trotz Tränspuren auf der Wange wütend an. "Wieso tut ihr sowas? Was haben euch diese Menschen überhaupt getan?! Und wie feige und im Inneren verrottet muss einer sein um Umschuldige auf einer Trauerfeier zu meucheln? Sie regelrecht abzuschlachten?!", fachte ich.

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#69

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 16.01.2017 01:02
von NoNameSorrySoon • Grünschnabel | 44 Beiträge



Die Frau war vollkommen von Sinnen. Ich zog sie mit in den Wald, damit sie vom Schlachtfeld weg kam. Es war mir egal, ob sie sich wehrte. Oder aber, dass ich sie wie einen Sack Mehl hinter mir her ziehen musste. Den Schock des eben getätigten Mordes sah man in ihrem Gesicht geschrieben. Ihre Stimme klang fern, als sie "Nun stehe ich schon doppelt in deiner Schuld." , von sich gab. Sie rang sich ein Lächeln auf die Lippen. Sie schien einem Nervenzusammenbruch nah zu sein. Vermutlich krachte sie gleich zusammen oder wurde womöglich noch ohnmächtig. Ich unterdrückte ein Seufzen und presste meine Zähne zusammen. "Also..-", wollte ich ruhig ansetzen, als mir plötzlich ein Schwert an den Hals gehalten wurde. Ruhig hob ich meinen Blick und sah mit angehobenen Kinn in die Richtung der Soldatin, die meinte, mir drohen zu können. Nun gut... sie war ganz offensichtlich in der Position, mir drohen zu können. Die Hände heben? Hatte sie keine bessere Forderung auf Lager? Sowas wie 'Waffen auf den Boden' oder so?! Ich war kurz davor, meine Hand mit meinem Fächer in die Höhe gleiten zu lassen, als die Azalle Neben mir anfing, eine herzzerreißende Rede zu halten. Während ich mich langsam erhob zog ich sie mit nach oben. Den Blick auf meinen Gegner gerichtet. Ihre Augen fixiert, um einschätzen zu können, wohin sie sah und was se alles vernehmen konnte und was nicht. Da ich die Azalle mit hoch hob, konnte ich dabei unauffällig nach meinem Fächer greifen. Diese stahlblauen Augen würde ich mir merken. Die Chance, dass ich ihr diese auskratzen würde, weil sie es wagte, mir mit meinem Leben zu drohen, war hoch.
Während wir beide nun dort standen und mein Schützling gerade mitten in ihrer Rede war, befanden sich meine Hände auf der Höhe meiner Schultern. In der einen Hand war mein Fächer. Bisher war das bedrohlichste das Schwert an meinem Hals. Ich musste uns beide retten und keine Gefahr eingehen, dass irgendjemand getötet wurde. Das dumme war, dass ich mich zurzeit in einer unteren Position befand.
Mich nicht auf die Worte der Azallin neben mir konzentrierend, ließ ich den einen Arm zu meinem Hals schwenken. Mein Unterarm war mithilfe von Eisen verstärkt, so dass ich ohne Bedenken das Schwert mittels des Unterarmes wegschieben konnte. Hierbei war bei mir die Geschwindigkeit mein Vorteil. Während ich das Schwert zur Seite und von meinem Gesicht weg drückte, drehte ich ihren Arm einmal herum, so dass dieser in einer Unnatürlichen Position verharrte und der Griff um ihr Schwert recht locker sein dürfte. Mit meiner Freien Hand griff ich also nach dem Arm, der ihr Schwert hielt und versuchte mit einem Tritt ihr die Waffe aus der Hand zu kicken.


zuletzt bearbeitet 04.05.2017 20:11 | nach oben springen

#70

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 22.01.2017 14:14
von Annika • Nesthäkchen | 22 Beiträge



Die Stimmung aller Azallen auf der Lichtung war traurig, doch war es auch ein Abend des Friedens und des Verabschiedens einer wichtigen Person. Es war ruhig, bis Margerie verabschiedende Worte an den verstorbenen Ältesten und alle Anwesenden richtete, nur Momente danach wurde das Floß, in welchem der Leichnam lag, durch Kilian in Brand gesetzt. Als sie ihren Blick von dem See abwandte und zu Tristan sah, da wirkten seine Gesichtszüge steifer als sonst, so wollte sie ihm beruhigend die Hand auf seine Schulter legen, doch ließ es. Pola war noch nie eine sehr emotionale und mitfühlende Person gewesen, ihre traurigen Gefühle verdrängte sie meist und behielt sie in sich. Gerade als sie zu Astraea schauen wollte, ertönte Aneelas Stimme, sie sollten … laufen? Ein Schmerzensschrei später und alle brachen in Panik aus, so passierte es auch, dass sie aus dem Gedränge kaum noch heraus kam und sie nicht nur einmal beinahe gestolpert wäre. Zu spät bemerkte sie, dass Astraea nicht mehr an ihrer Seite war, Tristan ebenfalls nicht. Also begann Pola schneller zu laufen und sich mit der Menge in den Wald zu bewegen, immer wieder Ausschau nach ihrer rothaarigen Freundin haltend. Doch gerade als sie glaubte, sie hätte sie entdeckt, wurde sie unsanft nach hinten gerissen, es war einer der Soldaten. Aus Reflex bekam er schon bald ihren Ellbogen zu spüren, der Schlag war fest doch ihre Position ungünstig. Sich los zu reißen war schwer und so traf ihr Körper bald den Waldboden, als der Soldat ihr ebenfalls einen Schlag versetzte, auch wenn sie sein Gesicht nicht sah, wusste sie, dass wahrscheinlich ein breites Grinsen sein Gesicht zieren würde, wenn sein Schwert sich durch ihren Körper bohren würde. Gerade als er ausholte, kam Polas Retter, dessen Schwerthieb Gott sei Dank schneller war, als der ihres Angreifers. „Komm“, meinte Kilian und zog sie weiter. Ihre Wange schmerzte und ihre Lungen brannten, sie hatte kaum Zeit gehabt, Luft zu holen. Doch ein Wort, einen Namen rief sie noch, eine Person um die sich ihr momentaner Begleiter genau so viel Sorgen machte wie die Braunhaarige: Astraea.


zuletzt bearbeitet 04.05.2017 20:10 | nach oben springen

#71

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 30.01.2017 12:31
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge



Als ich die rötlichen Strähnen erneut in der Menge aufblitzen sah und kurz darauf Astraea erkannte, die in unsere Richtung lief und dabei mit anderen Azallen kollidierte, beschleunigten sich meine Schritte augenblicklich, ohne das ich mir darüber selbst bewusst war. Auch Pola rief nun Astraeas Namen und ich verstärkte meinen Griff um sie in die Richtung zu führen, in der ich die Azalle ausgemacht hatte. Dann hatten wir endlich die quälende Distanz hinter uns gebracht. Ohne auch nur irgendeinen Gedanken an etwas anderes als an sie zu verschwenden, löste ich mich von der Brünetten, legte beide Hände an Astraeas Wangen, senkte mein Gesicht zu ihrem herab und forderte, was mir vermutlich nichtmal zustand. Für einige Augenblicke versank ich in dem Gefühl dieser weichen Lippen, der Sehnsucht, die diese Berührung in mir auslöste, ehe ich mich dazu zwang, die Verbindung wieder zu lösen. Ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt, um das zu tun, wenn auch vielleicht die letzte Möglichkeit. Diesen Gedanken wollte ich jedoch nicht zulassen. "Wir müssen hier weg.", raunte ich, ehe ich meine Arme wieder sinken ließ und sie damit ganz freigab. Wenn auch nur für den Bruchteil einer Sekunde, ehe ich ihre Hand ergriff, um sie in Sicherheit zu bringen.
Zusammen mit den anderen Azallen, die noch immer panisch das Weite suchten, brachten wir den See soweit es ging hinter uns. Wie viele unseres Volkes würden diese Nacht ihr Leben lassen? Wie viele ließen wir in dem Chaos zurück, die eventuell noch gerettet werden konnten? Immer wieder warf ich einen Blick zurück über meine Schulter und verlangsamte meine Schritte, bis wir irgendwann zum Stillstand kamen. "Ich glaube sie folgen uns nicht mehr." Mein Blick glitt zur Seite, wo einige andere ebenfalls nach Luft rangen und mein Blick verdüsterte sich, als ich erkannte wie wenige wir waren. Natürlich wusste ich, dass ein Großteil vor uns geflüchtet war, vielleicht bald das Versteck erreichen würden und eventuell gab es auch einige Nachzügler. Dennoch hatten viele in dieser Nacht ihr Leben verloren und die Bilder, die sich wieder in meinen Kopf schlichen, ließen mich bebend die Hand zur Faust ballen. War es klüger weiter zu laufen, trotz des immensen Drangs zurückzukehren? Oblag es meiner Pflicht erst diejenigen in Sicherheit zu bringen, die an meiner Seite waren? Und was war mit all denen, über deren Verbleib ich im Ungewissen war? Würde die Zeit ausreichen die Anwesenden zum Unterschlupf zu begleiten und rechtzeitig wieder am See anzugelangen, um wenigstens das grausame Schicksal auch nur eines weiteren Azallen zu verhindern? Es vergingen mehrere Augenblicke, in denen ich diesen inneren Kampf ausfechtete und eine weitere Entscheidung fällen musste, die ich vermutlich bedauern würde. "Wir müssen weiter."


Liebe ist nur eine weitere Methode anderen Leid zuzufügen <3

zuletzt bearbeitet 04.05.2017 20:10 | nach oben springen

#72

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 31.01.2017 21:45
von Katashyna • Pingupups | 39 Beiträge



Keuchend versuchte ich immer weiter zu kriechen und irgendwie von diesem Fleck weg zu kommen. Doch es schien mir nicht zu gelingen. Ich hatte das Gefühl mich kein Stück zu bewegen. Nur die Schmerzen wurden immer stärker und brachten mich an meine Grenzen. Als ich die Hoffnung schon aufgegeben hatte und langsam den Kopf sinken lies, spürte ich, wie mich jemand hoch hob. Voller Schmerz verzerrte ich mein Gesicht, als ich an einen fremden Körper gedrückt wurde und vorsichtig empor in das Gesicht eines jungen Mannes blickte. Erleichtert lehnte ich meinen Kopf an seine Schulter und hielt mich so gut ich konnte an ihm fest. Diese sanfte Stimme, die mir versicherte mich hier sicher raus zu bringen, war es die wieder Hoffnung in mir hochkommen lies. »Danke...«, flüsterte ich ihm wohl kaum merklich zu. Ich wusste nicht ob er es gehört hatte, oder nicht. Doch war ich ihm wirklich dankbar. Er hätte einfach weg laufen und sich selbst in Sicherheit bringen können, statt einem fremden Mädchen zu helfen, dass elend am Boden herum kroch und wohl keine Lebenschance mehr gehabt hätte. Wahrscheinlich wäre jeder aus meinem Heimatdorft einfach weiter gelaufen und hätte mich liegen gelassen.
Ich vernahm noch, wie der Mann zu stehen kam und irgendwas sprach. Es hörte sich nicht so an, als wären die Worte an mich gerichtet gewesen. Er sprach einen Namen aus, den ich nicht kannte. Doch mehr konnte ich nicht mehr hören. Es war so, als würden alle Geräusche rund um mich leiser werden. Auch die zuvor noch qualvollen Schmerzen spürte ich nicht mehr. Nur meine Augenlider wurden schwerer und schwerer, bis es auf einmal Schwarz war.


zuletzt bearbeitet 04.05.2017 20:09 | nach oben springen

#73

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 01.02.2017 19:50
von Fionien • Giftzwerg | 63 Beiträge



Die Frau sah mich ruhig an und damit stufte ich sie als gefährlich ein. Offensichtlich hatte sie einen Plan parat. Die Frau neben ihr kam mir bekannt vor, die jetzt anfing „Wieso? Wieso tut ihr sowas? Was haben euch diese Menschen überhaupt getan?! Und wie feige und im Inneren verrottet muss einer sein, um Unschuldige auf einer Trauerfeier zu meucheln? Sie regelrecht abzuschlachten?!“ zu schluchzen. Langsam wandelte sich ihre Stimme in ein hysterisches Fauchen. Wahrlich, ich hatte besseres zu tun, als mich mit keifenden Frauen herumzuschlagen. Ich ignorierte sie und die Frau neben ihr zog sie mit sich hoch auf die Beine, ohne den Augenkontakt zu lösen.
Bevor ich etwas weiteres sagen konnte, hatte sie mein Schwert von ihrer Kehle geschlagen und meinen Arm verdreht. Ich fing ihr Bein ab, mit dem sie dagegen treten wollte. Es wäre problematisch, wenn ich nicht mehr kämpfen könnte. Corboz hatte sicher nette Aufgaben für mich, wenn ich nun nicht einmal mehr kämpfen könnte.
Ich trat ihr die Beine weg und nagelte sie mit einem Fuß auf dem Boden ab, festigte den Griff ums Schwert und warf der anderen einen drohenden Blick zu.
Was sollte ich tun? Ich würde niemanden töten, das verstieß gegen jegliche Kodexe. Aber hier gab es keine Wachen, die mir helfen konnten, sie einzusperren. Sollte ich die andere als Geisel nehmen und damit die andere locken? Andererseits wusste ich nicht, wie nah sich die beiden standen. Mein Kopf war schwer und ich war müde, das half mir nicht wirklich beim Denken.


Wuhu, ich habe ein eigene Signatur^^ *stolz* xD

zuletzt bearbeitet 04.05.2017 20:08 | nach oben springen

#74

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 04.02.2017 02:47
von Arrabella • Team Zyr | 78 Beiträge



„Keine Sorge. Bei mir ist dein Geheimnis sicher.“, erwiderte Ethan auf meine Bitte hin und erleichtert atmete ich aus. Eigentlich sollte ich mich wegen meinen Fähigkeiten nicht verstecken müssen, aber der König und seine Art zu regieren ließ es einfach nicht anders zu.
„Ich danke dir.“, sagte ich und leicht lächelte ich Ethan an. Obwohl ich ihn gerade erst getroffen hatte, schenkte ich seinen Worten Glauben und vertraute ihm.
Plötzlich vernahm ich hinter mir ein Rascheln und auch Ethan schien es bemerkt zu haben, denn er richtete sich auf und starrte auf einen Punkt hinter mir. Abrupt drehte ich mich um und sah einen kleinen Jungen, der taumelnd auf uns zukam.
„H-H-Hilfe“, sagte er stotternd. „B-B-Bitte. Du musst m-m-mir he-helfen“, fügte er noch hinzu. Er sagte noch etwas, was ich nicht genau verstehen konnte und ehe ich mich versah wurde er bewusstlos. Reflexartig streckte ich meine Arme nach ihm aus um ihm den Fall auf den harten Waldboden zu ersparen. Augenblicklich kam Ethan auf mich zu und half mir das Kind zu stützen. Voller Sorge betrachtete ich das junge Geschöpf und als ich mich versichert hatte, dass er nicht schwer verletzt war, atmete ich erleichtert aus.
„Ihm geht’s soweit gut.“, stellte ich fest, „er ist erschöpft und hat einige kleine Verletzungen, die ihm aber keine Probleme bereiten sollten.“ Normalerweise hätte ich mich sofort um seine kleinen Wunden gekümmert, aber ich fühlte mich ein wenig geschwächt und wir mussten außerdem zu den anderen zurück. Ethan schien gerade dasselbe gedacht zu haben, denn er schlug vor, zum See zurückzukehren und ich stimmte sofort zu. Es wäre unhöflich, die Zeremonie zu verpassen, gerade weil ich eingeladen wurde, ohne jedoch eine Azalle zu sein. Außerdem mussten wir herausfinden, wer der Junge war und vielleicht wussten die Anwesenden mehr über das Kind.
Gemeinsam gingen wir zur Gruppe zurück und es dauerte nicht lange, bis ich meinen Cousin sah, der auf sich auf uns zubewegte. Als er uns erreicht hatte, fragte er nach dem Jungen und ich erzählte ihm kurz von den Geschehnissen im Wald.
Ethan gab das Kind an Gabriel weiter, ehe er sich verabschiedete und auf Aneela und die anderen zusteuerte.
„Was soll ich jetzt mit dem Jungen machen?“, fragte mich Gabriel ein wenig ratlos und ich zuckte mit den Schultern.
„Wir müssen herausfinden, wer der Kleine ist. Vielleicht weiß einer der Anwesenden mehr darüber.“, dachte ich laut nach. Es wäre vermutlich am Besten, die Azallen hier um Rat zu fragen. Vielleicht hatten sie den Jungen schon einmal gesehen und wussten sogar, woher er kam.
Mein Cousin nickte zustimmend, bevor wir jedoch unser Vorhaben in die Tat umsetzen konnten, begann die Totenfeier.
„Ich denke, wir sollten das auf später verschieben.“, flüsterte mir Gabriel zu und ich nickte zustimmend. Es wäre unhöflich, jetzt durch die Gegend zu laufen und die trauernden Menschen auszufragen.

Eine alte Frau trat hervor und hielt eine emotionale Rede, die mich zu Tränen rührte. Auch die Azallen um mich herum blieben von ihren Worten nicht unberührt. Einige weinten, bei anderen war der Schmerz und die Trauer klar in den Augen erkennbar. Aufmerksam beobachtete ich die Zeremonie weiter und als das Floss in Flammen aufging, stießen viele Herumstehende einen Schluchzer aus.
Ich strich mir die aufkommenden Tränen aus den Augen. Obwohl ich den Ältesten nie gekannt hatte, empfand ich doch unglaubliche Trauer.
„Das ist wirklich berührend“, sagte ich leise an Gabriel gewandt. Ich wusste, dass er bei so etwas nicht so empathisch war, aber ich konnte einfach nicht glauben, dass ihn diese Totenfeier gar nicht berührte.
„Ja.“, stimmte er mir zu. Bevor ich jedoch noch etwas erwidern konnte, hörte ich, wie Aneela schrie: „Sie sind hier!“ Verwirrt richtete ich meinen Blick auf die Azalle, die panisch wirkte. Wer war hier?
„Lauft!“, sagte sie weiter und ich realisierte immer noch nicht, was sie uns damit sagen wollte. Doch plötzlich ging alles so schnell. Menschen liefen voller Angst auseinander. Ich hörte Geschrei und Geschluchzte und noch bevor ich wirklich verstand, was hier gerade vorging, hatte Gabriel schon nach meiner Hand gegriffen und mich Richtung Wald gezogen. Ich hörte die Menschen durcheinander Rufen. Ein Wort hallte dabei besonders laut in meinen Ohren: Soldaten. Wie hatten sie uns hier gefunden? Wie konnten sie von der Totenfeier wissen?
„Schneller!“, rief Gabriel, der nun meinen Hand losließ und den Jungen noch fester an sich drückte. Wir müssen laufen. Weg von hier.

„Enngelin“, hörte ich jemanden meinen Namen rufen und mein Cousin und ich blieben wie angewurzelt stehen. Ich sah Tristan auf uns zukommen und in seinen Armen hielt er eine junge Frau, die sich als Artminea entpuppte. Geschockt riss ich meine Augen auf, als ich den Pfeil in ihrem Rücken bemerkte. Schnell hatte ich mich jedoch wieder gefangen und hörte aufmerksam Tristan zu, der mich um Hilfe fragte.
„Wir sollten uns besser gleich darum kümmern“, sagte ich bestimmt. Obwohl ich mir der Gefahr um uns herum durchaus bewusst war, galt meine ganze Sorge nur Artimea und ihrer Verletzung. Ich deutete Tristan, er solle die junge Frau ablegen, wodurch ich mir die Wunde genauer ansehen konnte. Der Pfeil hatte sich nicht allzu tief in den Rücken gebohrt, weshalb ich mich eigentlich schnell darum kümmern konnte.
Bestimmt griff ich mit einer Hand nach dem Pfeil, während ich die andere bereits auf ihren Rücken legte. Während ich langsam den Pfeil herauszog, bündelte ich meine Energie und spürte ein leichtes Kribbeln in meinen Händen. Ich sah, wie sich die Wunde schloss und für einen kurzen Moment verschwamm mein Sichtfeld ehe ich mich einen Moment später aufrichten konnte.
Gabriel bedachte mich mit einem sorgvollen Blick, aber mit einem Nicken versicherte ich ihm, dass es mir gut ging. Ich war nur ein wenig erschöpft, da ich in kurzer Zeit zwei Wunden geheilt hatte, wobei mir für beide nicht gerade viel Zeit geblieben war.
„Wir müssen weiter.“, meinte Gabriel und zu fünft liefen wir tiefer in den Wald hinein.



„Nach allem, was du für uns getan hast…“, erwiderte Aneela auf meine Aussage hin.
„Jedenfalls, du kannst noch einige Gefallen einfordern, ehe wir quitt sind.“, fügte sie hinzu und ich grinste leicht. Früher oder später würde es bestimmt dazu kommen. Bis dahin konnte ich sie immer wieder damit aufziehen und ihr ihre Schuld mir gegenüber ins Gedächtnis rufen. Ich wusste, dass es ihr nicht gefiel, dass sie mir etwas schuldete und bereits des Öfteren auf meine Hilfe angewiesen war. Aber ich verkniff mir einen Kommentar dazu, da es mir einfach nicht als der passende Moment erschien.
Wir wurden kurz unterbrochen, als Enngelin fragte, ob sie kurz den See verlassen durften.
„Es wird bald anfangen, aber noch bleibt euch etwas Zeit.“, sagte sie und ich warf Ethan einen bösen Blick zu. Meiner Cousine schien dieser nicht entgangen zu sein, denn sie streifte kurz mit ihrer Hand meine Schulter, womit sie mich wahrscheinlich beschwichtigen wollte. Aber ich konnte nicht anders, als mir um Enngelin Sorgen zu machen. Sie war einfach zu naiv und konnte sich im Extremfall nicht wehren. Deshalb gefiel es mir auch nicht, dass sie sich mit einem fremden Mann – den ich noch dazu noch nie gesehen hatte- etwas außerhalb niederließ.
Ich wandte mich wieder Aneela zu, die ihren Gedanken nachhing und ich beschloss, sie dabei nicht zu stören. Vielleicht dachte sie an den Ältesten oder an ihre Familie oder überhaupt an das ganze Volk hier. Annela entschuldigte sich kurz und ging dann auf Kilian und Artminea zu, vermutlich um sie zu begrüßen.
Es dauerte jedoch nicht lange, bis sie wieder kam und sagte: „Vielleicht können wir unsere Unterhaltung nach dem Ritual weiterführen?“
„Ja, natürlich.“, beantwortete ich ihre Frage und lächelte ihr kurz zu, ehe sie erneut zu ihrem Bruder ging. Aus Aneelas Augen war jegliche Fröhlichkeit gewichen und sie wirkte matt und erschöpft. Der Tod des Ältesten hatte sie stärker getroffen, als ich angenommen hatte. Ich wünschte, ich könnte etwas für sie und die anderen Azallen tun, aber das einzige, was ich machen konnte, war hier zu sein und dem Ritual beizuwohnen.
Nachdem die Azalle gegangen war, hielt ich nach meiner Cousine Ausschau, die ich kurze Zeit später wieder auf der Lichtung entdeckte. Ich steuerte auf sie zu und ein wenig überrascht sah ich auf das Kind, das Ethan in seinen Armen trug.
„Kannst du mir das erklären? Wer ist das?“, fragte ich überrascht und Enngelin erzählte mir kurz von den Geschehnissen, die sich im Wald abgespielt hatten. Ethan reichte den Jungen daraufhin an mich weiter, da er noch kurz etwas zu erledigen hatte. Ein wenig ratlos sah ich das Kind an, das nun bewusstlos in meinen Armen lag.
„Was soll ich jetzt mit dem Jungen machen?“, fragte ich Enngelin, doch sie zuckte nur mit den Schultern. Enngelin sollte mit der Situation hier besser umgehen können als ich. Zwar hatte sie selbst keine Kinder, aber sie hatte sich oft schon um die Kinder ihrer wenigen Freundinnen gekümmert oder mit den Sprösslingen im Dorf gespielt.
„Wir müssen herausfinden, wer der Kleine ist. Vielleicht weiß einer der Anwesenden mehr darüber.“, sagte sie nach einer Zeit. Natürlich war das die erstbeste Möglichkeit, wobei ich bezweifelte, dass der Junge irgendwen hier kannte. Laut Enngelins Erzählungen hatte er nach Hilfe gerufen und die Azallen hätten nie allein ein Kind durch den Wald irren lassen.
Trotzdem nickte ich zustimmend, da mir nichts besseres einfiel. Bevor wir jedoch damit anfangen konnten, begann die Totenfeier und ich flüsterte Enngelin zu, dass wir das besser auf später verschieben sollten.
Eine Frau, die vermutlich auch zu den Ältesten zählte, trat hervor und hielt eine kurze Rede über Verlust und die Zukunft. Enngelin’s Augen wurden glasig und ich schüttelte leicht den Kopf. Ich musste zugeben, dass die Rede und die Totenfeier berührend waren, aber ich hatte Erasmus nicht gekannt und hatte deshalb keine Verbindung zu ihm.
„Das ist wirklich berührend.“, sprach Enngelin meine Gedanken von vorhin aus.
„Ja.“, erwiderte ich einfach nur. Ganz kalt ließ mich das alles hier nicht, aber so emotional wie Enngelin konnte ich bei Gott nicht werden.
Plötzlich hörte ich Aneelas Stimme, die schrie: „Sie sind hier!“ Ich suchte mit meinem Blick die Azalle, die voller Panik war. „Lauft!“, sagte sie weiter. Obwohl ich sie nicht sah, wusste ich sofort wen sie meinte. Die Anhänger des Königs waren hier und würden bestimmt nicht harmlos mit den Anwesenden hier umgehen. Instinktiv griff ich mit einer Hand nach Enngelin und hielt mit der anderen den Jungen fest gegen meine Brust. Ich lief in den Wald hinein, da wir dort sicherer waren wie auf einer Lichtung. Hier waren wir kein leichtes Ziel für Pfeil und Bogen und im Wald konnte man sich besser verstecken.
„Schneller!“, rief ich Enngelin zu, die verwirrt und panisch aussah. Ich drückte den Jungen fester an mich, blieb aber abrupt stehen, als jemand Enngelin’s Namen rief. Tristan. Ich sah den jungen Mann auf uns zukommen und in seinen Armen hielt er Artminea, die anscheinend nicht so gut wie wir davon gekommen war. In ihrem Rücken steckte ein Pfeil und ich wusste, dass Enngelin sich ihrer sofort annehmen würde.
„Wir sollten uns besser gleich darum kümmern.“, sagte Enngelin, wie nicht anders erwartet und heilte die Wunde. Als sie sich aufrichtete, schwankte sie leicht, weshalb ich sie voller Sorge musterte. War es ihr zu viel? Ging es ihr gut? Enngelin versicherte mir mit einem Nicken, dass sie in Ordnung war, auch, wenn die Skepsis nicht ganz verschwand.
Trotzdem sagte ich: „Wir müssen weiter.“ Die Gefahr erwischt zu werden, war viel zu groß, wenn wir uns zu lange auf einen Ort aufhielten.


zuletzt bearbeitet 04.05.2017 20:07 | nach oben springen

#75

RE: ~Cerandíl~

in Cerandíl - Origins 08.02.2017 19:32
von Neyl • Admin | 37.081 Beiträge



In dem Moment, als ich den Soldaten über mir erkannte, wusste ich, dass es zu spät war. Selbst wenn ich den Mann wie durch ein Wunder überwältigen könnte, verstrich bereits jetzt jede kostbare Sekunde, die ich zur weiteren Flucht benötigen würde. Und diesmal würde mich wohl niemand befreien können.
Trotz dieser Erkenntnis wollte ich mich jedoch nicht kampflos ergeben und versetzte meinem Angreifer einen letzten Schlag, ehe er die restlichen Mitglieder seiner Einheit zu uns rufen konnte. Vielleicht würden die Soldaten danach von den übrigen Azallen ablassen, dann wäre mein Fehltritt wenigstens nicht ganz umsonst. Doch anstelle eines triumphierenden Ausrufs, kam plötzlich ein schmerzerfüllter Schrei über seine Lippen und noch ehe ich wirklich registrieren konnte, was geschehen war, wurde der schwere Körper von mir heruntergerissen und ich starrte stattdessen in das Gesicht meines unerwarteten Retters. Was zur Hölle machte er noch hier? Ehe ich jedoch dagegen protestieren konnte, hatte Ethan mich schon auf die Beine gezogen und Dankbarkeit und Unmut überkamen mich gleichermaßen .„Wir müssen hier weg, Prinzessin! Du hast deinen Beitrag geleistet.“, brachte der Azalle atemlos hervor und zog heldenhaft (und dumm) wie er war, die Person mit sich, die Eochaids Männer um jeden Preis in die Finger bekommen wollten. "Ethan, du weißt nicht, was du tust!", rief ich ihm voller Panik zu und ließ gegen jede Vernunft einen Funken Hoffnung zu, als wir den Waldrand fast erreicht hatten. Den Bruchteil einer Sekunde später, wurde dieser vernichtet. Ein kräftiger Ruck an meinem Knöchel riss mich gewaltsam aus Ethans Griff und führte dazu, dass ich abermals hart auf den Boden aufschlug. "Du bleibst schön hier.", keuchte eine fremde Stimme und als ich mich hastig auf den Rücken rollte, erkannte ich einen weiteren Soldaten, der offenbar seine letzten Kräfte gebündelt hatte, um unser Entkommen zu verhindern. Ich stützte mich mühsam auf, versetzte ihm mit meinem freien Bein einen Tritt, woraufhin er die Umklammerung lockerte und fuhr ruckartig zu Ethan herum, als ich realisierte, dass sich mindestens zwei weitere Soldaten in schnellem Tempo näherten. Doch jede Ermahnung zur Flucht kam zu spät. Als hinter dem Azallen plötzlich ein weiteres hämisches Gesicht auftauchte, konnte ich nur hilflos mit ansehen, wie seine Hilfsbereitschaft Ethan zum Verhängnis wurde.




Regungslos verfolgte ich die Szene, die sich vor meinen Augen abspielte. Ein leiser Verdacht regte sich in meinem Inneren, der sich nur Sekunden später bestätigte, als die Kapuze der Gestalt heruntergerissen wurde und mir ein sehr vertrautes Gesicht offenbarte. Ohne darüber nachzudenken setzte ich mich in Bewegung, verharrte jedoch, als Katelyns Klinge sich tief in den Hals des Soldaten bohrte. Die junge Frau schien nach ihrer erfolgreichen Befreiungsaktion eine Fluchtmöglichkeit ausfindig machen zu wollen und ich beobachtete diese Aktion nachdenklich, als sie ihre Augen plötzlich unerwartet in meine Richtung lenkte. Ausdruckslos verfolgte ich, wie ihre Gesichtszüge entgleisten und für einen Moment schien sie ihre Möglichkeiten abzuwägen. Zu ihrem eigenen Glück bewies die Dunkelhaarige, dass sie durchaus in der Lage war kluge Entscheidungen zu treffen und entschied den Rückzug anzutreten. Doch ihren Fehler konnte sie damit nicht wett machen. Ein Lächeln huschte über meine Züge, ehe ich entschied mich später um diese Angelegenheit zu kümmern. Jetzt hatte etwas anderes Vorrang und ich hatte schon zu viel kostbare Zeit verstreichen lassen. Ich wandte mich wieder der mittlerweile fast verlassenen Lichtung zu und erblickte wie zur Bestätigung eine Frau, die auf Annelas Beschreibung zutraf und in Begleitung eines Mannes gerade Richtung Wald davonlief. Ohne zu zögern nahm ich die Verfolgung auf, beachtete den verwundeten Soldaten nicht, der sich flehend um Hilfe auf dem Boden wälzte und konnte dann beobachten, wie das Vorhaben der beiden Azallen von einem weiteren Mitglied meiner Einheit vereitelt wurde.




Ihre Reaktion beschränkte sich zunächst auf einen verbalen Ausbruch. Ich wüsste nicht, was ich da tat. Von mir aus okay, solange es unser Vorankommen nicht behinderte. So konnte ich mir zumindest einreden, dass uns noch eine Chance blieb mit unseren Leben davonzukommen. Aneela lag mit ihren Worten nicht einmal wirklich verkehrt. Denn ich wusste in der Tat nicht, was ich hier veranstaltete. Ich konnte nicht einmal sagen, wo wir uns gerade befanden, geschweige denn in welche Richtung wir flüchten sollten. Zunächst in den Wald. Von dort aus würde uns schon etwas einfallen.
Die trügerische Hoffnung, die mit jedem Schritt realere Formen annahm, ließ mich unachtsam werden. Kurz bevor wir den Waldrand erreichen konnten, spürte ich unerwartet einen heftigen Ruck, der die Verbindung unserer Hände unweigerlich unterbrach und mich, vom Schwung getrieben, ein Stück weit nach vorn stolpern ließ. Ich hörte, wie die Frau hinter mir zu Boden ging, wie jemand in unmittelbarer Nähe seinen idiotischen Triumph mit dämlichen Floskeln zum Ausdruck brachte. Hektisch wandte ich mich um und sah, wie die Dunkelhaarige dem verletzten Soldaten, der nichts Besseres zu tun hatte, als unsere Flucht zu behindern, einen kräftigen Tritt versetzte und ihren Knöchel dadurch aus der Umklammerung befreite. Ich wollte ihr gerade ein weiteres Mal auf die Beine helfen, als mir ihr starrer Blick auffiel, der nicht auf mich, sondern das, was sich hinter meinem Rücken verbarg, gerichtet war. Dem Impuls folgend drehte ich den Kopf in betreffende Richtung. Dann nahm ich bereits den dumpfen, paralysierenden Schmerz wahr, den der Griff des Schwertes verursachte, als dieser mit voller Wucht gegen meinen Kiefer geschmettert wurde. Mit einem erstickten Laut fiel ich zur Seite, die Axt krampfhaft zwischen meinen Fingern behaltend. Ich sah aus den Augenwinkeln eine Klinge aufblitzen und schaffte es mit einem Hieb den Schlag abzuleiten. Das Schwert bohrte sich neben meinem Kopf in den Boden. Der Soldat fluchte. Ich holte aus, verschätzte mich jedoch. Ein Tritt reichte aus, um die Axt aus meine Hand zu stoßen. Dann spürte ich bereits den schweren, bepanzerten Fuß meines Gegners auf meiner Brust und keuchte wütend auf. Ein bleierner Geschmack breitete sich auf meiner Zunge aus, der pochende Schädel erschwerte es einen klaren Gedanken zu fassen. Das einzige, was ich gerade recht klar wahrnehmen konnte, war das grinsende Gesicht des Mannes, der es geschafft hatte mich hinterrücks zu überwältigen.




Einen Atemzug lang wurde ich von der selben Starre erfasst, aus der mich Kilian schon einmal hatte befreien müssen und die mich nun dazu zwang das Geschehen vor mir wie in Zeitlupe zu verfolgen. Diesmal brachte Ethans Aufprall mich zurück in die Realität und blind vor Angst, dass meinem törichten Retter etwas zustoßen würde, blendete ich die herannahende Bedrohung aus. Doch kaum stand ich wieder aufrecht, hatte sie mich auch schon eingeholt. Umschlungen von zwei erbarmungslosen Armen, wand ich mich nach Leibeskräften, in der verzweifelten Hoffnung das Unvermeidliche doch noch verhindern zu können und Ethans Schicksal somit abzuwenden. Meine kläglichen Befreiungsversuche bewirkten jedoch lediglich, dass die Umklammerung des Soldaten sich verstärkte und mir entrang ein leises Keuchen, als die Klinge des hinterhältigen Angreifers ihr Ziel um nur wenige Zentimeter verfehlte.
Das Nächste was zu mir durchdrang, war der fluchender Ausruf meines Hintermannes und ich hatte gerade noch genug Zeit um zu realisieren, dass ich ihm, bei dem Versuch seinem Griff zu entkommen, mit meinem Kopf einen Stoß gegen das Kinn versetzt hatte, ehe ich gewaltsam herumgerissen wurde. Eine Sekunde später zog sich ein brennender Schmerz über meine Wange und ich wäre vermutlich abermals zu Boden gegangen, wenn seine freie Hand nicht unnachgiebig meinen Hals umschlossen hätte.
"Corboz wäre sicher nicht angetan, wenn wir sie nicht in einem Stück zu ihm bringen.", hörte ich plötzlich eine weitere fremde Stimme sagen, bei der mir unerklärlicherweise ein eiskalter Schauer den Rücken hinunterjagte. Mein Peiniger gab einen unzufriedenen Laut von sich, löste jedoch seine Finger und presste mich im nächsten Moment wieder mit dem Rücken gegen seinen Körper. Mein eigener bebte unaufhörlich, doch das nahm ich nicht mal wirklich wahr. Stattdessen fixierte ich den Mann vor mir stur und erkannte nun die Person, die zu uns gestoßen war, obwohl ich bisher jede Zusammenkunft hatte umgehen können. Doch sein Augenpaar ruhte nur kurz abfällig auf mir, ehe Callum seinen Blick zur Seite lenkte. Trotz der Furcht, welcher Anblick sich mir bieten würde, drehte ich mein Gesicht ebenfalls in diese Richtung. Die aufkeimende Erleichterung Ethan lebend zu sehen hielt jedoch nicht lange Bestand. Unfähig etwas dagegen zu unternehmen, beobachtete ich, wie der Soldat, der über Ethan ragte, sein Schwert in die Höhe hob und meine Maske bröckelte. "Bitte nicht..."




Es war fast enttäuschend, wie einfach es die Azalle den Soldaten gemacht hatte. Manche würden ihr Verhalten wohl als edelmütig bezeichnen. Ich selbst bevorzugte den Begriff Dummheit. Und die war ihr schlussendlich zum Verhängnis geworden. Corboz zumindest würde sehr angetan von unserem kleinen Mitbringsel sein, das ich andachte in einem Stück zum Schloss zu bringen. Langsam lenkte ich meine Aufmerksamkeit nun auf den Mann, dem ich dieses Privileg jedoch nicht einrichtete und mit einem knappen Kopfnicken stimmte ich der stummen Bitte zu, dem Azallen ein Ende zu bereiten. "Bitte nicht."
Mein Kopf ruckte in Annelas Richtung, deren störrische Miene verschwunden war. Stattdessen zeichneten sich Empfindungen auf dem Gesicht der Dunkelhaarigen ab, die mich auf einen interessanten Gedanken brachten. "Er ist keiner von uns." Verzweifelt versuchte die junge Frau sich zu befreien und ihre Worte ließen meine Mundwinkel amüsiert zucken. Als ob das einen Unterschied machen würde, selbst wenn es der Wahrheit entspräche. Ohne den Blick von der Azalle zu lösen, postierte ich die Klinge zwischen Soldat und sein Opfer und erhob die Stimme. "Ich glaube unser kleiner Held könnte sich noch als nützlich erweisen.", gab ich süffisant von mir und trat auf Aneela zu, während zwei Soldaten den Dunkelblonden auf die Beine zogen und ihn daran hinderten weitere Dummheiten zu begehen. Ein diabolisches Grinsen breitete sich auf meinen Lippen aus, als ich das Kinn der Azalle umfasste und sie einige Augenblicke aufmerksam musterte. "Um die kleine Furie gefügig zu machen beispielsweise."




Das war es dann also? Wer hätte gedacht, dass mein spontaner Ausflug nach Cerandíl mich am Ende mein Leben kosten würde? Mehr als ein kurzer, fragender Seitenblick war nicht nötig. Schon erhob sich die todbringende Klinge in die Luft. Zerknirscht wandte ich meinen Kopf zur Seite, um meinem Peiniger die Genugtuung zu verwehren mir in die Augen zu sehen, während er das Schwert durch meinen Körper trieb. “Bitte nicht.“ Ich verharrte, als ich die Stimme meiner Begleiterin hörte, die von einem weiteren Soldaten in Schach gehalten wurde. Ich wollte nicht, dass sie vor diesen Menschen Schwäche zeigen musste. Vergeblich versuchte ich den bepanzerten, schweren Fuß von meiner Brust zu stoßen, um dieser Farce ein Ende zu bereiten, als eine weitere Stimme sich zu Wort meldete und mein Schicksal somit hinauszögerte. Der finale Schlag blieb aus. Stattdessen wurde ich von zwei Soldaten auf die Beine gezerrt, um als Druckmittel zu dienen. Ein leises Fluchen entrang meiner Kehle, als der Fremde Aneelas Kinn umfasste und seine Absichten deutlich machte. Trotz der Lage begehrte ich erneut auf. „Lass dich nicht auf ihre Spielchen ein!“ Der darauf folgende Schlag ließ meinen Kopf zur Seite fliegen. Der nächste setzte mich bereits außer Gefecht. Es war doch ziemlich armselig, dass ich es nicht einmal geschafft hatte der Dunkelhaarigen zur Flucht zu verhelfen. Stattdessen stand uns nun ein unbestimmtes Schicksal bevor, welches zwangsläufig mit dem Schlimmsten enden würde. Doch wozu das ganze Spiel? Eine Frage, die ich mir zwangsläufig stellen würde, sobald ich wieder in der Lage dazu wäre. Doch zunächst kam der brennende Schmerz. Der Gestank von brennendem Fleisch, als das glühende Metallstück gegen mein linkes Schulterblatt gedrückt wurde. Mein Körper rebellierte, versagte mir jedoch die tröstliche Rückkehr ins Bewusstlose. Das hämische Lachen der Wärter hallte in meinen Ohren, als sie mich durch die Gänge schleiften und schlussendlich in eine der dunklen Zellen warfen. So, wie es aussah, hatte ich die Reise zum Schloss verpasst. Hustend rollte ich mich auf die Seite und versuchte abzuschätzen, wie viel Zeit wohl vergangen war. Doch es dauerte nicht lange, bis die aufkeimende Sorge alle anderen Gedanken verdrängte. „An… Aneela?“, presste ich heiser hervor, ehe ich mich schwankend aufsetzte und versuchte in der Dunkelheit etwas zu erkennen. „Irgendjemand?“


Liebe ist nur eine weitere Methode anderen Leid zuzufügen <3

zuletzt bearbeitet 04.05.2017 20:04 | nach oben springen


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